Die Pest Zu London
war.
Welch eine Vielfalt von Listen man anwandte, um aus den gesperrten Häusern zu entweichen und hinauszugelangen, auf welche Weise man die Wachmänner täuschte oder überwältigte und dann davonkam, habe ich bereits aufgezeichnet und werde nichts mehr darüber sagen. Aber das muß ich sagen, die Behörden haben wirklich in vielen Fällen etwas für die Familien getan und sich ihrer angenommen, und besonders dadurch, daß sie aus solchen Häusern die Kranken, wenn sie einverstanden waren, entweder in das Pesthaus oder sonst an einen Ort wegschaffen ließen oder dafür die Erlaubnis gaben; manchmal willigten sie auch ein, daß die nichtkranken Personen einer Familie, wenn die Auskunft über sie lautete, sie seien gesund, wegzogen; sie mußten dann nur in dem Haus, zu dem sie sich begaben, so lange in Quarantäne bleiben, wie man es von ihnen verlangte.
Auch die Mühe, die man sich bei den Behörden gab, arme Familien, die befallen waren, zu versorgen – mit dem Notwendigen zu versorgen, sage ich, mit Arznei sowohl wie Nahrung – , war groß, und man begnügte sich dabei nicht damit, den dafür bestellten Beamten die erforderlichen Anordnungen zu geben, sondern die Stadträte kamen in Person und zu Pferde häufig zu solchen Häusern geritten und ließen die Leute an den Fenstern fragen, ob man ihnen gebührlich zu Diensten sei oder nicht; und auch, ob sie etwas Dringendes brauchten und ob die Dienstleute immer ihre Botschaften überbracht und eingeholt hätten, was sie wünschten, oder nicht. Und wenn sie mit ja antworteten, war alles in Ordnung; aber wenn sie sich beklagten, sie würden schlecht versorgt und die Dienstleute täten nicht ihre Pflicht oder behandelten sie unhöflich, dann wurden sie (die Dienstleute) meistens entfernt und andere an ihre Stelle gesetzt.
Zwar mochten solche Beschwerden ungerechtfertigt sein, und wenn der Dienstmann Beweise zur Hand hatte, um den Obrigkeitsvertreter zu überzeugen, daß er im Recht war und die Leute ihm Unrecht getan hatten, dann blieb er im Amt, und sie wurden zurückgewiesen. Aber eine genaue Untersuchung war hier nicht gut möglich, denn die Parteien konnten auf der Straße und vom Fenster aus nur sehr schlecht Rede und Antwort stehen, so wie die Dinge nun einmal lagen. Die Obrigkeitsvertreter entschieden sich deshalb dafür, im allgemeinen eher den Leuten recht zu geben und den Dienstmann abzusetzen, weil das immer noch das geringere Übel war und die weniger schlimmen Folgen hatte; wenn man sah, daß dem Dienstmann Unrecht geschehen war, konnte man ihn leicht dafür entschädigen, indem man ihm einen anderen Posten der gleichen Art gab; wenn hingegen die Familie zu leiden hatte, gab es nichts, um es wiedergutzumachen, und der Schaden war vielleicht nicht mehr zu beheben, da es ja um ihr Leben ging.
Die verschiedensten solcher Fälle ereigneten sich immer wieder zwischen den Wachmännern und den eingesperrten Leuten, abgesehen davon, was ich vorher über das Entweichen erwähnte. Da waren die Wachmänner manchmal abwesend, manchmal betrunken, manchmal eingeschlafen, wenn die Leute sie brauchten, und so etwas wurde immer unweigerlich schwer bestraft, wie es auch recht war.
Aber trotz allem, was in diesen Fällen geschah oder hätte geschehen können, brachte das Absperren der Häuser – so daß, wer gesund war, mit denen, die krank waren, zusammen festgesetzt wurde – große Unzuträglichkeiten mit sich, von denen man manche wahrhaft tragisch nennen muß und die der näheren Betrachtung wert gewesen wären, hätte der Raum dafür ausgereicht. Aber das Gesetz hatte es so bestimmt, es hatte als seinen hauptsächlichen Zweck das öffentliche Wohl im Auge, und all das Unrecht, das bei seiner Ausführung den einzelnen zugefügt wurde, muß auf Rechnung des öffentlichen Wohlergehens gesetzt werden.
Es ist bis auf den heutigen Tag zweifelhaft, ob dies, im ganzen gesehen, irgend etwas dazu beigetragen hat, die Infektion aufzuhalten, und ich kann allerdings nicht sagen, daß es das getan hätte, denn nichts glich der Wut und der Raserei, mit der die Infektion zu der Zeit um sich griff, wo sie am heftigsten war, und das obwohl die befallenen Häuser so zuverlässig und so wirksam abgesperrt waren, wie es nur möglich war. Sicher ist, daß, wenn alle befallenen Personen wirklich eingeschlossen worden wären, kein Gesunder hätte von ihnen angesteckt werden können, weil sie ihm gar nicht nahegekommen wären. Aber die Sache war so, und ich will das hier nur erwähnen,
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