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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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irregeleiteten Menschen …« Er wollte seiner Aussage durch geschwollenes Daherreden ein besonders wichtiges Gepräge verleihen, »glauben, dass es die große Pestilenz ist und ich kann es den Törichten auch nicht ausreden.«
    »Aber, was ist es dann?«, fragte der Propst, der sich über die gestelzte Ausdrucksweise des vermeintlich geläuterten Arztes wunderte.
    »Das weiß ich auch nicht. Ich bin lediglich ein kleiner Dorfmedicus. Ich weiß nur, dass ich jetzt so viel Arbeit habe, die ich allein kaum noch schaffen kann – zumal ich auch noch dafür Sorge tragen muss, dass die armen Verstorbenen …« Jetzt bekreuzigte sich der Medicus auch noch scheinheilig, »ordentlich, nach christlicher Manier, bestattet werden. Da der Totengräber verschwunden ist, liegt diese Last nun bei mir allein. Wenn ich nur jemanden wüsste, der sich um die bemitleidenswerten Toten kümmert, damit ich mich gänzlich auf meine Patienten konzentrieren kann.«
    Fabio, den die Sache nicht im Geringsten interessierte, wollte sich gerade davonschleichen, als ihn der Propst an seiner zerlumpten Joppe festhielt, während er dem Medicus antwortete: »Ich verstehe Eure Sorge. Ich habe schon von mehreren Seiten gehört, dass Ihr Euch tatsächlich dem Guten zugewandt habt und den Menschen nach besten Kräften zu helfen versucht. Mir ist sogar zu Ohren gekommen, dass Ihr nicht einmal Geld dafür verlangt, sondern nur das nehmt, was Euch die Kranken aus eigenem Antrieb heraus geben. Gott segne Euch dafür.«
    Während der Seelsorger ein Kreuz in die Luft zeichnete, bekreuzigte sich der Medicus.
    »Der Herr leitet mein Tun«, antwortete er mit gespielter Bescheidenheit, einen scheinheiligen Blick nach oben richtend und die Hände mehr reibend als faltend.
    »Aber sagt, mein lieber Schwartz. Wo ist der Totengräber eigentlich?«
    »Wenn ich das wüsste, hätte ich weniger Probleme. Dummerweise hat er sich nicht bei mir abgemeldet.«
    Da er dem Propst gegenüber den Anschein erwecken wollte, dass ihn mit dem Totengräber nur die Arbeit verband, fügte er rein vorsorglich an, dass er Ruland Berging eigentlich nicht mochte und lediglich dessen Akkuratesse bei der Arbeit als Totengräber zu schätzen wusste. »Wenn wir befreundet wären, hätte er mir doch gesagt, wenn er woanders hin gehen möchte und wäre nicht bei Nacht und Nebel abgehauen.«
    »Aber man hat euch öfter in der ›Krone‹ zusammensitzen sehen«, hinterfragte der Priester, obwohl ihm das Argument des Arztes einleuchtete.
    »Das hat sich manchmal zufällig so getroffen. Und wenn, dann haben wir meistens nur die Möglichkeit unserer Zusammenarbeit besprochen.«
    Der Propst konnte nicht erahnen, wie wahr sein Gegenüber sprach und fragte sich, wie es nun weitergehen könne.
    »Wir bräuchten dringend einen Ersatz für den Totengräber … Zumindest so lange hier eine offensichtlich ansteckende Krankheit umgeht!«
    »Könntet Ihr nicht Eure Beziehungen als Priester spielen lassen und dafür sorgen, dass aus unserer geliebten Residenzstadt oder aus der für uns zuständigen Bistumsstadt eine Aushilfe entsandt wird?«, fragte der Medicus.
    Der Propst, der sich während des Gesprächs seine eigenen Gedanken gemacht hatte, sah streng auf Fabio, den er immer noch an seiner Joppe festhielt, herunter. »Bis der Totengräber wieder auftaucht, wirst du seine Arbeit übernehmen. Dafür bekommst du zwar keinen Lohn, aber ein Dach über dem Kopf und täglich ausreichend Speis und Trank! Und solltest du dich bewähren, kann ich dich später vielleicht sogar in kirchliche Dienste nehmen … die selbstverständlich entlohnt werden«, ergänzte der Propst, um Fabio zu ködern. »Na? Was hältst du davon?«
    Fabio war zunächst über dieses Angebot überrascht, überlegte dann aber hin und her.
    Ein Dach über dem Kopf und geregelte Mahlzeiten? Das wäre schon was. Gerade jetzt, wo die kalte Jahreszeit vor der Tür steht. Nur ungern dachte er an den vergangenen Winter, als er monatelang fror wie ein Schlosshund und kaum etwas zu essen hatte.

    Während sich der Propst und der Medicus noch unterhielten, kam in Fabio die Erinnerung an diese Zeit hoch. Auf der Suche nach einem Unterschlupf war er zu der so genannten ›Gäwinde‹ gekommen, einem Einödhof hoch über Staufen auf dem Kapfberg. Ohne die Bauersleute zu fragen, hatte er sich in einem direkt daneben stehenden und zum Bauernhof gehörenden Heustadel eine Lagerstatt hergerichtet. Es hatte zwar durch alle Ritzen gezogen, aber so war er wenigstens

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