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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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einigermaßen vor der Kälte, in erster Linie aber vor Regen und Schnee, geschützt gewesen. Neben dem Stadel war eine Brunnenstube gestanden, aus der er unbemerkt frisches Trinkwasser hatte schöpfen können. Sobald die Bauersleute zu Tisch gegangen waren, war er in den Stall geschlichen, hatte sich unter eine Geiß gelegt und sich die warme Milch direkt in die Kehle gemolken. Manchmal hatten die Schweine ihre Mahlzeiten mit ihm teilen müssen, oder er hatte Eier und Dörrobst gestohlen. Der Bauer Josef und sein Sohn gleichen Namens hätten kurzen Prozess mit ihm gemacht, wenn sie ihn entdeckt oder gar beim Stehlen erwischt hätten. So hatte er ständig in der Angst gelebt, aufzufliegen. Auf den Gedanken, sich den Bauersleuten zu stellen und ihnen vorzuschlagen, auf dem Hof mitzuhelfen, um sich seine Übernachtungsmöglichkeit und etwas zum Beißen zu verdienen, war Fabio nicht gekommen. In seinem Versteck im oberen Stock des Stadels hatte er genügend Licht gehabt. Eines der Giebelfensterchen hatte genau in Richtung des Bauernhofes gelegen. So hatte er stets gesehen oder gehört, wenn jemand zum Stadel gekommen war, um Raufutter für die Tiere zu holen. Da der Weg zum Heulager nicht geräumt gewesen war, war der Jungbauer Josef ein- bis zwei Mal in der Woche mühsam durch den kniehohen Schnee gestapft, um an das getrocknete Gras zu kommen. Dann hatte Fabio schnell seine paar Habseligkeiten zusammenkramen und sich damit hinter den Heinzen , die dort den Winter über lagerten, verstecken müssen.
    Wenn er zum anderen Giebelfenster hinausgeschaut hatte, hatte er bis zum Waldrand sehen können, zu dem sich täglich Rotwild, Hasen und Füchse gewagt hatten. Er hatte gehofft, dass die Spuren seiner Notdurft, die er direkt durch dieses Fenster hinaus verrichtet hatte, nicht entdeckt werden würden. Aber da der Schnee meterhoch gelegen war, hatte sich kein Mensch hierher verirrt. Und bis der Schnee zu schmelzen begonnen hätte, hatte er längst wieder weg sein wollen. Wenn die Sonne schien, hatten sich die ›Landern‹, große Holzschindeln, mit denen das Dach gedeckt war, erwärmt, ebenso wie die Steinbrocken, die sie beschwerten. So war es an manchen Tagen zwar gemütlich warm, aber in den Nächten saukalt gewesen. Um der Kälte einigermaßen zu trotzen, hatte er sich eine alte Pferdedecke ›ausgeliehen‹, die er im Frühjahr wieder zurückgelegt hatte.
    Mit Dankbarkeit erinnerte sich Fabio noch an die Wachteroma. Die betagte Seniorin des Hofes war die Einzige, die von ihm als Untermieter gewusst hatte. Ab und zu hatte sie ihm eine warme Suppe in die obere Tenne gestellt und ihm dann zugewunken. Dann hatte er sich beeilen müssen, um vor den unzähligen Katzen, die es auf dem Hof gab, am Napf zu sein. Die alte Frau hatte ihn auch nicht verraten, wenn die Bäuerin wieder einmal über die Hühner geschimpft hatte, weil diese plötzlich und unverständlicherweise so wenige Eier gelegt hatten.
    »Ja ja, die Marder«, hatte die alte Wachterin dann immer nur gesagt.

    So schlimm wäre es eigentlich nicht, wenn ich das Angebot des Pfaffen annehmen würde! … Oder doch?, überlegte Fabio, der jetzt eine wichtige Entscheidung treffen musste, hin und her.
    Falls er zusagte, würde er sich zum ersten Mal in seinem Leben verdingen, und dass er jetzt plötzlich arbeiten sollte, mochte ihm überhaupt nicht behagen. Aber die gleichsam stechenden, wie hoffnungsvollen Blicke des Propstes und des Arztes fragten nicht nach seinen Wünschen und nötigten ihm jetzt eine sofortige Entscheidung ab.
    Ich kann ja immer noch damit aufhören und abhauen, wenn es mir zu viel wird, dachte er und gab den beiden durch stilles Nicken seine Zusage.
    Während der berechnende Arzt in sich hinein grinste, zeigte sich der Propst erleichtert. »Ist Euch damit gedient, Medicus? Jetzt könnt Ihr schalten und walten, wie Ihr wollt. Ich habe mit der Organisation der Beerdigungen nichts zu tun und überlasse alles diesem jungen Mann hier.«
    Na prima, dachte Fabio und verdrehte die Augen, als ihn der Propst in seiner überschwänglichen Freude an sich drückte.
    »Ich widme mich also auch fürderhin meiner eigentlichen Arbeit, dem aufwändigen und zeitraubenden Dienst an der Kirche. Und wenn es weitere Todesfälle zu beklagen geben sollte, gehe ich in die Häuser, reiche die Sterbesakramente und begleite die Toten auf ihrem letzten Weg«, stellte der Propst seinen Stellenwert und die momentane Situation klar, ergänzte aber noch, dass er sich, sollte es sich

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