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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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sein jüngster Sohn heiratete. Aber auf eine Fehde mit Oettingen, dem Fraunberger - und den Herzögen von Niederbayern - war er ganz sicher nicht aus.
    »Nun überleg nicht so lange!«, drängte Dietmar. »Komm, lass mich dich noch einmal küssen. Das überzeugt dich besser als tausend Worte. Oder gefalle ich dir nicht?«
    Wieder wurden seine Samtaugen treuherzig und ließen Lucia dahinschmelzen. Aber das alles hatte keinen Sinn. Obendrein zog dieses Gespräch sich schon zu lange hin. Herzogin Margarethe würde kaum länger als zwei oder drei Totenmessen in der Kapelle ausharren. Sie hatte zwar lauthals verkündet, sowohl für Herrn Birger als auch für Gunhild beten zu wollen, aber sie war eine zu tatkräftige Frau, um den ganzen Tag auf den Knien zu verbringen. Die Suche nach Gunhild am Ufer der Isar hielt noch an - Margarethe würde begierig sein, sie zu überwachen, und sicher in die Frauengemächer zurückkehren, um sich umzukleiden. Nicht auszudenken, wenn sie Dietmar dann in Giselas Kemenate fand - Bruder hin, Schwester her.
    Wenn ihr nur etwas einfiele, den eifrigen Ritter los zu werden! Möglichst schnell und möglichst für immer!
    Solange Dietmar sich auch nur die leiseste Hoffnung machte, bestand die Gefahr, dass er nachts an ihre Kammer klopfte, um sie zu entführen.
    »Sagt es mir, meine Herrin! Sagt mir ins Gesicht, dass Ihr mich nicht liebt!«, forderte er jetzt ganz in der Manier des Troubadours. »Dann wäre zwar mein Leben verwirkt, aber ...«
    Lucia fasste einen Entschluss.
    »Es ist nicht so, dass ich Euch nicht mag, mein Herr Ritter«, unterbrach sie ihn freundlich, wehrte ihn aber ab, als er sie gleich darauf wieder in die Arme schließen wollte. »Aber ich kann Euch dennoch kein weiteres Mal küssen. Schon mit dem ersten Kuss brach ich einen Schwur, aber da habt Ihr mich überrumpelt.«
    »Einen Schwur, meine Herrin?« Der Jüngling blickte sie forschend an. Lucia lächelte. Sie hatte ihn richtig eingeschätzt. Wie viele an Minnehöfen erzogene Mädchen und Jungen wusste er nichts so sehr zu schätzen wie eine gute Geschichte.
    »Ja, mein Herr Ritter. Denn auch wenn ich Wolfram Fraunberger nicht liebe, mein Herz habe ich dennoch bereits verschenkt ...«
    Mit schönen, zärtlichen Worten beschrieb Lucia ihre angebliche Liebe und erzählte dazu die Geschichte der Herzogin Elisabeth und Adrian von Rennes. Noch am Minnehof der Herzogin, so behauptete Lucia, hätte sie sich in einen jungen Ritter verliebt, der dann in einem Duell zur Verteidigung ihrer Ehre verletzt worden sei. Seitdem sieche er dahin, und niemand könnte ihm helfen. Als Aufenthaltsort des Ritters gab sie eine Einsiedelei an.
    »Der Mönch tut sein Bestes, um ihn zu pflegen, aber er will dafür natürlich Almosen. Ich verpfände eins meiner Schmuckstücke nach dem anderen, um ihn zu bezahlen, aber ich habe nicht viel. Es wäre sehr viel einfacher, wenn ich meine eigene Hofhaltung hätte, aus der ich alle paar Wochen ein paar Pfennige abzweigen könnte. Deshalb habe ich der Heirat mit dem Fraunberger zugestimmt.«
    Lucia senkte den Kopf und schaffte es tatsächlich, ein paar Tränen zu vergießen. »Und nun bitte ich Euch, mein Ritter, lasst ab von mir!«
    Dietmar von Thüringen lauschte mit dem hingebungsvollen Ausdruck eines Kindes, dem man Ritterromane vorliest. Lucia fühlte sich an Leas Ausdruck erinnert. Auch Lea hatte romantische Geschichten geliebt.
    »Das ist natürlich etwas anderes, meine Herrin«, erklärte Dietmar schließlich. »Wenngleich mein Herz bricht ob dieser Nachricht. Nie wieder werde ich ohne den Schmerz erwachen, von Euch getrennt zu sein! Nie wieder werde ich meine Lanze ansehen können, ohne an Euer Zeichen daran zu denken! Euer Bild ist eingebrannt in ...« Mehr fiel ihm offensichtlich nicht ein. Dietmar von Thüringen war weiß Gott kein Dichter. Allerdings ein praktisch denkender Mensch mit einem großen Herzen - eine Veranlagung, die sich gleich wieder Bahn brach, als er die Versuche einstellte, Verse zu schmieden.
    »Habt Ihr denn überhaupt schon alles versucht?«, fragte er, als der schmachtende Ausdruck von seinem freundlich-klugen Gesicht wich. »Wegen Eures Liebsten, meine ich. Ich weiß, Ihr seid ein wenig heilkundig, und viele Eremiten sollen es ja auch sein. Aber was ist mit Doktoren, Chirurgen, Badern?«
    Lucia schüttelte traurig den Kopf. »Die Doktoren und Apotheker sind mit ihren Arzneien am Ende, und die ständigen Aderlässe schwächen ihn nur. Die Chirurgen drängen darauf, ihm erst

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