Die Pestärztin
gut.«
Zu Letzterem trug Margarethe zweifellos bei. Die kleine Gruppe führte drei Maultiere mit Geschenken für die Zisterzienserinnen mit sich - und dazu gehörten beileibe nicht nur Tand wie die bestickten Altardecken, sondern auch feines Tuch für hochwertige Gewänder sowie Leckereien und Wein aus der Speisekammer der Burg.
Lucia war trotzdem der Meinung, dass die Äbtissin innerlich kochen musste, wenn Margarethe hereinstürzte und gleichsam den Vorsitz der Abtei übernahm. Das säuerliche Gesicht der Nonne bestätigte dann auch ihre Annahme. Natürlich bemühte die Äbtissin sich um ein Lächeln, doch es fiel äußerst knapp aus, als Margarethe ohne größere Ankündigung in ihre Räume stürzte.
»Meine liebe Ehrwürdige Mutter!« Margarethe ließ sich zu einem Knicks herab und küsste den Ring der Ordensfrau.
»Herzogin ...« Die Äbtissin erwiderte den formlosen Gruß nicht, sondern wirkte eher indigniert.
»Hochehrwürdige Frau Äbtissin!« Elisabeth versank in einem tiefen Hofknicks. Sie schien das Protokoll besser zu beherrschen oder war zumindest ausreichend eingeschüchtert, um Demut zu zeigen. Demzufolge, was sie Lucia erzählt hatte, musste sie sich vor der Ordensfrau zu Tode fürchten.
»Es ist mir eine Ehre, Euch bei uns begrüßen zu dürfen, Frau Elisabeth.«
Immerhin wurde die junge Herzogin in Gnaden aufgenommen. Die Mädchen und Lucia begrüßten die Ordensfrau ebenfalls. Lucia fühlte sich unangenehm berührt. Der letzte Ring, den zu küssen man sie zwang, war der des Pfarrers von St. Quintin gewesen. Sie hatte immer ein leichtes Zittern seiner heißen, oft schweißnassen Hand gespürt, wenn sie ihn mit den Lippen berührte.
Die Äbtissin, eine große, sehnige Frau mit harten, wie gemeißelten Gesichtszügen, blieb jedoch kühl - auch als Margarethe ihr Lucia vorstellte und auf ihre Herkunft hinwies.
»Tatsächlich, eine unverkennbare Ähnlichkeit!«, meinte die Äbtissin schließlich. Auch sie hatte Beatrix also gekannt. »Hoffentlich ist sie fügsamer. Was ihr Bastardkind angeht, so nehmen wir es gern zur Erziehung im Kloster auf ...«
Lucia fuhr auf. Leona? Im Kloster?
»Meine Tochter ist kein Bastard!«, erklärte sie mit klarer Stimme. »Und sie ist keine zwei Jahre alt! Da kann sie doch nicht schon Nonne werden!«
Die Äbtissin lächelte, doch ihre Augen blieben unberührt.
»Wir weihen sie nie, bevor sie sprechen können«, sagte sie kalt.
Die Herzoginmutter lachte unruhig, doch auch in ihrem Gesicht stand eher Zorn als Belustigung. Auf der Burg hätte sie Lucia sicher scharf gerügt, hier jedoch hielt sie Frieden.
»Lucia, die Ehrwürdige Mutter meint, dass dein Kind hier die Klosterschule besuchen kann. Falls es später den Wunsch hegt, sein Leben Christus zu weihen, würde uns das natürlich freuen, aber selbstverständlich zwingt sie niemand! Diese Entscheidung obliegt ohnehin deinem Onkel. Wir wollen ihm da nicht vorgreifen ...«
Lucia wollte protestieren, doch Elisabeth gebot ihr mit einer leichten Handbewegung Schweigen.
»Vorerst wächst das Kind in meiner Familie auf«, erklärte sie mit ihrer fein modulierten Stimme. »Es stört niemanden, und meine Tochter liebt es. Für Veränderungen gibt es keinen Grund.«
»Es war nur ein Angebot«, sagte die Äbtissin kühl. »Wollt Ihr nun den Altarraum sehen, Frau Margarethe? Wir haben vor der Terz noch Zeit für einen kurzen Rundgang. Dann werdet Ihr doch dem Gottesdienst beiwohnen?«
Der Altar der Klosterkirche war aus Margarethes Mitteln neu ausgemalt und mit Blattgold verschönert worden; außerdem stiftete die Herzoginmutter Altargefäße aus Silber. Den Kelch führte sie heute mit sich. Die Äbtissin zeigte sich beeindruckt von der feinen Arbeit. Das Silbergefäß war mit Szenen aus dem Leben Jesu geschmückt.
Die Zöglinge der Herzogin langweilten sich während des Rundgangs durch die Kirche, der sich endlos hinzog. Elisabeth dagegen wirkte immer aufgeregter. Inzwischen strömten die Nonnen und Bediensteten des Klosters zur Terz, der vierten Andacht des Tages, in das Gotteshaus. Zu Ehren der Gäste formierte sich der Chor - und Margarethe sonnte sich im Lob der Äbtissin für ihre großzügigen Geschenke. Sie bemerkte nicht, dass Elisabeth Lucia in eine der kleineren Marienkapellen zog, als die Chorsängerinnen mit Kerzen in den Händen vorbeidefilierten.
»Von hier aus gibt es eine Tür ins Garwehaus, da können wir die Kirche unauffällig verlassen«, flüsterte Elisabeth aufgeregt. »Der Priester kommt
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