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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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konnten nicht verstehen, was er sagte, aber sie sahen, dass sowohl die Herolde als auch Ignaurus vom Hohenfelde heftig protestierten. Adrian von Rennes, dem das Donnerwetter wohl in erster Linie galt, blieb dagegen still und hielt den Kopf gesenkt. Ignaurus und der Herzog stritten sich kurz. Auch der Herold nahm zunächst Stellung, schwieg dann aber bald. Es war nicht ratsam für ihn, sich dem Landesherrn zu widersetzen.
    Schließlich gab auch Ignaurus auf. Adrian von Rennes verbeugte sich tief. Die Herzogin wirkte bestürzt und errötete, als der Herzog dann auch das Wort an sie richtete. Am Ende küsste sie ihren Gatten, der sich daraufhin von der Ehrentribüne zurückzog. Adrian von Rennes verließ die Kampfbahn ebenfalls. Während Ignaurus lebhaft auf ihn einredete, ging er zu seinem Pferd.
    Der Herold gesellte sich dagegen zu Abraham Kahlbach.
    »Habt Ihr noch einen Schluck Wein für mich, Meister Kahlbach?«, fragte er atemlos. »Vor diesem Kampf brauche ich eine Stärkung!«
    »Vor welchem Kampf?«, erkundigte sich Daphnes neugieriger Knappe.
    Der Herold verdrehte die Augen.
    »Unser aller Herr, Herzog Stephan, hat soeben den fahrenden Ritter Adrian von Rennes zum Zweikampf gefordert!«

5
 
    L ucia mochte nicht glauben, dass sie noch einen Kampf würde durchstehen müssen. Sie fühlte sich seltsam taumelig, wie abgehoben von dem Geschehen um sie herum, aber irgendwie konzentrierte ihre Aufmerksamkeit sich dann doch auf den jungen Ritter, dem jetzt sein vorheriger Gegner, Ignaurus vom Hohenberge, höchstpersönlich aufs Pferd half.
    »Der Herzog hat den Ausgang des Endkampfes angezweifelt«, erklärte der Herold seinem interessierten Publikum, das inzwischen nicht mehr nur aus Abraham, Lucia, Daphne und dem Knappen, sondern auch etlichen weiteren Rittern und ihrem Gefolge bestand. »Herr Ignaurus hätte zum Sieger erklärt werden müssen, da er Herrn Adrian deutlich überlegen gewesen sei. Nun ist das nach den Turnierregeln aber nicht so. Es werden immer wieder Kämpfe allein durch Glück oder Unglück entschieden, und diese Holzschwerter sind ein Unsicherheitsfaktor. Man muss halt wissen, wie man damit umgeht. Das ist eine Kunst für sich, und Herr Ignaurus hat da Fehler gemacht. Er sieht das auch ein. Für ihn war der Ausgang des Kampfes klar, und das hat er dem Herzog unmissverständlich deutlich gemacht. Aber Herr Stephan ließ nicht mit sich reden; da ging es wohl um andere Dinge als eine Turnierregel. Am Ende hat er Herrn Adrian jedenfalls förmlich gefordert, um die Gerechtigkeit und die Ordnung im Turnier und bei Hofe wiederherzustellen. Wie gesagt, es ging ...«
    »Es geht um die Dame«, fasste einer der Ritter zusammen. »Dann wollen wir mal hoffen, dass Herr Adrian die Sache überlebt.«
    »Überlebt?«, fragte Lucia verwirrt und so leise, dass sie kaum zu verstehen war. Sie kämpfte erneut mit Krämpfen, und in ihrem Kopf rivalisierten die Stimmen und Bilder vom Turnierplatz mit einem unwirklichen Singen und Nachklingen von Szenen und Wortfetzen aus der Vergangenheit.
    Abraham hatte ihre Stimme gehört und wandte sich ihr zu. Er musterte sie mit prüfendem Blick. »Ich sollte Euch heimbringen, Frau Lea. Gleich nach dem Kampf.«
    »Überlebt?«, fragte auch Daphne, aber laut und neugierig.
    Der Ritter nickte. »Seht mal!«
    Er wies auf den Herzog, der eben auf einem imponierenden Schimmelhengst, in leuchtend vergoldeter Rüstung und klirrenden Waffen auf den Platz ritt. Seine Lanze war nicht mit einem Lederschutz versehen, und er hatte sein Schwert nicht gegen eine Holzwaffe getauscht.
    »Wenn der Herzog Zweikampf sagt, dann meint er Zweikampf.« Der Herold seufzte. »Ich sollte noch einmal versuchen, mit ihm zu reden.«
    Das probierte eben schon Ignaurus vom Hohenberge, während Adrian resigniert den Schutz von seiner Lanze nahm. Ein junger Ritter eilte in den Stall, um sein Schwert zu holen.
    Lucia sah, wie blass die Herzogin geworden war. Sie rang sichtlich um Fassung.
    Auch Lucia selbst kämpfte um Haltung. Es wäre zu peinlich, hätte sie jetzt um Hilfe bitten müssen. Sie richtete sich auf ihrem Stuhl auf und streckte sich, um den Rücken zu entlasten. Vielleicht würde es besser, wenn sie aufstand; dann könnte sie auch besser sehen ...
    Sie stützte sich auf die Lehne des Stuhls; ihre Hände krampften sich um das Holz, wie Adrians Fäuste sich um Zügel und Lanze schlossen.
    Die Ritter hatten sich jetzt an beiden Seiten der Kampfbahn postiert. Beide sahen zum Ehrenpavillon hinüber. Die

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