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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Arztes Propst Glatt gegenüber.
    »Das mag wohl stimmen. Aber fehlt denn außer Berging einer?«, konterte der Medicus selbstbewusst und blickte ins Rund. »Na, also!«
    Obwohl sich der Kastellan und der Propst zur Leiche hinunterbückten, konnten sie außer wuselndem Getier im Gesicht des Toten keine Barthaare sehen, nickten aber zustimmend, um schnell wieder Abstand vom Toten zu gewinnen.
    »Kommt zu mir, meine lieben Brüder im Herrn«, sagte der Propst und trat etwas beiseite. »Lasset den Medicus seine Arbeit machen und uns ein Gebet sprechen.«
    Während der Priester mit den Umstehenden das Vaterunser betete, sah sich der Medicus den Toten genauer an und ließ von Fabio die Reste seiner Beingewandung öffnen.
    »Ja, es ist Ruland Berging. Jedenfalls ist klar, dass es sich zweifelsfrei um einen Geschlechtsgenossen handelt. Außerdem erkenne ich seine schwarze Gewandung wieder.«
    »Na ja …«, wollte der Kastellan den schwachen Beweis wegen einer schwarzen Gewandung schon wieder anzweifeln, wurde aber sofort unterbrochen.
    »Seht hier.« Der Medicus deutete auf eine Narbe am rechten Oberschenkel. »Diese Verletzung habe ich behandelt. Die hat er sich zugezogen, als er einen Sarg runtergelassen hat«, log er. Dass er diese Wunde noch nie zuvor gesehen hatte, wusste ja niemand – also gab es keinen Grund, ihm nicht zu glauben.
    Somit hatte er einen zwar verlogenen, nach außen hin aber glaubhaften Beweis für die Identität des Toten, gegen den der Kastellan nicht ankam. »Irrtum ausgeschlossen?«, fragte er.
    Da der Medicus dieses kleine Duell gewonnen hatte, gestattete er sich ein Späßchen und schob die Reste der Beingewandung ganz beiseite. »Na, ja!«, lachte er. »Aber dass es ein Mann ist, könnt Ihr jetzt selbst sehen.«
    »Seid Ihr verrückt!«, entgegnete der Kastellan und wich entsetzt zurück.
    »Befleißigt Euch des Respektes vor Toten und bedeckt ihn sofort wieder«, forderte auch der Priester, der dies trotz der Beterei mitbekommen hatte, den Medicus auf.

    »Stellt Euch nicht so an. Man sieht doch fast nichts mehr. Die Maden und die Würmer haben nicht mehr viel von seiner ehemaligen Männlichkeit übrig gelassen.«
    Als wenn es sie selbst getroffen hätte, fassten sich einige der Männer intuitiv mit beiden Händen schützend an ihr eigenes Gemächt, während sich ihre Gesichtszüge so verzogen, als hätten sie an der bewussten Stelle Schmerzen.
    »Jetzt reicht es aber!«, schrie der Propst erzürnt und verteilte rein vorsorglich den Segen, worauf die Männer zumindest eine Hand benötigten, um das Kreuz nachzuzeichnen.
    Aber der Kastellan ließ nicht locker. Nachdem er sich vom ersten Schrecken erholt hatte, fragte er den Medicus, was es mit den Zähnen der Leiche auf sich habe.
    »Da ich mit dem Totengräber nicht allzu viel zu tun gehabt habe, kann ich mich nicht so gut an sein Gebiss erinnern wie an seine Oberschenkelwunde.«
    »Aber Ihr habt euch doch immer in der ›Krone‹ getroffen?«, hinterfragte der Kastellan und ließ ein gefährliches Funkeln seiner Augen folgen.
    »Das mag schon sein, dass ich ihm bei unseren Gesprächen in Bezug auf die gemeinsame Arbeit hier und da aufs Maul geschaut habe. Aber ich habe nicht hineingeschaut. Der Totengräber hat genau so faule Zähne gehabt wie die meisten von uns«, ließ sich der Medicus nicht aus der Reserve locken und ergänzte, er könne ja gehen und dem Kastellan gerne die unbezahlte Arbeit hier überlassen.
    »Nun seid nicht so empfindlich und macht weiter«, ermunterte ihn der Propst, mit seiner Ermittlung fortzufahren.
    Bevor der Medicus weitere Feststellungen von sich gab, strich er mit seinem Stab so lange die Maden und die Blutegel aus dem Gesicht des Toten, bis die Mundhöhle einigermaßen frei war. Dass es die Zeugen dieser Leichenbeschau bei diesem Anblick zusätzlich grauste, störte ihn nicht im Geringsten.
    »Wie gesagt, faule Zähne, die jegliches Weiß vermissen lassen«, schnarrte er kurz und bündig und fügte, nachdem er so getan hatte, als würde er das Gebiss genauer betrachten, noch ein »Oh!« hinzu.
    »Was ist?«, fragte der Kastellan, der zunehmend Hoffnung geschöpft hatte, dass es sich tatsächlich um Ruland Berging handelte, unruhig.
    »Jetzt bin ich mir auch hier absolut sicher«, verkündete der Medicus mit gespieltem Stolz. »Das ist tatsächlich das Gebiss des Totengräbers. Ich erkenne es an diesem abgebrochenen Schneidezahn. Seht Ihr?«
    Während er den Kastellan heranwinkte, stellte dieser schon wieder die

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