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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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sind doch unschädlich gemacht ...«
    Gunhild neben Lucia schrie immer noch.
    »Nun bring sie doch einer zum Schweigen!«, brüllte Herzog Wilhelm. »Mutter ...«
    Frau Margarethe schien hier jedoch überfordert.
    Lucia fasste sich und schüttelte das Mädchen. Gunhild begann haltlos zu schluchzen.
    »Ist er ... ist er tot ...?«, flüsterte sie.
    »Wäre jedenfalls der Erste, der mit einer Lanze in der Kehle weiterlebt«, brummte der Herzog.
    Gunhild brach zusammen.
    »Wir sollten das Mädchen wegbringen«, bemerkte Elisabeth.
    Auf der Kampfbahn hatten inzwischen alle Ritter die Kämpfe eingestellt. Lucia fragte sich, ob es eine genauere Untersuchung des Vorfalls geben würde. Wenn die manipulierte Schutzkappe der Lanze gefunden würde, hätte Bernhard einiges zu erklären.
    Aber die Ritter schienen sich mehr dafür zu interessieren, ob der Buhurt weitergeführt oder abgebrochen würde. Nur einige wenige - Lucia erkannte Dietmar von Thüringen und Jerome de la Bourgogne - waren abgestiegen und hatten sich zu Bernhard gesellt. Sie klopften ihm auf die Schulter und schienen ihn zu trösten. Anscheinend hatte er eher ihr Mitleid denn ihr Misstrauen. Und warum auch nicht? Schließlich hatte zwischen Birger Knutson und Bernhard von Paring keine Fehde geherrscht. Von seiner Beziehung zu Gunhild wusste nur Elisabeth. Und sie musterte das Mädchen und Lucia inzwischen mit forschenden Blicken.
    Die Ritter beobachteten dagegen den Herzog, der gleich eine Entscheidung treffen musste. Lucia hoffte auf eine Fortsetzung der Kämpfe. Schon jetzt würde es schwierig sein, eine schlamm- und blutverschmierte Lederkappe im Morast zu finden. Wenn sich nun noch weitere vierzig Ritter auf diesem Platz schlugen, wäre es gänzlich unmöglich.
    Die Herolde organisierten erst einmal einen Abtransport der Leiche.
    Gunhild schluchzte, wobei Lucia sich fragte, ob sie derart entsetzt darüber war, dass ihre schwärzesten Gebete wirklich erhört worden waren, oder ob sich hier schon Erleichterung Bahn brach. Trauer war es ganz sicher nicht, obwohl es sich für die meisten so darstellte.
    »Ja, bringt sie weg. Und richtet sie her, damit sie nachher eine würdige Totenwache hält!«, beschied die Herzoginmutter Lucia und Elisabeth und wandte sich dann an Gunhild. »Kind, wir verstehen und teilen deine Trauer. Aber du musst nun stark sein. Wir sehen uns in der Kapelle!«
    Die Herzöge diskutierten derweil, ob Bernhards unkonventionelle Wurftechnik möglicherweise die Durchschlagskraft der Lanze erhöht hatte.
 
    »Muss sie wirklich die Totenwache halten?«, fragte Lucia. Sie schob Gunhild vor sich her wie eine teilnahmslose Puppe. Das Mädchen weinte nicht mehr laut, sondern schluchzte nur noch leise.
    »Natürlich«, sagte Elisabeth steif. »Das ist wohl das Mindeste, was von einer trauernden Braut erwartet wird. Wären sie bereits getraut, hätte sie auch dabei helfen müssen, ihn zu waschen und aufzubahren. Und das hätte sie getan - und wenn ich sie mit der Peitsche in die Kapelle hätte treiben müssen!« Die junge Herzogin stieß Gunhild unsanft vor sich her, um sie möglichst bald aus dem Sichtfeld der Zuschauer und Ritter zu entfernen.
    Diese hatten aber keinen Blick mehr für das Mädchen. Der Herzog hatte soeben bestimmt, dass die Kämpfe fortgeführt werden sollten.
    »Wir werden sie auch gleich in ihr Brautkleid stecken, ihr Haar lösen und Blumen hineinflechten. Damit sie als jungfräuliche, unschuldige Braut an seine Totenbahre treten kann - und damit um Himmels willen niemand auf den Gedanken kommt, sie hätte etwas damit zu tun!«
    »Hat sie ja auch nicht«, rutschte es Lucia heraus. Das also ließ Elisabeth so hart reagieren. Sie vermutete eine Beteiligung Gunhilds am Mordkomplott.
    »Wer denn dann? Du etwa? Dann hätte es doch eher den Fraunberger getroffen oder den Oettinger!« Elisabeth warf Lucia einen misstrauischen Blick zu. »Eine von euch muss es jedenfalls gewusst haben. Oder seid ihr auf die Tribüne zurückgekommen, weil ihr plötzlich euer Herz für Schlammschlachten entdeckt habt?«
    »Ich habe etwas beobachtet«, deutete Lucia an. »Aber Gunhild wusste von nichts. Und auch keiner der anderen Ritter.«
    »Das wollen wir dann mal hoffen«, beschied sie Elisabeth. »Und nun lass uns sehen, dass wir sie etwas herrichten. Sie ist ja völlig am Ende. Hast du irgendein Stärkungsmittel?«
 
    Zwei Stunden später trat Gunhild gefasst und in der aufrechten Haltung einer Fürstentochter an die Bahre ihres Verlobten. Sie trug

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