Die Pestärztin
dies zeigte. Auch in Landshut würden Bader und Chirurgen über ihre Pfründe wachen und es übel vermerken, wenn ein Medikus zum Skalpell griff. Andererseits praktizierte Simon im Judenviertel. Da war man vielleicht nicht so streng. Clemens schärfte seinem Schüler ein, bei der Behandlung von Christen besonders vorsichtig zu sein. Auf keinen Fall durfte ihm jemand sterben, nachdem er unerlaubte Behandlungen vorgenommen hatte.
Bislang hatte Clemens in Simons Praxis auch nicht mit den Haschischschwämmchen experimentiert, allerdings davon erzählt. Nun gestand er seinem Schüler auch die Operation an Adrian, und Simon brannte natürlich darauf, den Patienten zu sehen. Er geriet angesichts der fast verheilten Wunde Adrians regelrecht in Verzückung und erklärte sich gern bereit, den Ritter ein paar Tage lang zu pflegen.
»Am besten, wir sagen keinem etwas«, erklärte der junge Arzt. »Auch meine Glaubensbrüder müssen nichts wissen.«
»Und Eure Frau?«, fragte Lucia argwöhnisch. Sie kannte die Klatschbasen der jüdischen Gemeinde.
Simon ben Jakov schüttelte den Kopf. »Meine Frau spricht bislang nur Italienisch.« Er hatte das bildschöne, blutjunge Mädchen aus Salamanca mitgebracht. Salomea bat Aron war schwarzhaarig, hatte riesige Augen wie glühende Kohlen und betrachtete ihren Mann mit anbetender Zuneigung. Sie hätte wahrscheinlich auch geschwiegen, wenn sie die Landessprache beherrscht hätte. Aber so war Adrian vollständig sicher.
»Zwei Engel im Paradies ...«, flüsterte er im Halbschlaf, als Lucia und Salomea sich über ihn beugten.
»Hör einfach nicht hin!«, erklärte Lucia ihrer neuen Freundin. Sie konnte sich mit Salomea verständigen; das Mädchen sprach Latein.
Lucia und Clemens ritten derweil zur Burg - wobei es ihnen gelang, die Pforte zum Ghetto im letzten Moment vor der Schließung zu durchqueren. Auf der Burg hofften sie, Neues von Elisabeth zu erfahren, doch die Herzogin wurde immer noch in ihrer Kemenate unter Verschluss gehalten, und diesmal durfte auch Lucia nicht zu ihr.
»Aber ich sage ihr, dass Ihr zurück seid und mir guter Dinge zu sein scheint«, erklärte die gutmütige Anna, die Lucia aufwartete.
Im Rittersaal speisten die Männer heute ohne ihre Herzöge, und es ging ungewohnt ruhig zu. Stephan, Wilhelm und Albrecht hatten sich in einem Seitenraum eingeschlossen und stritten umso lauter.
Lucia holte für sich und ihren Gatten nur etwas Essen aus der Küche und zog sich dann mit ihm in ihre Gemächer zurück.
»Sie werden dich auch zu der Sache hören«, berichtete sie Clemens dabei. »Sie wissen, dass du die Operation vorgenommen hast, also wirst du berichten müssen, was du über das Verhältnis zwischen dem Ritter und der Herzogin weißt.«
Clemens biss in ein Stück Brot. »Und was soll ich dann eurer Ansicht nach erzählen?«, fragte er. »Dass es gar keinen Ritter gab? Die Nonnen und Frau Margarethe hätten ihn sich nur eingebildet?«
Lucia lachte bitter. »Geniale Strategie! Leider mussten wir seine Waffen dalassen. Das ist der Beweis, und es bestätigt auch, dass es hier um Adrian von Rennes ging und niemanden sonst. Und was dich angeht, sagst du einfach die Wahrheit: Man habe dich kommen lassen, um einen kranken Ritter zu behandeln, dessen Pflege die damit betrauten Frauen überforderte. Die Herzogin Elisabeth hat dich dafür entlohnt. Aber natürlich hast du nie gesehen, wie sie und der Ritter Zärtlichkeiten austauschten. Von einer Liebe zwischen den beiden ist dir nichts bekannt.«
»Also soll ich doch lügen?«, fragte Clemens.
Lucia funkelte ihn an. »Willst du etwa nicht? Stehst du nicht auf unserer Seite?«
Clemens hob besänftigend die Arme. »Ruhig, meine Liebste! Fahr nicht gleich die Krallen aus! Ich weiß nicht, auf wessen Seite ich stehe, darüber habe ich mir bisher keine Gedanken gemacht.«
»Aber der Herzog ... du willst doch nicht, dass er sie tötet!« Lucia trank hastig einen Schluck Wein.
Clemens schüttelte den Kopf. »Natürlich will ich nicht, dass deine Freundin erschlagen wird, Lucia. Aber ich bringe auch dem Herzog ein gewisses Verständnis entgegen. Niemand mag es, wenn seine Frau ihm Hörner aufsetzt.«
»Aber Elisabeth und Adrian ... sie haben niemals das Bett geteilt.«
Clemens runzelte die Stirn. »Verzeih mir, Liebste, wenn ich das nicht ganz glaube«, sagte er trocken. »Und auch wenn es tatsächlich so ist: Du willst doch nicht leugnen, dass sie zumindest kurz davor standen. Wozu du nun natürlich anführen
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