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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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verbarg sich etwas Hartes. Lucia hoffte auf ein Geldstück, vielleicht einer der Silberpfennige, die sie damals zum Gewürzkauf aus ihren Truhen genommen hatte.
    Was sie dann aber zutage förderte, war ungleich wertvoller. Der Schlüssel zur Pfandleihe!
    Lucias Herz klopfte heftig. Der Laden der Levins lag ein paar Straßen von ihrem Wohnhaus entfernt. Ganz sicher würde ihn heute niemand mehr betreten; die Levins waren zu sehr mit ihrem Kummer beschäftigt. Lucia konnte also hingehen und die Kasse leeren. Außerdem passten sicher noch einige der kleineren Pfänder in ihre Taschen. Sie konnte Landshut heute noch verlassen, im nächsten Dorf ein Pferd kaufen und in eine andere Stadt flüchten.
    Lucia dachte an den Schmuck der Herzogin und andere Preziosen. Wenn sie das irgendwo versetzte, konnte sie jahrelang davon leben!
    Erfüllt von neuer Hoffnung eilte sie zurück zum Judenviertel. Es wurde dämmerig, was ihren Plänen zugute kam; schließlich sollte sie auch auf den Straßen möglichst niemand erkennen. Sie zog den alten Reitmantel, in dem sie Leona getragen hatte, über ihr Kleid und ihr blondes Haar. Eine Christin auf dem Weg zur Pfandleihe. Kein ungewohnter Anblick für mögliche Passanten.
    Der Schlüssel glitt mühelos ins Schloss, und die Tür schwang auf. Lucia wusste, dass niemand hier war, betrat den Raum aber dennoch auf Zehenspitzen. Leona greinte. Sie wollte hier abgesetzt werden; Zacharias erlaubte ihr hin und wieder, mit den Pfändern zu spielen.
    Lucia ließ ihre Tochter herunter und gab ihr eine silberne Rassel in die Hand. Dann durchsuchte sie die Kasse. 230 Silberpfennig. Viel weniger als das, was sie im Haus der Levins zurückgelassen hatte. Lucia dachte wehmütig an die zwanzig Mark in ihrer Truhe - und das Vermögen, das Kahlbach veruntreut hatte. Sie brauchte kein schlechtes Gewissen zu haben, wenn sie jetzt Levins Geld an sich nahm. Er konnte sich schließlich an ihrem schadlos halten.
    An ihrem Geld? Plötzlich empfand Lucia heiße Scham. Es war nicht ihr Geld! Es war Leas Geld. Sie hatte Unrecht getan, es anzunehmen. Aber damals war sie der Meinung gewesen, damit niemandem weh zu tun. Im Gegenteil, »Leas« Auftauchen hatte die Familie Levin glücklich gemacht! Außerdem hatte es außer Lea keinen Erben gegeben. Jetzt aber war David am Leben. Lucia musste beinahe lachen. Wie es schien, hatte die unselige Liebesgeschichte mit ihr dem jüngeren Sohn der Speyers das Leben gerettet. Ohne seine »Verbannung« nach Holland wäre er zweifellos in Mainz gestorben. Stattdessen hatte er die Tochter seines Lehrherrn geheiratet und reiste für dessen Unternehmen durch ganz Europa.
    Leas Geld und die Gewinne aus Lucias Investitionen würden ihm zufallen. Lucia gehörte rechtmäßig nichts. Wenn sie sich in der Pfandleihe bediente, war sie eine Diebin, nicht mehr.
    Lucias Überlebenswille kämpfte mit ihrer Rechtschaffenheit.
    Vielleicht, wenn sie nur eine Kleinigkeit mitnahm ...? Gerade so viel, um mit Leona in eine andere Stadt gehen zu können. Vielleicht fand sich ja doch eine Stelle als Magd. Oder sie konnte ein paar Kräuter, Fett und Gewürze kaufen und Salben daraus herstellen. Womöglich konnte sie als Kräuterfrau oder Baderin über die Runden kommen.
    Lucia strich durch den Laden und begutachtete die Pfänder. Wenn sie eines davon stahl, würde es nicht gleich bemerkt werden. Vielleicht entdeckte man den Diebstahl sogar erst nach Wochen und machte Lucia gar nicht dafür verantwortlich.
    Bei ihrer Suche stieß sie auf eine Schatulle. Levin bewahrte Schmuck darin auf, und beim Öffnen funkelten ihr sofort die Preziosen der Herzogin entgegen. Lucia atmete auf. Eines dieser Schmuckstücke würde sie mitnehmen. Dafür brauchte sie sich nicht zu schämen, denn Levin hatte die Herzogin übervorteilt. Es konnte nicht gar so schlimm sein, Sachen zu stehlen, die auch ihr derzeitiger Besitzer nicht rechtmäßig an sich gebracht hatte.
    Lucia spielte mit den Ketten, Ringen und Armreifen und behielt schließlich den rubinbesetzten Haarreif in der Hand. Das Schmuckstück, das zu Elisabeths Brautschatz gehört hatte. Die Herzogin hatte sich sehr ungern davon getrennt. Eigentlich sollte sie es wiederhaben ...
    Und plötzlich erkannte Lucia einen Ausweg. Die Herzogin! Sie war ihre einzige Freundin hier in Landshut, zumindest außerhalb des Judenviertels. Sie teilte ihr Geheimnis - und Elisabeth hatte erraten, dass auch Lucia nicht die ganze Wahrheit über ihr Leben erzählte. Wenn sie nun zur Burg ging und

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