Die Pestglocke
Statue. Das Thema kam auf, weil wir darüber sprachen, was auf dem Friedhof passiert war. Ich sagte, Sie hätten im Großen und Ganzen schon herausgefunden, warum sie dort war und was die Symbole in dem Buntglasfenster bedeuteten – obwohl ich keine Ahnung hatte, ob es sich tatsächlich so verhielt. Also erzählte Ross, dass er den anglikanischen Pfarrer besucht und von der Verbindung einer Miss Duignan mit der ganzen Sache erfahren hatte. Ich musste ein wenig schwindeln; ich sagte, Sie würden in dieselbe Richtung forschen, nur etwas zielgerichteter, und Sie hätten einen Zusammenhang zwischen der Statue und dem Versteck des Schatzes entdeckt, bla, bla, bla. Lag ich richtig?«
Deshalb war Mortimer also von der Bildfläche verschwunden. Er hatte still und heimlich seine eigenen Nachforschungen angestellt – und mit einigem Erfolg, wie es aussah.
Ich lachte. »Mehr oder weniger. Aber wofür dieses ›Dankeschön‹?«
»Ich sagte, es wäre am besten, wenn Sie beide Ihre Erkenntnisse zusammenwerfen und zu einer Einigung in Bezug auf die Schatzsuche kommen würden. Er gab mir recht, aber zu diesem Zeitpunkt hatte er schon gut einen sitzen – also habe ich ihm heute Morgen meine beste Flasche Sauvignon geschenkt, um ihn an die Abmachung zu erinnern.«
»Aber sagen Sie, wie kam Mortimer überhaupt dazu, zum anglikanischen Pfarrer zu gehen?«
»Keine Ahnung. Das werden Sie ihn selbst fragen müssen.«
Als das Essen angeliefert wurde, zahlte ich und bat Groot, die Behälter zu sortieren, während ich Teller und Essstäbchen holen ging. Ich schlug vor, dass wir uns auf Hocker an die Küchentheke setzten.
Während Groot das Essen hinübertrug, füllte ich zwei Wassergläser und deckte unsere Plätze.
Als ich auf den Hocker kletterte, ertappte ich Groot dabei, wie er auf meine Brust schielte, und bemerkte, dass mein Kimono aufgegangen war. Er errötete kurz, gewann aber schnell wieder die Fassung. »Sie sind eine attraktive Frau, Illaun. Wenn Sie lächeln, diese blauen Augen ... Was soll ich sagen?«
Ich schlang den Kimono enger um mich. Ich war mir nicht sicher, wohin das führen würde.
Wir aßen ein paar Bissen, dann fuhr er fort. »Ich fange schon wieder an. Ich kann anscheinend nicht anders, als Sie anzumachen. Das ist sowohl Ihnen wie auch Finian gegenüber unfair. Deshalb war es wohl besser, dass ich in den letzten Tagen bei meiner Arbeit geblieben bin.«
»Mit ein bisschen Freizeit, einen neuen Trinkkumpan aufzutun. Sie trinken ganz gern, oder?«
Groot fuhr sich mit einer jungenhaften Geste durchs Haar. »Das ist die irische Art zu sagen: ›Sie sind Alkoholiker‹, hab ich recht?«
»Ich behaupte nicht, dass Sie Alkoholiker sind, aber in der Arbeit zu trinken, ist kein gutes Zeichen.«
Er machte eine wegwerfende Geste und lächelte. »Schieben Sie es auf unerfüllte Liebe. Trostsuche auf dem Grund des Glases.«
»Sie sind ein Hallodri«, erwiderte ich. »Das ist die irische Art zu sagen: ›Sie sind ein Hallodri‹.«
Groot lachte, aber dann wurde seine Miene wieder ernst. »Kommen wir wieder zur Sache, Illaun. Wegen Terry Johnston, meine ich. Was ich Ihnen noch nicht erzählt habe, ist, dass er Ross Mortimers Bruder war – oder Ross Johnstons Bruder, sollte ich sagen. Ross hat sich den Namen Mortimer wahllos aus einem Buch über Castleboyne herausgesucht.«
Ich war sprachlos. »Das haben Sie sich jetzt ausgedacht, oder?«
Groot schüttelte den Kopf, legte seine Essstäbchen beiseite und trank einen kräftigen Schluck Wasser.
»Es scheint ein wenig wie bei der Beziehung zwischen Vincent und Theo van Gogh gewesen zu sein. Und wie Vincent scheint Terry ein Künstler gewesen zu sein – ein Lebenskünstler, genauer gesagt, und kein besonders erfolgreicher dazu. Ihre Eltern kamen beide bei einem Verkehrsunfall ums Leben, und die Jungen erbten ein gut gehendes Antiquitätengeschäft, als sie noch keine zwanzig waren. Aber Terry hatte kein Interesse daran. Er machte sich aus dem Staub, sobald er konnte, und führte ein Hippieleben, mal hier, mal dort, hielt sich ein paar Monate auf Bali auf, dann wieder in Nepal oder Kalifornien. Aber er schickte Ross immer eine Karte, wo er gerade gelandet war. Binnen zwei Jahren war er HIV-positiv. Er kehrte in diesen Teil der Welt zurück, wo er sich sein Geld als Wanderausgräber verdiente. Darf ich?« Er bat um eine meiner Garnelen.
Ich nickte.
»Hm. Die sind sehr gut«, sagte er.
»Deshalb bestelle ich sie ständig«, sagte ich. »Irgendwann muss ich jetzt
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