Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pestglocke

Die Pestglocke

Titel: Die Pestglocke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Dunne
Vom Netzwerk:
Aids verkaufte. Die Sondereinheit zur Aufklärung von Okkultismusverbrechen zog mich hinzu, ich sollte untersuchen, was von dem Skelett noch übrig war. Man hatte die Einheit ins Leben gerufen, um ein anscheinend wachsendes Problem im neuen Südafrika zu bekämpfen – ich meine weniger, dass Knochen ausgegraben, sondern dass Leute dafür getötet wurden. Damals fing ich an, Morde zu untersuchen, bei denen der Verdacht bestand, dass sie begangen wurden, um Körperteile zu gewinnen.«
    Er trank sein Weinglas aus und wollte uns beiden nachschenken, stellte jedoch fest, dass die Flasche leer war. »Noch eine?«
    Ich machte ein langes Gesicht. Eine Flasche jeder? Du musst nicht so viel trinken wie er, Illaun. Soll er sich umbringen, wenn er will. Ich wurde langsam beschwipst.
    »Okay, machen Sie ruhig«, sagte ich und fuchtelte mit der Hand, aber ich wusste, ich würde ihn nicht allein trinken lassen. Ich kam mir vor wie zu Gast bei Graf Dracula: Der Mann hat Charme, aber er könnte sehr schlecht für dich sein.
    Groot machte dem Kellner ein Zeichen und fuhr mit seiner Geschichte fort. »In den folgenden Jahren habe ich einige grausige Dinge gesehen – bei den schlimmsten waren Kinder im Spiel. Aber nach einer Weile hatte ich das Gefühl, dass die Aktivitäten der Einheit immer mehr zu einer Hexenjagd wurden, überall sah man satanistische Einflüsse am Werk.
    Nicht dass ich ein Freund von Teufelsanbetung wäre, wohlgemerkt.«
    Und wie sieht es mit Vampirismus aus? »Haben Sie deshalb den Polizeidienst verlassen?«
    »Die Einheit, ja. Dass ich bei der Polizei aufhörte, hatte mehr mit meiner Einstellung gegenüber dem Justizsystem zu tun. Und mit dem Tod meines Vaters.«
    »Wie ist er gestorben?«
    »Er wurde wegen seiner Armbanduhr getötet. Nein, schlimmer noch – weil er nicht sagen konnte, wie spät es ist.«
    »Das müssen Sie erklären.«
    Groot schenkte uns beiden von der zweiten Flasche ein und trank einen größeren Schluck, ehe er fortfuhr. »Vor fünf Jahren ging mein Vater eine Straße im Zentrum von Johannisburg entlang, als ihn ein junger Schwarzer anhielt und nach der Uhrzeit fragte. Die Uhr meines Vaters war am Tag zuvor stehen geblieben, er wollte eine Batterie für sie kaufen, trug sie aber dennoch am Handgelenk. Als er also sagte, er wüsste nicht, wie spät es sei, wurde der Mann wütend und versuchte, ihm die Uhr vom Handgelenk zu reißen. Dad kämpfte mit ihm, der Kerl zog eine Waffe und schoss ihm in den Bauch. Als mein Vater blutend am Boden lag, zog ihm der Täter die Uhr vom Handgelenk und schaute darauf. Dann warf er sie aufs Pflaster und schoss noch einmal – diesmal in den Kopf.
    Beim Prozess wies die Verteidigung darauf hin, mein Vater habe sehr wohl gewusst, dass es unklug war, in einem gesetzlosen Teil der Stadt mit einer wertvollen Uhr herumzulaufen, und dass er sie einfach hätte aushändigen sollen. Sie führte auch an, ihr Klient, ein Herumtreiber aus einer der Townships, habe Aids und sei wegen Gehirnverletzungen nicht zurechnungsfähig. Man befand ihn des Totschlags schuldig. Da der Richter davon ausging, dass er wegen seiner Krankheit nicht lange im Gefängnis durchhalten würde, gab er ihm eine Strafe, die, wie er sagte, auf lebenslänglich hinauslief -drei Jahre. Nach einem wurde er freigelassen. Und nur damit es kein Missverständnis gibt: Der Richter war weiß.
    Für mich war es ein klassischer Fall von Überkompensation für eine schuldbeladene Vergangenheit. Mein Vater hatte es nicht verdient, auf dem Altar der political correctness geopfert zu werden. Als wäre es nicht schon ironisch genug, dass er von einem der Menschen getötet wurde, deren Heilung er sein Leben verschrieben hatte – der Kranken und Benachteiligten. Es machte sein Leben und alles, was er getan hatte, irgendwie sinnlos.« In Groots Stimme schwang Verbitterung. Er trank sein Glas leer und schenkte sich großzügig nach.
    Ich genehmigte mir einen Fingerhut voll. »Was für eine furchtbare Geschichte«, sagte ich. »Aber es hat das Gute, das Ihr Vater getan hat, nicht ungeschehen gemacht. Die Menschen, denen er wieder zu Gesundheit verhalf, die sind sein Vermächtnis.«
    Groot seufzte. »Das stimmt natürlich. Aber manchmal fällt es einfach schwer, die richtige Perspektive zu wahren.« Er prostete mir zu. »Ich hoffe, Sie verlieren Ihre nie aus den Augen.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie haben mit der Einwanderung jetzt eine völlig neue Situation in diesem Land. Ich habe gehört, dass es noch nicht

Weitere Kostenlose Bücher