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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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schweißüberströmt.
    Lucia konnte es ihm nachvollziehen. Der letzte Kampf würde nicht einfach werden. Sie selbst fühlte sich ebenfalls erschöpft, als der Ritter hinausritt. Wieder bewegte sich das Kind in ihr, und ein kurzer Krampf schüttelte ihren Körper. Sie war durstig.
    Abraham schien ihre Ermüdung zu bemerken und reichte ihr einen weiteren Becher Wein. Er machte inzwischen gute Geschäfte. Die meisten Ritter waren im Turnier aus dem Rennen und hatten jetzt Zeit, sich um ihre Helmzieren und Zeltbahnen zu kümmern.
    »Soll ich Euch nach Hause fahren, Frau Lea?«, fragte er dennoch höflich. »Ihr wirkt angegriffen.«
    Lucia schüttelte den Kopf. »Nein, lasst nur, es wird mir gleich besser gehen. Ich bin nur ein wenig erschöpft ... die Hitze ... « Sie schloss kurz die Augen, sehnte sich nach einem kühlen Ort oder noch besser einer kühlen Hand auf ihrer Stirn. Clemens' Hand ...
    Lucia verfiel in Tagträume.
    Daphne dagegen beobachtete die Kämpfe weiterhin mit Feuereifer.
    »Herr Adrian wird gegen Herrn Ignaurus vom Hohenfelde kämpfen«, verkündete sie schließlich. »Der große Dicke da, siehst du? Er hat eben seinen Kampf gewonnen. Aber jetzt gibt es noch eine Pause, damit die Finalisten sich vorbereiten können.«
    Lucia schrak auf. Hatte sie geschlafen? Das Kind in ihr regte sich erneut. Vielleicht sollte sie aufstehen und ein wenig herumgehen ...
    Auf dem Abreiteplatz versammelten sich inzwischen die Ritter, um den letzten Kampf des Tages zu verfolgen. Adrian von Rennes war noch nicht wieder da, aber Ignaurus vom Hohenfelde hatte den Platz gar nicht erst verlassen, sondern plauderte und lachte am Eingang zu den Schranken mit anderen Rittern.
    Für ihn fiel diese Pause vor dem Finale deutlich kürzer aus als für Adrian, der sich schließlich schon vor einer Stunde qualifiziert hatte. Aber das schien dem schweren, vierschrötigen Ritter und seinem großen Rappen nichts auszumachen. Weder Reiter noch Pferd wirkten angestrengt.
    Lucia musterte den Ritter, während sie aufstand und versuchte, sich etwas zu strecken. Ihr Rücken schmerzte. Aber die kurze Zeit bis zum Ende des Turniers würde sie noch durchhalten. Sie wollte Abraham Kahlbach auf keinen Fall zur Last fallen - und sie wollte wissen, wer dieses Treffen für sich entschied. Herr Ignaurus war sicher wieder ein Gegner, der Adrian von Rennes an Kraft überlegen war. Der junge Ritter würde all seine Geschicklichkeit und Konzentration brauchen, um ihn zu besiegen.
    Immerhin hatte er offensichtlich das Volk auf seiner Seite. Die Zuschauer jubelten ihm beim Einreiten zu, und er ließ seinen Fuchs vor den Tribünen zierlich seitwärtsgehen, um sein Publikum zu erfreuen. Lucia erschrak fast, als Daphne neben ihr in den Jubel einfiel. Dabei sollte Adrian nicht herumspielen, schließlich musste er sich konzentrieren. Lucia hatte das seltsame Gefühl, die Euphorie des jungen Ritters, aber auch seine Anspannung und Furcht vor dem Kampf mit ihm zu teilen.
    Adrian von Rennes nahm die Mädchen neben dem Verkaufswagen jedoch gar nicht wahr. Er hatte nur Augen für die Frauen auf der Ehrentribüne, oder besser für eine davon. Viel zu auffällig suchte er den Blick seiner Minneherrin, und Lucia sah nun auch das dunkelrote Band, das er um seine Lanze geschlungen hatte. Es stammte offensichtlich aus dem Ausschnitt des Festkleides der Herzogin. Sie musste ihm für den letzten Kampf ein neues »Zeichen« zugespielt haben.
    Die Kontrahenten grüßten die Herzöge und begaben sich dann auf ihre Plätze, wobei sie Herrn Stephan mindestens so aufmerksam fixierten wie ihre Gegner. Der Älteste unter den Landesherren gab das Zeichen zum Anreiten, wobei er sich allerdings an den Angaben der Herolde orientierte. Erst wenn beide Streithengste mit allen vier Beinen auf dem Boden standen, konnte der Tjost beginnen.
    Als es endlich so weit war, schien die Erde unter den Hufen der Pferde zu beben. Herrn Ignaurus' Pferd war kräftiger, Adrians schneller und beweglicher. Es wich der Lanze des Gegners auch geschickt aus, sodass Herr Ignaurus beim ersten Anreiten keinen Treffer erzielen konnte. Aber auch Adrian kam nicht zum Zuge. Der Tjost musste wiederholt werden.
    Beim zweiten Versuch traf Ignaurus Adrian an der Schulter, aber sein Versuch, dessen Rüstung an den Schnittstellen zwischen Brustpanzer und Armschienen zu treffen, misslang. Adrian musste mit diesem Zug gerechnet haben. In ernsthaften Kämpfen wurde dieser Punkt stets gern angegriffen. Wenn es einem Ritter

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