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Die Pest Zu London

Die Pest Zu London

Titel: Die Pest Zu London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Defoe
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jemals wieder auftreten sollte. Die Pest gleicht einem großen Feuer: Wo nur ein paar Häuser aneinanderstoßen, da kann es, wenn es ausbricht, auch nur ein paar Häuser niederbrennen; oder wenn es in einem alleinstehenden Hause, etwa in einem Einzelgehöft, ausbricht, kann es nicht mehr als dieses einzelne Gebäude niederbrennen. Aber wenn es in einer dichtgebauten Ortschaft oder Stadt ausbricht und erst einmal richtig am Brennen ist, da steigert sich seine Wut immerfort, es rast durch den ganzen Ort und verzehrt alles, was es nur erreichen kann.
Ich könnte viele Pläne vorlegen, in deren Befolgung die Behörden dieser Stadt, wenn sie wieder unter der Bedrohung eines solchen Feindes (Gott verhüte es!) stünden, sich des größten Teiles der zu ihr gehörigen gefährlichen Bevölkerung entledigen könnten; ich meine damit die bettelnden, hungerleidenden, von der Hand in den Mund lebenden Armen, und unter ihnen besonders diejenigen, die man im Fall einer Belagerung die unnützen Mäuler nennt; wenn man diese, was nicht nur klug, sondern auch zu ihrem eigenen Vorteil wäre, hinausgeschafft hätte und wenn die wohlhabenden Leute sich selbst und ihre Kinder und Diener hinausbeförderten, dann wäre die Stadt tatsächlich in einem so entleerten Zustand, daß nicht mehr als ein Zehntel der Bevölkerung noch beisammen wäre, um der Seuche einen Angriffspunkt zu bieten. Aber angenommen, sie machten noch den fünften Teil aus, dann wären zweihundertfünfzigtausend Menschen übrig, und wenn die Pest auf sie loskäme, wären sie dadurch, daß sie auf so großem Raum verteilt wohnten, viel besser in der Lage, sich gegen Anstekkung zu schützen, und viel weniger ihren Wirkungen ausgesetzt, als wenn die gleiche Anzahl von Menschen auf engem Raum zusammengedrängt lebte, so wie in kleineren Städten wie Dublin oder Amsterdam oder ähnlichen.
Zwar sind bei dieser letzten Pest Hunderte, ja Tausende von Familien hinausgeflohen, aber leider taten es viele zu spät und starben nicht nur auf der Flucht, sondern schleppten die Seuche mit sich in die Lande, in die sie kamen, und infizierten diejenigen, bei denen sie Sicherheit gesucht hatten. Das machte alles wieder zuschanden, weil gerade das, was das beste Mittel gewesen wäre, der Pest entgegenzuwirken, zum Werkzeug ihrer Verbreitung wurde. Das ist wieder ein Beweis dafür und bringt mich auf das zurück, was ich vorher nur kurz andeuten konnte, aber jetzt hier mit mehr Ausführlichkeit behandeln muß, nämlich daß manch einer noch viele Tage, nachdem er das Gift der Krankheit in sich hatte und seine Lebensgeister so ergriffen waren, daß es kein Davonkommen mehr gab, doch noch dem Augenschein nach gesund umherging und, alldieweil er das tat, andere in Gefahr brachte; ich sage, das oben Berichtete ist wieder ein Beweis dafür; denn solche Leute infizierten jede Ortschaft, durch die sie kamen, und ebenso die Häuser, in die sie aufgenommen wurden. Auf diese Art geschah es, daß beinahe alle die großen Städte Englands, die eine mehr, die andere weniger, von der Pest heimgesucht wurden, und immer pflegten sie dort einem zu erzählen, dieser oder jener Londoner habe sie ihnen herübergebracht.
Es darf nicht, wenn von diesen wirklich gefahrbringenden Menschen die Rede ist, übergangen werden, daß sie, meiner Meinung nach, vollständig im Unwissen über ihren Zustand waren; denn wenn sie tatsächlich gewußt hätten, wie es um sie stand, dann hätten sie rechte vorbedachte Mörder sein müssen, um noch weiter draußen unter gesunden Menschen umherzugehen, und es hätte dann allerdings jenen Vorwurf bestätigt, von dem ich vorher gesprochen habe und von dem ich glaubte, daß er nicht berechtigt sei, nämlich daß die Befallenen im äußersten Grade unvorsichtig seien, was die Ansteckung anderer betraf, und eher darauf aus, es dazu kommen zu lassen als nicht; und ich glaube, daß gerade der genannte Umstand es war, der diesen Vorwurf aufkommen ließ, von dem ich immer noch hoffen möchte, daß er in Wirklichkeit nicht den Tatsachen entsprach.
Ich will nicht bestreiten, daß kein Einzelfall ausreicht, um eine so allgemeine Behauptung zu rechtfertigen, aber ich könnte eine Reihe von Leuten benennen, und sie sind heute noch lebenden Nachbarn oder Familienmitgliedern bekannt, die das Gegenteil bis zum Extrem bewiesen haben.
Ein Mann, ein Familienvater in meiner Nachbarschaft, hatte die Pest; er glaubte, er habe sie von einem armen Arbeiter, der bei ihm eingestellt war, bekommen, denn er

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