Die Pestmagd
Klopfen missmutig öffnete, sank Rutgers Vorfreude auf die sinnlichen Wonnen jäh in sich zusammen.
» Eigentlich sollte ich keinen von euch geilen Böcken mehr hereinlassen«, murmelte Wolter, während er den Weg zum Vorraum freigab, der heute gähnend leer war. Nicht einmal richtig warm war es, obwohl der kleine Ofen laut vor sich hin bullerte. » Die Franzosenkrankheit habt ihr mir schon angeschleppt. Wer weiß, ob ihr mir jetzt nicht auch noch die Pest ins Haus tragt!«
Für seine Unverschämtheiten hätte er ein paar Backpfeifen verdient oder einen kräftigen Tritt in den Wanst. Doch Neuhaus entschloss sich, seine Kraft für Wichtigeres aufzuheben.
» Ohne uns könntest du auf der Stelle zusperren«, erwiderte er kühl. » Mich interessiert nur eines: Ist Bela frei? Und versuch bloß nicht, mir wieder ein anderes deiner verfilzten Weibsbilder anzudrehen. Bela will ich, sonst keine, verstanden?«
» Seid Ihr denn auch wirklich gesund?« Conrat Wolter beäugte ihn misstrauisch. » Mir ist zu Ohren gekommen, dass man diese schwarzen Beulen, die den Tod bringen, nicht nur unter den Achseln, sondern auch an den Beinen haben kann. Eigentlich sollte ich ja verlangen, dass Ihr den Mantel auszieht und die Hosen runterlasst, damit meinen Mädchen bloß nichts zustößt. Und teurer muss ich auch werden in diesen düsteren Zeiten schwerer Verluste. Die Schwarze Marusch, eine meiner Besten, hab ich hergeben müssen, weil ihr Freier so knickrig seid, dass sie einigen von euch in die Taschen greifen musste, um auf ihre Kosten zu kommen.«
» Ich hab bislang immer doppelt und dreifach bezahlt«, raunzte Neuhaus, der allmählich die Geduld verlor, ihn an. Wahrscheinlich hatte der Hurenwirt mit ihr unter einer Decke gesteckt, aber was ging ihn das an? » Bring mich jetzt zu Bela – sonst siehst du mich hier nie wieder.«
» Ihr müsst Euch noch ein Weilchen gedulden«, versuchte Wolter einzulenken. » Aber sie wird gleich so weit sein. Wollt Ihr inzwischen einen Becher Wein?«
Rutger nickte, obwohl er den Sauerampfer kaum hinunterbekam. Wie er es hasste, hier herumzusitzen, während sie einen anderen Kerl befriedigte! Aber draußen war es noch unwirtlicher. Und zu gehen, ohne bekommen zu haben, wonach es ihn verlangte, wäre ihm wie eine Niederlage erschienen.
Aus den Kammern drangen verräterische Geräusche: Lachen, Klatschen, die Stimme eines Mannes, der einen fremdländischen Frauennamen rief, wieder und immer wieder.
Dann ein kehliger Schrei, der ihn zusammenzucken ließ. So schrie nur Bela, wenn sie die höchsten Höhen erklomm!
Wenige Male war es ihm gelungen, sie dazu zu bringen. Die meiste Zeit hatte sie die Beherrschung behalten und sich ganz und gar seiner Befriedigung gewidmet. Trotzdem war es, als hätte er soeben einen Fausthieb in den Magen erhalten.
» Wer ist gerade bei ihr?«, fragte er, als Wolter mit dem Wein kam.
» Irgend so ein junger Spund«, sagte der Hurenwirt, bevor er sich wieder verzog. » Kommt ziemlich oft in letzter Zeit.« Er zwinkerte ihm verschwörerisch zu. » Die haben deutlich mehr Ausdauer als unsereins.«
Jetzt ließ Rutger Neuhaus Belas Tür nicht mehr aus den Augen.
Eine halbe Ewigkeit schien zu verstreichen, bis sie endlich aufsprang und den geheimnisvollen Freier ausspuckte. Beinahe hätte Neuhaus einen Schrei ausgestoßen, als er erkannte, wer Bela soeben solche Wonnen bereitet hatte – der, den sie Krähe nannten.
Er wirkte so abgerissen wie immer, hatte sich zum Schutz gegen die Kälte und Nässe ein altes Lodenstück um die Schultern gewickelt und strebte so zügig der Tür zu, dass er keine Augen für den Wartenden hatte. Im Laufen nestelte er an seiner Hose, was Neuhaus als besondere Provokation empfand, als wollte der junge Mann ihn mit aller Macht auf das aufmerksam machen, was er gerade vollbracht hatte.
Das wirst du mir büßen, dachte Neuhaus grimmig, als die Krähe draußen war und er sich von dem unbequemen Hocker erhob. Ich will mir eine Überraschung für dich ausdenken, die du so schnell nicht mehr vergisst!
Bela lag, als er hereinkam, im Bett, so verstrubbelt und abwesend, als wäre sie gerade erst aufgewacht. Es missfiel ihm, dass sie sich lediglich aufsetzte, anstatt wie gewohnt aufzuspringen und ihn überschwänglich zu begrüßen.
Träumte sie noch den Umarmungen der Krähe hinterher? Dann würde er ihr zeigen, was ein echter Mann vermochte.
» Hast du mir etwas mitgebracht?«, fragte sie träge, während sie den Mund aufriss und ungeniert wie
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