Die Pestärztin
wirst, dass der Herzog ihr gute Gründe gab, einen anderen mehr zu lieben als ihn. Auch das mag stimmen ...«
»Es mag stimmen?«, rief Lucia fassungslos. »Du weißt, dass er sie schlägt!«
Clemens nickte. »Und ich entschuldige das auch nicht. Aber es wäre mir lieber, ich hätte hier nicht zu richten.«
Lucia bedachte ihn mit ihrem grimmigsten Blick. »Du musst nicht richten, nur ein bisschen die Wahrheit verdrehen! Untersteh dich, Elisabeth zu verraten!«
Clemens musste lachen. »Ich ergebe mich, bevor du mich schlägst!«, meinte er und zog Lucia an sich. »Nein, ich werde aussagen, ich hätte nichts gesehen, was den Regeln eines Minnehofes zuwiderlief.« Er grinste. »Aber du musst versprechen, dass wir unsere Tochter an einem Hof mit strengeren Sitten erziehen lassen. Ich denke da an einen arabischen Hof, an dem sie gezwungen wird, sich im Beisein junger Ritter zu verschleiern.«
Lucia schmiegte sich in seine Arme. »Die jungen Ritter sind dir doch ganz egal«, neckte sie ihn. »Du willst nur, dass sie besser Arabisch lernt als ich und dir dann den Rest ihres Lebens Ibn Sina übersetzen kann.«
Sie überließ sich Clemens' Umarmungen, machte dabei aber schon weitere Pläne. Sie musste Leona unbedingt aus der Kinderstube zu sich holen, bevor der Herzog Clemens vernahm. Falls sie schnell fliehen mussten, wollte sie das Mädchen bei sich haben.
Lucia holte am nächsten Tag gleich alle fünf Kinder in ihre Räume, nachdem die Kinderfrauen sich als völlig unfähig erwiesen hatten, die verwirrten kleinen Jungen und die hysterisch weinende Agnes zu beruhigen. Natürlich hatten die Kinder Gerüchte gehört, und Frau Margarethe war auch nicht sonderlich feinfühlig mit ihnen umgegangen. Ihre Erklärung dafür, warum Elisabeth ihre Kinder nicht wie sonst jeden Morgen besuchte, strotzte vor Andeutungen und Schuldzuweisungen. Nun weinten die älteren Jungen, weil ihre Mutter angeblich »ihre Ehre auf immer befleckt« hätte, und Agnes, die den Unterschied zwischen Hure und Hexe nicht verstand, sah Elisabeth schon auf dem Scheiterhaufen. Nur Leona war unbeschwert fröhlich und hüpfte auf dem Schoß ihrer besorgten Mutter, während ihr Vater den Herzögen im Rittersaal Rede und Antwort stand.
Lucias Befürchtungen, der Medikus könnte als mitschuldig bezeichnet und zumindest der Burg verwiesen werden, bewahrheiteten sich allerdings nicht. Tatsächlich hatte Clemens sich hier schon bei so vielen Rittern und Würdenträgern - allen voran Herzog Wilhelm, der ihn neuerdings fast täglich zu sich befahl - unentbehrlich gemacht, dass niemand sich gegen ihn aussprach. Seine Erklärungen klangen ja auch durchaus glaubwürdig, und bevor er nach Landshut gerufen wurde, hatte er nie etwas von Adrian und Elisabeth gehört.
Peinlicher war da schon die anschließende Anhörung Lucias. Frau Margarethe bestand darauf, auch Elisabeths Hofdamen und Zugehfrauen vor dieses seltsame Tribunal zu laden, bei dem die Hauptpersonen fehlten: Keiner der Angeklagten war zugegen. Herzog Stephan hatte es nicht für nötig befunden, seine Gattin »ihre Schande mitanhören zu lassen«, wie er auf Clemens möglichst höfliche Frage nach ihrem Verbleib erklärt hatte. Was Adrian anging, so wusste man inzwischen von seiner Flucht. Lucia zitterte innerlich vor Angst, die kleine Nonne könnte sie doch erkannt haben. Dann würde man sie zweifellos gleich hier mit den Vorwürfen konfrontieren.
Tatsächlich befragten die Herzöge sie aber nur nach Elisabeths Verhältnis zu ihrem Ritter, und vor allem Stephan hakte nicht sehr intensiv nach, als sie ihre Erklärungen abgab. Lucia gab zu, von Adrian gewusst zu haben. Sie hätte jedoch angenommen, die Fürsorge der Herzogin für den Ritter sei im Rahmen der Mildtätigkeit angemessen und würde von einer Edeldame erwartet.
»Ich weile noch nicht lange bei Hofe und kenne die Regeln nicht ganz genau«, entschuldigte sie sich brav und nahm vor allem die jüngeren Herzöge mit einem unschuldigen Blick aus ihren großen blauen Augen für sich ein.
»Und Ihr habt Euch nicht gefragt, warum die Herzogin ihre Milte so klammheimlich ausüben musste?«, fragte Frau Margarethe spöttisch.
Herzog Stephan schien nicht sehr erbaut von ihrer Einmischung. Wahrscheinlich hätte er sie am liebsten ebenso des Saales verwiesen wie Elisabeth, aber das wagte er nicht.
Lucia senkte den Blick. »Verzeiht mir ... bitte verzeiht, ich sollte das nicht sagen. Aber der Herr Herzog ... der Herr Stephan ...« Sie errötete. »Ihr
Weitere Kostenlose Bücher