Die Pest Zu London
nicht wissen, die Ansteckung vielleicht in der Luft liegt. Zum zweiten bin ich dafür, so zu gehen, daß wir nach Möglichkeit den Wind gegen uns haben, wenn wir losmarschieren, damit wir uns auf unserem Weg nicht vom Wind die Luft der Stadt nachblasen lassen müssen.« Diese beiden Vorsichtsregeln fanden Zustimmung für den Fall, daß der Wind, wenn sie sich nach Norden wandten, nicht gerade aus dem Süden kam.
Dann brachte John, der Bäcker, der Soldat gewesen war, seine Meinung vor. »Erstens«, sagte er, »erwarten wir alle nicht, unterwegs eine Unterkunft zu finden, und es wäre ein bißchen zu viel, einfach im Freien zu schlafen. Obwohl das Wetter warm ist, so kann es doch feucht und regnerisch sein, und wir haben doppelten Grund, in einer Zeit wie jetzt auf unsere Gesundheit achtzugeben; und deshalb«, so sprach er, »könntest du, Bruder Tom, der du ein Segelmacher bist, uns leicht ein kleines Zelt machen, und ich erbiete mich, es jeden Tag aufzustellen und wieder abzubauen, und was scheren uns alle Herbergen Englands noch; wenn wir ein gutes Zelt über dem Kopf haben, geht es uns gut genug.«
Der Schreiner widersprach und sagte, sie sollten das nur ihm überlassen; er erbiete sich, ihnen jede Nacht ein Haus zu bauen, mit Axt und Hammer, und auch wenn er sonst keine Werkzeuge habe, sollte es sie voll zufriedenstellen und ebenso gut wie ein Zelt sein.
Der Soldat und der Schreiner stritten eine Zeitlang über diesen Punkt, aber zuletzt erfocht der Soldat den Sieg für das Zelt. Der einzige Einwand dagegen war, daß es getragen werden mußte und ihr Gepäck zu sehr vermehren würde, wo doch das Wetter so heiß war; aber dem Segelmacher kam ein guter Glücksfall zu Hilfe, der diese Schwierigkeit beseitigte, nämlich sein Meister, für den er arbeitete, betrieb außer der Zeltmacherei auch eine Seilerei und hatte dafür ein kleines, dürres Pferdchen, das er jetzt nicht mehr brauchte, und da er den drei aufrechten Männern helfen wollte, schenkte er ihnen das Pferd zum Gepäcktragen; und für die Wenigkeit von drei Arbeitstagen, die unser Mann vor seiner Abreise für ihn noch leistete, überließ er ihm auch ein altes Toppsegel, das zwar schon etwas abgenutzt, aber ausreichend und mehr als groß genug war, um daraus ein sehr gutes Zelt zu machen. Der Soldat zeigte, wie es zu formen war, und unter seiner Anleitung fertigten sie rasch ihr Zelt und statteten es mit den zweckentsprechenden Stangen oder Stäben aus; und so waren sie für die Reise gerüstet, das heißt: drei Mann, ein Zelt, ein Pferd, ein Gewehr; der Soldat wollte nämlich nicht ohne Waffen gehen, denn jetzt, sagte er, sei er kein Zwieback-Bäcker mehr, sondern ein Freischärler.
Der Schreiner hatte einen kleinen Sack voll Handwerkszeug, so wie es ihm gut zustatten kommen konnte, wenn er irgendeine Arbeit erhalten sollte, um sich und sie alle zu ernähren. Das Geld, das sie hatten, taten sie alles in eine gemeinsame Kasse, und so traten sie ihre Reise an. Es scheint, daß an dem Morgen, an dem sie abmarschierten, der Wind, wie der Seemann anhand seines Taschenkompasses feststellte, aus Nordwest-bei-West wehte. So richteten sie ihren Weg, oder nahmen es sich jedenfalls vor, nach Nordwest.
Aber dann tauchte eine Schwierigkeit auf; da sie am diesseitigen Ende von Wapping, in der Nähe der Hermitage, aufbrachen und die Pest jetzt besonders in den nördlichen Bezirken der Stadt wie Shoreditch und Cripplegate sehr wütete, hielten sie es nicht für sicher, diesen Stadtteilen zu nahe zu kommen; darum wandten sie sich zuerst nach Osten und gingen über Ratcliff Highway bis nach Ratcliff Cross, und von dort ließen sie die Stepney Kirche immer noch zur Linken, da sie sich fürchteten, von Ratcliff Cross gleich nach Mile End hinüberzugehen; denn da wären sie dicht bei dem Friedhof vorbeigekommen, und der Wind, der jetzt eine mehr westliche Richtung zu haben schien, wehte direkt von den Vierteln her, wo die Pest am ärgsten war.
Darum, sage ich, machten sie von Stepney aus einen großen Bogen und gingen nach Poplar und Bromley und kamen genau in Bow auf die große Straße.
Hier würde die Wache, die auf der Brücke von Bow postiert war, sie angehalten haben, aber sie kreuzten die Straße und entgingen dort jeder Nachprüfung und gelangten auf einem schmalen Weg, der, von hier aus gesehen, noch vor dem Ort Bow abzweigt, nach Old Ford. Die Konstabler waren überall sehr wachsam, nicht so sehr, scheint es, um Leute am Durchgehen zu hindern, als vielmehr um ihr
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