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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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zurückziehen, um für seine Tat zu sühnen. Und dann wird er nach Norden reiten und Herrn Birgers Familie Wergeld bieten ...«
    Lucia lächelte der Freundin verschwörerisch zu.
    »Und ich?«, fragte Gunhild.
    Lucia nahm die Blumen aus ihrem Haar.
    »Diesen Kranz ... und diesen Schleier ... «, sie wies auf die schwarze Seide, »wird man heute Abend an der Isar finden. Und jeder weiß, wie sehr du um Herrn Birger getrauert hast. Ich werde mir unendliche Vorwürfe machen, dass ich nicht bei dir gewacht habe. Ich hätte dich niemals allein in deiner Kemenate lassen dürfen.« Lucia schniefte theatralisch.
    Gunhild musste beinahe lachen.
    »Aber was ist, wenn wir dann in ein paar Wochen in Sizilien wieder auftauchen?«, fragte sie schüchtern.
    Lucia zuckte die Achseln.
    »Sizilien«, bemerkte sie, »ist weit.«

7
 
    I ch habe Euch schlecht gedient!«
    Dietmar von Thüringen war bereit zum Aufbruch zu neuen Abenteuern. Vorher wollte er sich jedoch von »seiner Dame« verabschieden, wie es sich gehört. Lucia konnte es kaum glauben, als Gisela bei ihr klopfte und ihr kichernd verkündete, »ihr Ritter« warte in der Kemenate seiner Schwester. Seit Birgers Tod und Gunhilds Verschwinden herrschte auf der Burg ein allgemeines Durcheinander; der draufgängerische junge Ritter hatte diesen Umstand genutzt, sich in die Frauengemächer zu schleichen. Jetzt verbeugte er sich tief und zerknirscht vor Lucia, während seine Schwester und die anderen Mädchen sich auf den Fluren und Wehrgängen um die Kemenaten herumtrieben und verzweifelt versuchten, ein paar Worte aus dem Gespräch zwischen Dame und Minneherrn aufzuschnappen.
    »Unsinn«, meinte Lucia freundlich. »Ihr habt tapfer unter meinem Zeichen gekämpft. Und seid Ihr für Euren Einsatz im Buhurt nicht sogar ausgezeichnet worden?«
    Elisabeth pflegte dafür zu sorgen, dass die fahrenden Ritter auch dann nicht völlig mittellos abreisten, wenn sie keinen Preis gewonnen hatten. Dietmar trug auch ein neues hellblaues Obergewand zu dunkelroten Hosen und Unterkleid. Die Herzogin hatte die jungen Ritter vermutlich allesamt neu einkleiden lassen und dabei besten Geschmack an den Tag gelegt. Dietmars hellblonde, lange Locken wallten über die seidene Surkotte und ließen ihn so schön und edel wirken wie einen Ritter der Artussage.
    Der junge Mann nickte, und trotz seiner angeblichen Zerknirschung leuchteten seine Augen. »Doch, ich wurde dafür geehrt, dass ich meinen Trupp tapfer anführte, nachdem Herr Bernhard ... Aber das ist nichts, meine Herrin! Nichts gegen das, was Herr Bernhard für seine Dame getan hat.«
    Lucia erschrak.
    »Ich verstehe Euch nicht!«, sagte sie dann sehr deutlich und sehr streng. »Herr Bernhard hat sich nun wirklich nicht mit Ruhm bedeckt, und meines Wissens hat er an diesem Hof auch keine Dame, unter deren Zeichen er kämpfte. Herr Birgers Tod ...«
    »War ein bedauernswerter Unfall. Es gibt niemanden, der das anzweifelt. Aber sagt selbst: Wäret Ihr traurig gewesen, hätte es stattdessen den Fraunberger getroffen?« Dietmar wollte ihr verschwörerisch zuzwinkern, doch der Ausdruck auf seinem Jungengesicht wirkte eher treuherzig.
    Lucia schüttelte den Kopf. »Dann hätte mein Onkel schnell einen anderen Gemahl für mich gefunden«, meinte sie. »Und ich nehme nicht an, dass ich den inniger hätte lieben können.«
    »Ihr liebt den Fraunberger also nicht!«, freute sich Dietmar. »Ich wusste es! Ich wusste, dass Euer Herz noch frei ist!«
    Der junge Ritter ließ sich anmutig vor Lucia auf die Knie nieder und sah mit leuchtenden Augen zu ihr auf. »Nachdem Ihr mir dies nun gestanden habt, wage ich es, mich zu erklären! Meine Dame Lucia, ich liebe Euch! Seit ich Euch zum ersten Mal sah, bin ich Euch mit Körper und Seele verfallen. Ich ...«
    Lucia runzelte die Stirn. Sie wusste nicht recht, ob sie ihn auslachen oder hinauswerfen sollte. Und etwas in ihr wollte ihn auch aufheben und an sich ziehen.
    »Herr Dietmar, dies entspricht nicht den Regeln der hohen Minne«, rügte sie ihn schließlich. »Die fleischliche Vereinigung mit der Herrin darf nicht das Ziel der Verehrung durch den Ritter sein ...«
    »Wer immer diese Regeln aufstellte, hat keine drei Tage in Eurer Gegenwart verbracht! Dann wüsste er, wie sinnlos das Streben ist, Euch nur von Weitem anzuschmachten. Aber als ich Euer Haar sah, leuchtend wie die Sonne, Euer schönes Gesicht, zart wie eine Rose ... und niemals werde ich die Wonnen vergessen, die Ihr mir durch die Versorgung meiner

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