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Die Pest zu London

Die Pest zu London

Titel: Die Pest zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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Seuche oder die Gefahr, sie sich zuzuziehen, in der Stadt gar nicht gäbe.
    Es war in der Tat ein lobenswerter Punkt in der Amtsführung der genannten Behörden, daß die Straßen immerfort sauber und von allem, was auf irgendeine Art Schrecken erregen konnte, freigehalten wurden; so waren keine Leichen zu sehen oder sonst unziemliche oder unangenehme Dinge, außer, wenn gerade einer plötzlich auf der Straße umgefallen und gestorben war, wie ich es oben erwähnte, und diese wurden dann ge-wöhnlich mit einem Tuch oder einer Decke zugedeckt oder auf den nächsten Kirchhof geschafft, bis zur Nacht. Alle notwendigen Arbeiten, die die Empfindungen verletzten, weil sie sowohl grauenvoll wie gefährlich waren, wurden in der Nacht verrichtet; wenn die Leichen Pestkranker fortzuschaffen waren oder Tote zu beerdigen oder verseuchte Kleider zu verbrennen, es wurde des Nachts getan; und alle Leichen, die in die großen Massengräber auf den Friedhöfen oder Bestattungsgründen kamen, wie ich es geschildert habe, wurden in der Nacht dort hingeschafft, und alles mußte vor Tagesanbruch eingedeckt und zugeschüttet sein. So daß während der Tageszeit nicht das kleinste Anzeichen von dem Unheil zu sehen oder zu hören war, mit Ausnahme dessen, was man aus der Leere der Straßen und manchmal aus den wilden Aufschreien und bewegten Klagen der Leute, die aus den Fenstern drangen, und aus der Anzahl der gesperrten Häuser und Werkstätten entnehmen 237

    konnte.
    Nun war es mit der Stille und der Leere der Straßen in der City nicht so schlimm wie weiter außerhalb, ausgenommen nur einen bestimmten Zeitabschnitt, als, wie ich es erörtert habe, die Pest nach Osten vordrang und sich über die ganze City verbreitete. Es war in der Tat eine gnädige Fügung Gottes, daß die Pest zuerst nur an einem Ende der Stadt ausbrach, wie es des langen und breiten berichtet worden ist, und dann schrittweise auf die anderen Stadtteile übergriff und bis zu uns herüber, nach Osten zu, erst kam, nachdem sie im westlichen Teil der Stadt ihre Wut ausgetobt hatte; und so ließ sie in der einen Richtung nach, während sie in der anderen anwuchs. Sie begann zum Beispiel in der Stadtgegend von St.
    Giles und Westminster, und sie hatte in der ganzen Gegend dort ihren Höhepunkt um die Mitte des Juli; das heißt in St.
    Giles in den Feldern, St. Andrew, Holborn, St. Clement Danes, St. Martin in den Feldern und in Westminster. Gegen Ende Juli ging sie in diesen Pfarren zurück; und nach Osten schreitend nahm sie zu in Cripplegate, St. Sepulchre, St.
    James, Clerkenwell und St. Bride und Aldersgate. Während sie in diesen Pfarren herrschte, blieben die City und alle Pfarren auf dem Southwark Ufer und ganz Stepney, Whitechapel, Aldgate, Wapping und Ratcliff kaum berührt, so daß die Leute dort unbekümmert ihrem Geschäft nachgingen, ihr Gewerbe ausübten, ihre Werkstätten in Betrieb hielten und weithin über die City, die östlichen und nordöstlichen Vororte und Southwark frei miteinander verkehrten, beinahe als ob die Pest unter uns gar nicht erschienen wäre.
    Auch als der Norden und die nordwestlichen Außenbezirke dann mit voller Wucht betroffen waren, das heißt Cripplegate, Clerkenwell, Bishopsgate und Shoreditch, waren die übrigen Stadtteile immer noch erträglich daran. Zum Beispiel stand das Totenregister, alle Krankheiten Inbegriffen, für die Zeit vom 25. Juli bis zum 1. August folgendermaßen:

    238

    St. Giles, Cripplegate
    554
    St. Sepulchre
    250
    Clerkenwell
    103
    Bishopsgate
    116
    Shoreditch
    110
    Stepney Pfarre
    127
    Aldgate
    92
    Alle 97 Pfarren innerhalb der Stadtmauern 228
    Alle Pfarren in Southwark
    205
    Gesamtsumme

    1785

    Also, um es zusammenzufassen, es starben in der Woche in den beiden Pfarren von Cripplegate und St. Sepulchre zusammen um achtundvierzig Personen mehr als in der City, allen östlichen Vororten und den Southwark Pfarren zusammenge-nommen. Das führte dazu, daß der Ruf der City, gesund zu sein, in ganz England und besonders in den Grafschaften und Markt-flecken der näheren Umgebung, woher unsere Versorgung mit Lebensmitteln hauptsächlich stammte, sich viel länger erhielt, als die Gesundheit selbst; denn wenn die Leute vom Land bei Shoreditch und Bishopsgate oder bei Old Street und Smithfield das Stadtgebiet betraten, dann konnten sie in den Außenbezirken die Straßen leer und die Häuser und Werkstätten versperrt und die wenigen Menschen, die sich draußen zeigten, auf der Mitte der Straße gehen sehen. Wenn

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