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Die Pestärztin

Titel: Die Pestärztin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ricarda Jordan
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Frau Margarethe scheute allerdings vor ihr zurück. Womöglich trug ja auch Lucia den Keim der Krankheit schon in sich.
    »Frau Margarethe, ich würde die Waschung und Aufbahrung der Toten gern selbst übernehmen. Ihr wisst, ich habe in Mainz Pestkranke gepflegt. Die Vorsichtsmaßnahmen sind mir also bekannt.«
    Die Augen der Herzogin weiteten sich. »Ihr meint, dies hier ist so gefährlich wie die Pest ...?«
    Lucia schlug die Augen nieder, während Clemens sich beeilte, die Dame zu beruhigen. Frau Margarethe eilte dennoch gleich darauf hinaus, und sie hörten sie im Vorraum mit dem Herzog sprechen. Herr Stephan trat daraufhin gar nicht erst ein.
    »In ein paar Stunden wird auf der ganzen Burg getuschelt, sie sei an der Pest gestorben«, wisperte Clemens im Tonfall eines Gebets, während er Elisabeths Herzschlag kontrollierte. »Wie bist du nur auf die Idee gekommen?«
    »Du hast doch mit der Ansteckung angefangen. Und nun schweig oder bete - oder noch besser, du gehst raus. Es schickt sich nicht, wenn Männer bei der Waschung und Aufbahrung zugegen sind. Ich mache das allein mit der Schwester Apothekerin.«
 
    Die Nonnen aus Seligenthal trafen einige Stunden später ein, fanden dann aber nichts anderes mehr zu tun, als den Leichnam der Herzogin vom Bett auf eine Bahre zu heben. Lucia hatte die Freundin gewaschen und in weiße Kleider gehüllt, ihr Haar aufgesteckt und züchtig unter einem ordentlichen Gebende versteckt. Als die Schwestern eintrafen, richtete sie eben demonstrativ die Kinnbinde. Sie hatte kurz vorher die Schwämmchen erneuert. Elisabeth lag in tiefem Schlaf, und ihre Kinnlade fiel herunter wie bei einer echten Leiche.
    Lucia befürchtete nur, dass die Nonnen sich an der fehlenden Leichenstarre stoßen würden. Aber darüber dachte wohl keine von ihnen nach. Auch sie wirkten übernächtigt; man hatte sie kurz vor den ersten Gebeten des Tages aus den Betten geholt und losgeschickt. Nun waren sie froh, dass die schwerste Arbeit schon getan war, und stellten keine Fragen zum Zeitpunkt des Todes.
 
    Clemens und Lucia wohnten beide den ersten Totenmessen bei, und auch der Herzog und die Kinder erschienen natürlich an der Bahre der Herzogin. Ansonsten aber war die Kirche verdächtig leer. Das Pest-Gerücht machte wohl schon die Runde. Allzu nahe musste aber auch niemand der Toten kommen. Lucia hatte für ein erhöhtes Podest gesorgt und die Bahre großzügig mit den letzten Herbstblumen, Kerzen und allen Ehrenzeichen der Familien Elisabeths und Stephans umgeben lassen. Zwischen zwei Messen trat sie mitunter an das Lager ihrer Freundin, um am Blumenschmuck oder anderen Arrangements etwas zu richten. Das fiel niemandem sonderlich auf, und im Laufe des Tages und der darauffolgenden Nacht traten auch die gleichen Ermüdungseffekte ein wie damals bei der Wache für Herrn Birger. Die Nonnen beteten im Halbschlaf, der Priester las die Messen geschäftsmäßig herunter. Die Ritter, Frauen und Mädchen erschienen nur sporadisch, um die Tote zu ehren, gingen sonst aber all den übrigen Geschäften nach, die mit einem Todesfall verbunden waren. Frau Margarethe lobte allerdings Lucia für ihren Eifer. Die junge Frau hielt schließlich tapfer durch und wich auch zu Beginn der zweiten Nacht nicht von Elisabeths Lager. Erst später am Abend bekreuzigte sich Clemens von Treist vor ihrer Kirchenbank und schob sich neben sie. Ein wenig mühsam kniete er nieder; sein lahmes Bein erschwerte die Bewegung und machte längeres Knien zur Qual.
    »Schon irgendwelche Erkenntnisse bezüglich der letzten Ruhestätte?«, fragte er leise.
    Lucia nickte müde. »Ja. Das Kloster, wie wir gehofft hatten. Ihre Kapelle. Das hat die Oberin vorgeschlagen, und Frau Margarethe fand es eine sehr schöne Lösung, die sicher im Sinne der Verstorbenen gewesen wäre.«
    Clemens lächelte. »Man kann sagen, dass diese Kapelle ihr immer als Zugang zum Paradies gedient hat. Wie geht es ihr sonst?«
    »Sehr gut. Sie hält ausgezeichnet durch. Allmählich beneide ich sie. Ich fürchte, heute Nacht schlafe ich ein.« Lucia unterdrückte ein Gähnen.
    Clemens schüttelte den Kopf. »Eben deshalb bin ich hier. Du kannst gehen und dich ausschlafen. Erneuere vorher noch einmal die Schwämmchen, dann brauche ich nicht nach vorn zu gehen. Man würde mir den Gärtner schließlich kaum glauben.«
    Lucia stand ohne Widerrede auf. Clemens hatte recht, sie musste frisch sein, wenn sie die tote Herzogin morgen ins Kloster begleiten wollte. Dort konnte Clemens sie

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