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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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seid als ein wenig eifersüchtig bekannt, Herr.«
    Die anderen Herzöge und Ritter lachten dröhnend.
    Stephan von Bayern verzog das Gesicht.
    »Passt auf, dass Ihr nicht für Eure Dreistigkeit bekannt werdet, Lucia von Treist!«, rügte er sie streng. Dann allerdings war sie entlassen. Das Tribunal nahm sich Elisabeths Mägde vor - nach der Auflösung des Minnehofes war Lucia schließlich ihre einzige Vertraute von Adel gewesen.
    Die Zugehfrauen brachten aus Angst vor den Herzögen kaum ein Wort heraus. Aber natürlich wussten sie auch von nichts.
 
    »Es sieht gut aus für deine Elisabeth«, meinte Clemens am Abend dieses schrecklichen Tages. Er hatte sich ausnahmsweise dem gemeinsamen Mahl der Ritter an der Tafel des Herzogs angeschlossen, um Gerüchten über den Verlauf des Verfahrens nachzuspüren. »Die einzige ihr ranggleiche Frau, die Anklage gegen sie erhebt, ist die Herzoginmutter. Die anderen Zeugen muss Herr Stephan nicht ernst nehmen, und er gedenkt es wohl auch nicht zu tun. Und der angebliche Buhle seiner Gattin ist verschwunden; er kann sie also auch nicht verraten. Deshalb wird sie offiziell niemals als Ehebrecherin bloßgestellt.«
    »Aber er hält sie doch nicht wirklich für unschuldig?« Lucia wiegte Leona in ihrem Bettchen. Sie hatte die anderen Kinder in der Kinderstube zu Bett gebracht, nachdem sie sich endlich beruhigt hatten. Ihre eigene Tochter behielt sie allerdings bei sich.
    Clemens schüttelte den Kopf und befreite sich von den engen Beinlingen und hohen Stiefeln, die er sich extra für Einladungen an die Tafel des Herzogs hatte anmessen lassen. »Natürlich nicht. Er ist stockwütend! Wenn ich sagte, es sähe gut für Elisabeth aus, dann meinte ich bestenfalls Kloster. Wahrscheinlich wird er sie sich in den nächsten Tagen irgendwohin vom Hals schaffen.«
 
    Der gesamte Hof rechnete mit einer Abreise Elisabeths in ein strenges Konvent, tatsächlich aber erfolgte kein Richterspruch des Herzogs. Stattdessen beließ Herr Stephan alles, wie es war. Niemand sprach über die Affäre, und Elisabeth blieb in strenger Klausur.
    »Warum kann ich denn nicht wenigstens zu ihr?«, fragte Lucia verzweifelt die Kammerfrau Anna, die Elisabeth das Essen zu bringen pflegte. »Und warum sagt mir niemand, wie es ihr geht?«
    Anna zuckte bedauernd die Achseln. »Ach, Frau Lucia, ich weiß es doch selbst nicht. Alle denken, ich warte ihr auf, aber tatsächlich bringe ich nur ihr Essen in ihr Wohnzimmer und stelle es vor dem Kamin auf den Tisch. Dabei begleitet mich ein Wachmann, und er führt mich auf demselben Wege wieder hinaus. Später hole ich dann das Tablett ab, meist fast unberührt. Daraus kann man folgern, dass sie trauert und immer dünner wird. Aber gesehen habe ich sie nicht, und erst recht lässt man mich kein Wort mit ihr wechseln.«
    Die Tage von Elisabeths Haft wurden zu Wochen, und Lucias Sorgen wuchsen.
    »Da muss etwas geschehen!«, meinte sie schließlich. »Der König darf sie nicht so behandeln! Wir wissen ja kaum, ob sie noch lebt. Was tut man denn in solchen Fällen unter Adligen, Clemens?«
    Clemens zuckte die Schultern. »Es gibt niemanden, der dem Herzog in diesen Dingen befehlen kann, Liebste. Elisabeth ist seine Frau, und sie hat ihn zumindest brüskiert. Dafür straft er sie jetzt. Der Einzige, der ihm da Grenzen setzen könnte, wäre vielleicht ihr Vater - zumal, wenn er so einflussreich ist wie der Herzog von Sizilien. Den müsste man aber erst einmal benachrichtigen.«
    »Dann tun wir das!«, erklärte Lucia resolut. Sie war froh, überhaupt etwas unternehmen zu können.
    »Aber das dauert Monate«, gab Clemens zu bedenken. »Ganz abgesehen davon, dass wir uns gar nicht leisten könnten, einen Boten zu bezahlen.«
    Lucia lächelte. »Da gibt es andere Wege«, erklärte sie vergnügt. »Diesmal musst du allerdings die Verhandlungen übernehmen.«
 
    Der junge jüdische Arzt organisierte die Weiterleitung des Briefes gern für Clemens. Die beiden Männer waren inzwischen sehr vertraut miteinander, während Simon ben Jakov seinen ritterlichen Logiergast in der letzten Zeit zunehmend argwöhnisch beäugte. Seine schöne Gattin Salomea schien Adrians Charme täglich mehr zu verfallen, seit der sich zusehends erholte. Er spielte jetzt bisweilen wieder die Laute, und dann strahlten Salomeas Augen wie glühende Kohlen. Natürlich verhielt Adrian von Rennes sich untadelig, aber Simon hätte es durchaus gern gesehen, wenn er langsam Vorbereitungen zur Abreise getroffen

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