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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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treffen.
    Die Herzogin hatte damals genickt.
    »Ich habe selbst bereits daran gedacht, aber man kann es nur von innen öffnen. Der Schlüssel hängt in der Sakristei, und ich habe auch schon mal überlegt, ihn zu stehlen und dann nachschmieden zu lassen. Aber einen Verlust würden die Nonnen sofort bemerken. Sie lassen den Priester schließlich jeden Tag ein.«
    Lucia fand den Schlüssel jetzt jedenfalls gleich, und das Risiko beim Eindringen in die Sakristei war gering. Schließlich konnte sie behaupten, weiter in der Kirche beten zu wollen. Sie hoffte bloß, dass nicht noch jemand anders auf diese Idee kam.
    Während der Rettungsaktion musste die Kirche frei sein.
 
    Lucia verließ das Garwehaus mit dem Schlüssel und überquerte vorsichtig den dahinterliegenden Friedhof der Nonnen. Sie schlich dabei ängstlich von einem Grabstein zum anderen. Zum Glück war die Nacht bewölkt, kein Mondlicht erhellte den Friedhof, aber der Weg über das freie Feld erschien ihr doch gefährlich.
    Schließlich erreichte sie die Pforte, schloss auf und schlüpfte hindurch. Bis jetzt nichts von Clemens und seinen Helfern!
    Lucia wartete unruhig und lauschte auf Hufgetrappel.
    Sie schrie erschrocken auf, als sich plötzlich vier unheimliche Gestalten lautlos aus dem Dunkel vor ihr schälten.
    »Pssst, wir sind es!« Clemens legte ihr die Hand auf den Mund. »Wir haben die Pferde im Wald gelassen, um nicht aufzufallen. Hoffentlich hat das jetzt keiner gehört! Du wusstest doch, dass wir ...«
    »Aber nicht in Verkleidung des leibhaftigen Sensenmannes!«, stöhnte Lucia. »Ihr solltet euch mal sehen! Die dunklen Mäntel und die Schaufeln über der Schulter ... « Sie lachte nervös. »Aber bis vorhin war noch niemand in der Kirche. Alles schläft ...«
    Leise stieß Lucia die Pforte auf und ließ die Männer ein. Als sie schließlich selbst hindurchging, erwartete sie, die vier bereits über den Friedhof gehen zu sehen. Stattdessen verbargen die Männer sich sorglich; sie standen eng an die Mauer gedrückt.
    »Da ist jemand auf dem Friedhof!«, wisperte Adrian Lucia zu. »Zwei Leute, links bei dem großen Engel!«
    Lucia musste sich anstrengen, um das Paar zu erkennen, doch die Stimmen der beiden klangen jetzt recht gut verständlich durch die Nacht.
    »Es ist heute viel zu gefährlich, Edmund! Nach der Beerdigung ... und die vielen Gäste ...« Eine Mädchenstimme, die Lucia irgendwie bekannt vorkam.
    »Gerade heute, Tildchen! Alle sind übermüdet. Niemand wird etwas merken ...« Der Mann machte Anstalten, die Frau zu küssen.
    »Es ist kalt ...« Die junge Frau entzog sich ihm.
    Lucia erkannte jetzt ihre Stimme.
    »Das ist Schwester Mathilde!«, seufzte sie. »O Gott, dem Seelchen hätte ich das niemals zugetraut!«
    Die beiden Juden gaben schnaubende Geräusche von sich. Wenn sie zurück zu ihren Familien kamen, konnten sie ihnen sämtliche Vorurteile gegenüber christlichen Klöstern bestätigen.
    Clemens spähte angestrengt ins Dunkel.
    »Der Junge ist hier Knecht«, erinnerte er sich. »Ich habe mal kurz mit ihm gesprochen. Er hat damals geholfen, Adrian in die Kirche zu tragen. Wie kommt der denn hier rein? Des Nachts schließen sie doch die Pforten vor den männlichen Bediensteten.«
    »Entweder hat er sich in der Kirche einschließen lassen, oder die zwei kennen auch einen geheimen Eingang«, überlegte Adrian.
    »Kann uns doch gleichgültig sein, wie er reinkam«, meinte einer der Juden, ein kräftiger junger Mann, an den Lucia sich aus der Synagoge flüchtig erinnerte. Ari ben Isaak von Stein. »Wichtiger ist, ob und wann er verschwindet!«
    »Vielleicht ist das ja schon der Abschied«, hoffte Adrian.
    Edmund küsste Mathilde lange und innig.
    »Das ist eher der Anfang«, meinte der zweite Jude trocken.
    »Gehen wir in den Stall!«, forderte Edmund seine Freundin soeben auf. »Da ist es warm.«
    »Guter Einfall«, lobte Lucia. Mathilde war leider nicht ihrer Meinung.
    »Nein, der ist doch voller Pferde! Und die Knechte der Hofgesellschaft schlafen da und passen auf sie auf. Wenn die uns sehen ...«
    »Dann in die Kirche, Tildchen! Komm, Gott wird dich nicht strafen. Der hat dich nicht berufen. Er kann gar nichts dafür, dass dein Vater dich loswerden wollte, weil er keine Mitgift für dich aufbrachte ...«
    Mathilde war Laienschwester. Im Grunde nicht viel mehr als eine unbezahlte Magd. Dennoch wurden auch diesen Bauernmädchen die Gelübde abgenommen.
    »Ich weiß nicht ...«
    »Wenn die jetzt in die Kirche gehen, dauert

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