Die Pestglocke
– deiner Meinung nach eine byzantinische Ikone – schließlich verbrannt. Dreihundertfünfzig Jahre später stiftet Miss Duignan das Fenster der neuen katholischen Kirche und gibt Anweisung, die Symbole darin aufzunehmen. Noch einmal hundert Jahre später kommt die Statue ans Licht.«
Ich nickte. Das waren im Wesentlichen die Fakten.
»Eine Frage: Wieso besaß Miss Duignan die Information, und nicht die Mortimers?«
»Ich vermute, sie war ein Nachfahre der Familie, die von der Gräfin damit beauftragt wurde, die Statue und den Schatz zu verstecken. Es war eine wohlbekannte Übung, religiöse Artefakte in Zeiten der Gefahr bei bestimmten Familien zur sicheren Aufbewahrung unterzubringen – Kulturerbeverwalter, wenn man so will.«
»Hm. Du könntest recht haben. Meines Wissens starb Joan selbst kurz nach der Pestzeit, sie kam also vielleicht nicht mehr dazu, das Wissen in ihrer eigenen Familie weiterzugeben. Und dabei fällt mir ein, dass die Mortimers ohnehin im 15. Jahrhundert in Castleboyne ausstarben.«
»Dann kann Ross Mortimer also kein Nachkomme sein?«
»Vermutlich nicht.«
»Hm …«
»Ich weiß, du traust ihm nicht, aber ich dachte, Gallagher hat ihn bereits aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschlossen.«
»Was den Einbruch in mein Haus angeht oder als Dieb und Fahrer des Wagens – dafür kommt er nicht in Frage, klar. Aber er steckt nicht allein in der Geschichte. Ich denke, es begann mit Terry Johnston, es hat etwas mit Ben Adelola zu tun, und ich bin fest davon überzeugt, dass Darren Byrne ebenfalls in die Sache verwickelt ist. Und bei all dem geht es um die Suche nach dem Schatz, von dem sie nun aus irgendeinem Grund beschlossen haben, dass er sich nicht in der Statue befindet.«
»Oder es ist das, was du glauben sollst. Hast du irgendeine Vorstellung, was dieser ›Hauptschatz‹ sein könnte?«
»Wenn ich bei dem, was unsere Datenbank ausgespuckt hat, zwischen den Zeilen lese, dann kommt es mir vor, als wären der Hauptschatz des Schreins und die Reliquie, die Robert de Fay aus Jerusalem mitgebracht hat, ein und dasselbe.«
»Damit sind wir aber nicht viel schlauer, Illaun.«
»Mag sein. Aber es ist wahrscheinlich mehr, als sie wissen.«
Es klopfte höflich an der Tür, ehe sie von Arthur geöffnet wurde.
»Tut mir leid, wenn ich euch bei der Arbeit störe ...« Er sah mich an. »Du wirst dringend am Telefon verlangt. Hat vorhin schon geläutet ...« Er stützte sich mit einer Hand schwer auf den Türknauf, mit der anderen auf seinen Stock und wandte sich zum Gehen. Ich stand auf, um ihm zu folgen.
»Du kannst den Anruf hier entgegennehmen«, sagte Finian. »Ich hatte nur den Klingelton abgestellt.« Er schob seinen Stuhl zurück, um mir Platz am Schreibtisch zu machen.
»Illaun, hier ist Matt Gallagher. Ich bin im St.-Loman-Krankenhaus. Pete ist bei mir. Es hat ein paar Entwicklungen gegeben, über die Sie Bescheid wissen sollten. Auf der Intensivstation liegt ein neuer Fall. Ein Mann namens Joseph Ngozi.«
Mein Herz setzte einen Schlag aus.
»Er ist der Vater von ...«
»Aje, ich weiß. Einer von Stephen Boltons Freunden. Haben Sie die Familie nicht wegen des Messers befragt?«
»Ja, und wir haben eines mit getrocknetem Blut an der Klinge beschlagnahmt. Der Junge hat es in einem Baum gefunden und mit nach Hause gebracht. Darren Byrne hat die Familie in der Zeitung mit Namen genannt, und heute Morgen kam es vor dem Krankenhaus beinahe zu Tumulten. Dazu kommt noch, dass Dr. Abdulmalik unerlaubt vom Dienst ferngeblieben ist.«
»Was?«
»Ja. Hören Sie, Pete möchte – einen Augenblick, er sagt gerade etwas zu mir …«
Finian stieß mich an. Er formte »Was ist los?« mit den Lippen.
Ich schüttelte nur den Kopf. Ich war ehrlich verdattert.
Gallagher war wieder zu hören. »Okay. Pete meint, Sie sollten ins Krankenhaus kommen. Dann ist alles leichter zu erklären. Aber ich soll Ihnen sagen, dass er recht gehabt hatte, was die Krankheit angeht. Ich finde auch, es wäre hilfreich, wenn wir alle an einem Tisch versammelt wären, einschließlich Dr. Gavin – falls ich sie finde.«
»Fall Sie sie finden?«
»Hören Sie – kommen Sie so schnell wie möglich. Wir sind in der Cafeteria. Das ist der einzige Ort hier, wo ich mir nicht vorkomme, als würde ich gleich als Patient eingeliefert.«
Während ich mich auf den Weg machte, erklärte ich Finian so gut es ging, was ich erfahren hatte. »Und tausend Dank für deine Recherche«, fügte ich an und küsste ihn in der Tür
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