Die Pestärztin
und Mauren. Auch gute Verbindungen. Ich bin sicher, ich kann Euer Geld mehren, Frau Lea!«
Lea biss sich auf die Lippen. Wenn es noch Al Andalus gewesen wäre! Aber der Maghreb ... die Wüste ... Wie leicht konnte ihren schönen Goldstücken da etwas passieren.
»Wobei es mich natürlich glücklich machte, würde Eure Sorge auch mir gelten.« Von Kahlbachs Stimme klang nun etwas weicher. Lucia runzelte die Stirn. Verspottete er sie? Oder versuchte er, mit ihr zu tändeln?
»Reb Kahlbach, ich bin in Trauer!«, sagte sie scharf.
Zacharias Levin legte seine Hand auf die ihre. »Beruhige dich, er meint es nicht so. Genau genommen ist Reb Kahlbach auch fast noch in Trauer. Seine Frau verstarb vor nur gut einem Jahr.«
Also ein Witwer. Einer der Männer, mit deren Werben sich »Lea« nach einer angemessenen Frist würde auseinandersetzen müssen. Und er war zweifellos eine gute Partie.
Nun, darüber konnte sie sich später Gedanken machen. Jetzt ging es erst mal um die Goldstücke.
»Ich würde mein Geld lieber in die Einkaufsfahrt nach Flandern investieren, wenn du nichts dagegen hast, Onkel«, erklärte Lucia bestimmt. »Vielleicht brauche ich einfach noch etwas mehr Erfahrung in diesen Dingen und ...«
»Die benötigt Ihr sicher!« Kahlbach unterbrach sie verärgert.
»... und sicher bin ich auch geprägt durch meine Flucht in den letzten Wochen. Ich habe den Wert des Geldes schätzen gelernt, Herr von Kahlbach! Nicht im Sinne von Gewinn und Investitionen, sondern eher auf der Grundlage der Frage: Was kostet ein Brot, und kann ich es mir leisten? Man denkt dann anders über riskantes Spiel mit Gold ...« Lucia ließ sich nicht einschüchtern.
Kahlberg nickte, offensichtlich besänftigt. »Ich vergaß, was Ihr hinter Euch habt, Frau Lea! Und ich wäre glücklich, könnte ich Euch diese Sorgen einmal vergessen machen. Auch durch eine erfolgreiche Reise nach Flandern. Ich werde meinen Bruder entsprechend instruieren. Natürlich wird es ihm und mir eine Ehre sein, Stücke vom besten Tuch und von der edelsten Seide für Euch selbst zu horten, damit Ihr Eure Kleider Eurer Schönheit anpassen könnt ...«
Lucia wollte auffahren.
»... wenn Ihr irgendwann einmal nicht mehr in Trauer seid. Gestattet mir nun, mich zu verabschieden.«
Lucia hatte das Gefühl, Kahlbach hätte es lieber gesehen, wenn sie sich verabschiedet hätte. Sein Gespräch mit Levin war längst nicht abgeschlossen. Zumindest hatte er Zacharias noch nicht vollständig von der Investition in die Orientexpedition überzeugt. Aber vermutlich störten ihn Lucias kundige Nachfragen. Oder war es ihr bloßer Anblick, der den Witwer aus dem Konzept brachte?
Lucia musste sich eingestehen, dass dies auf Gegenseitigkeit beruhte. Abraham von Kahlbach machte auch sie nervös ... irgendetwas, das sie nicht benennen konnte, störte sie an dem schweren Mann mit dem üppigen dunklen Haar. Aber vielleicht ging es ja nur darum, dass sie hier jetzt schon etwas wie Werbung spürte. Und dass Abraham Kahlbach so völlig anders war als Clemens von Treist.
3
M it voranschreitendem Winter fühlte Lucia sich immer mehr in der Familie Levin verwurzelt, aber sie konnte auch nicht mehr verbergen, dass ihre Schwangerschaft voranschritt.
Hannah Levin bemerkte es schließlich und nahm sie beiseite.
»Es ist nicht möglich, Kind, dass es von deinem Mann ist?«, fragte sie vorsichtig.
Lucia überlegte, ob sie lügen sollte. Aber das war zu riskant. Auch Hannah konnte rechnen, und sie hatte schließlich behauptet, erst kurz vor dem Pogrom niedergekommen zu sein. Ihr Gatte hätte sie in der fraglichen Zeit nicht einmal besitzen dürfen, wenn er ihr das hätte zumuten wollen. Der Geburt folgte im Judentum eine umfangreiche Reinigungszeremonie. Vorher war es dem Mann nicht erlaubt, seiner Frau wieder beizuliegen.
So schüttelte Lucia nur mit schamrotem Gesicht den Kopf.
»Es ist auf keinen Fall von Juda«, sagte sie kurz.
Aber von Clemens konnte es sein! Lucia bat Gott jeden Tag, in der Sprache der Christen, der Juden und der Mauren, dass in ihr das Kind ihres Geliebten und nicht der Spross eines Vergewaltigers heranwuchs.
Hannah seufzte. »Niemand hier wird dich verurteilen. Du hattest keine Wahl, außer dein Leben wegzuwerfen, und das ist zu kostbar. Gott wird das Kind auch mit Gnade aufnehmen. Jedes Kind, das von einer Jüdin geboren wird, ist ein Jude! Darum musst du dich nicht sorgen. Ich fürchte allerdings, die Matronen der hiesigen Gemeinde sind nicht gar so
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