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Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
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herauszuholen – vorausgesetzt, sie ist vollständig. Schutzkleidung ist Pflicht, einschließlich Masken und Handschuhen. Lass sie in ausreichend Isolationsmaterial packen und bitte Peggy, den Transport ins Museum zu organisieren. Ich kläre die ganze Sache inzwischen mit Dominic Usher.«
    Auf dem Rückweg zum Wagen empfand ich eine merkwürdige Mischung aus Begeisterung und Unruhe. Der Fund konnte sehr bedeutsam sein, aber irgendetwas an seiner Anwesenheit auf einem Pestfriedhof war höchst sonderbar. Bei der anderen Bestattung handelte es sich eindeutig um einen menschlichen Leichnam. -Warum wurde die Schnitzerei daneben begraben?
    Ich setzte mich ins Auto und dachte eine Weile darüber nach, kam aber zu keinem Ergebnis. Es gab keine Präzedenzfälle, auf denen ich aufbauen konnte. Ich beschloss, Finian anzurufen. Er war Geschichtslehrer gewesen und war außerdem leidenschaftlicher Volkskundler. Vielleicht fiel ihm etwas ein.
    »Du hast sicher sofort an die Muttergottes von Castleboyne gedacht«, war seine erste Bemerkung.
    Hatte ich nicht. Aber ich wusste, wovon er sprach: ein wundertätiges Bildnis der Jungfrau Maria, das im Mittelalter berühmt gewesen war. In der Kirche St. Patrick, wo ich im Chor sang, war sie auf einem Buntglasfenster abgebildet.
    »Aber die wurde in der Zeit der Reformation zerstört, oder nicht?«
    »Den offiziellen Berichten nach, ja. Aber es gibt auch eine Geschichte, wonach sie weitere hundert Jahre versteckt gehalten wurde, ehe in der Stadt stationierte Truppen Cromwells sie als Feuerholz verbrannten.«
    »Dann kann sie es jedenfalls so oder so nicht sein. Tatsächlich weiß ich noch nicht einmal, ob es überhaupt eine Marienstatue ist.«
    »Vielleicht ist es Lady Death.«
    Ein Schauder lief mir über den Rücken. Lady Death und die Maudlins: eine Geistergeschichte, die irgendwann bei der Recherche zur Vorbereitung der Grabung aufgetaucht war. Ich hatte ihr damals nicht viel Beachtung geschenkt. »Was hatte es damit gleich wieder auf sich?«
    »Können wir später darüber reden, Liebling? Ich stecke hier bis zum Hals in Arbeit.« In Brookfield Garden begann eben die Hochsaison.
    »Natürlich. Bis dahin habe ich mir dann auch die Statue richtig angesehen.«
    Dominic Usher hing halb aus dem Fenster seines Büros im zweiten Stock, als ich zur Tür hereinkam.
    Ich nahm in dem Sessel vor seinem Schreibtisch Platz und hüstelte höflich. Usher faltete sich zurück ins Zimmer und stellte eine kleine Gießkanne auf den Boden.
    »Ah, Illaun. Ich habe gerade den Blumen noch tüchtig zu trinken gegeben vor dem Wochenende.« Ich konnte den Blumenkasten vor dem Fenster nicht sehen, aber der süße Duft von Goldlack wehte in den Raum.
    Usher war Anfang vierzig, er hatte schwarzes Haar, das sich in jener unvorteilhaften Weise lichtete, dass vorn auf der Stirn ein isoliertes Büschel stehen blieb. Seine Augenbrauen waren im Gegensatz dazu dichte Gestrüppe. Eine weitere Auffälligkeit an ihm war, dass er die Lippen beim Sprechen kaum bewegte, sondern einen stetigen Strom von Worten durch sie hindurch produzierte, als hätte er einen Drucker im Mund verborgen.
    Er setzte sich an seinen Schreibtisch und warf einen Blick zurück zum Fenster. »Man sieht ihn heutzutage nicht mehr oft. Goldlack, meine ich. In Brookfield Garden wird man ihn wohl kaum mehr finden, oder?«
    Die Bemerkung zeugte von Kleinstadtmentalität. Er wollte damit andeuten, dass Finian, nun, da er einen internationalen Ruf genoss, sich für etwas Besseres hielt.
    »Keine Ahnung«, sagte ich. Am besten, man ignorierte solche spöttischen Bemerkungen. »Was haben Sie wegen der ausgelaufenen Flüssigkeit unternommen?«
    »Ach ja, das«, sagte er mit einer gewissen Gereiztheit. »Ich musste den technischen Dienst und das Gesundheitsamt konsultieren. Da die Stelle ein gutes Stück von jedem Wohngebiet entfernt liegt und keine Gefahr besteht, dass noch mehr ausläuft, glauben sie zum Glück nicht, dass man sich große Sorgen machen muss.«
    »Damit haben Sie wahrscheinlich recht. Trotzdem wäre es vielleicht klug, über Nacht eine Wache aufzustellen.«
    Usher sah auf die Uhr an der Wand hinter mir. »Jetzt kann ich es bestenfalls noch unserem mobilen Sicherheitsbeamten auf die Liste für seine Runde setzen. Und ich werde die Polizei bitten, ein Auge auf das Gelände zu werfen.«
    »Wir haben noch etwas in dem Gewölbe gefunden. Eine hölzerne Statue. Sie lag in einem Bleisarg.«
    Ich konnte Usher ansehen, dass er überlegte, ob ihn diese

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