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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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mit Sizilien. Er konnte ja nicht ahnen, was für ein Paradiesvogel ihm da mit der Prinzessin Elisabeth ins Haus flatterte.«
    »Der Herr Ludwig?«, erkundigte sich Lucia. »Aber Elisabeth ist doch mit Herrn Stephan vermählt.« Die Herrscherfamilie war ihr immer noch ein Buch mit sieben Siegeln.
    »Aber Herr Ludwig arrangierte die Ehe. Herr Stephan war damals ja erst neun Jahre alt. Elisabeth war viel älter ...« Anna schüttelte den Kopf über diese unglückliche Verbindung, doch in Königshäusern war es gänzlich normal, Kinder jung zu verheiraten und sich nicht darum zu kümmern, ob die Partner altersmäßig zusammenpassten.
    »Herr Ludwig war entzückt von ihr, was Frau Margarethe natürlich eifersüchtig machte. Sie behielt die Abneigung bei, auch als Herr Stephan dann erwachsen wurde und die Ehe vollzog. Er muss Elisabeth am Anfang auch sehr bewundert haben. Auf jeden Fall ließ er ihr zunächst alle Freiheiten. Aber dann stichelte die Herrin Margarethe über den Minnehof. Ob Herr Stephan denn auch sicher sei, der Vater seiner Kinder zu sein, die Elisabeth ihm immerhin reichlich schenkte! Sie war so oft schwanger, da blieb kaum Zeit für andere Männer! Aber dann kam eben Adrian von Rennes. Der Herzog misstraute seiner Frau - und zerstörte alles, was ihr teuer war. Er löste den Minnehof auf, ließ die Rosen in den Gärten herausreißen und kerkerte Elisabeth mehr oder weniger ein. Gut, sie darf ausreiten, sie kann das Kloster besuchen ... es gibt nichts, über das sie sich wirklich beklagen kann. Aber er beobachtet sie, und die Herrin Margarethe erst recht. Die Herzogin Elisabeth ist zweifellos traurig, Frau Lucia. So, aber nun seht in den Spiegel, und freut Euch an Eurem Anblick! Ein so schönes Mädchen hat die Burg noch nicht gesehen, seit die Prinzessin Elisabeth damals aus Sizilien kam.«
    Lucia betrachtete sich in dem teuren Messingspiegel, der den Mädchen zur Verfügung stand. Sie dachte an das Leuchten in Clemens' Augen, wenn sie vor ihm ihr Haar gelöst hatte. Was würde er sagen, wenn er sie in diesem Staat sehen würde?
    Aber das waren müßige Träumereien. Viel wichtiger war die Frage, wie Conrad von Oettingen auf sie reagieren würde.
 
    Conrad von Oettingen betrachtete seine Nichte wohlwollend, doch ohne besonderes Interesse an ihrer Person. Lucia selbst fand ihn wenig anziehend. Er war mittelgroß und schien schwerfällig, war aber nichtsdestotrotz als starker Turnierkämpfer bekannt. Sein Gesicht war breit, und sein Lächeln wirkte jovial. Lucia hätte ihn eher für einen Schankwirt als für einen Landesherrn gehalten. Auch seine Rede war eher derb; er gehörte zweifellos zu dem Typus von Rittern, die schöngeistige Frauen wie Eleonore von Aquitanien zu dem Versuch angeregt hatten, sie durch Einführung der höfischen Liebe zu »zivilisieren«. Am Hofe der Oettinger betrieb man vorerst aber sicher keinen Minnedienst. Conrad zumindest war die schöne Rede und jegliche Zuvorkommenheit gegenüber Frauen fremd. Nach kurzer Begrüßung beachtete er Lucia nicht weiter, sondern sprach nur noch mit der Herzoginmutter, der seine Art entgegenzukommen schien. Auch sie machte schließlich nicht gern zu viele und allzu höfliche Worte. Bei ihrer Unterhaltung fielen viele Namen. Bündnisse und Fehden wurden erwähnt. Lucia wunderte sich anfangs ein wenig, dass ihr Onkel dies mit einer Frau besprach. Dann jedoch begriff sie, dass es um Heiratspolitik ging. Und sie war das Pfand, dessen Einsatz zur Festigung von Pakten oder Schlichtung von Auseinandersetzungen diskutiert wurde!
    »Werde ich dabei überhaupt nicht gefragt?«, erkundigte sich Lucia, als die beiden über einen Heiratskandidaten beinahe in Streit gerieten. »Muss ich meiner Vermählung denn nicht zustimmen?«
    Margarethe schüttelte missbilligend den Kopf. Conrad von Oettingen schaute irritiert. Es schien ihn fast zu wundern, dass sein neues Faustpfand sprechen konnte.
    »Du bist mein Mündel, Mädchen«, beschied er Lucia dann. »Natürlich wird man dich nicht an den Haaren in den Kreis der Ritter ziehen, damit du deinem künftigen Gatten Eide schwörst. Aber was solltest du dagegen haben? Alle Frauen werden verheiratet.«
    »Sie ist noch ein wenig ungeschliffen!«, fiel ihm die Herzoginmutter ins Wort. »Ich sagte Euch ja, es wäre besser, sie noch ein Jahr zur Erziehung bei Hofe zu behalten. Ihr müsst verstehen, sie ist im Bürgermilieu aufgewachsen. Sie sollte sogar ein Handwerk lernen! Verständlich, dass sie sich um ihre Zukunft

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