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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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dies auch der Totengräber erfahren könnte … wenn er denn überhaupt noch lebte und wieder auftauchte. Da er befürchtete, dass sich Ruland Berging ganz in der Nähe aufhalten könnte, blickte er sich nach allen Seiten um. Dass er ursprünglich befürchtet hatte, der Tote könnte Otward sein, verschwieg er ebenfalls.
    Der Medicus schaute sich um und ließ sich erst die genaue Fundstelle zeigen, bevor er sich der Leiche zuwandte. Er betrachtete sie lange und genau … zumindest tat er so.
    »Könnt Ihr ihn auf die Seite drehen?«, fragte er den zufällig neben ihm stehenden Rudolph, der nur den Kopf schüttelte, bevor er sich eine Hand vor den Mund hielt und abermals zum nächstbesten Baum rannte.
    »Hat er was?«, fragte der Medicus, dem natürlich klar war, weshalb sich die Schlosswache so verhalten hatte.
    »Fabio!«, rief der Kastellan in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ.
    Der zwischenzeitlich vom Aushilfs-Leichenbestatter zum fest bestallten Leichenbestatter avancierte Bursche fluchte zwar in sich hinein, tat aber, um was er ohnehin nicht herumkommen würde, und drehte den Leichnam zur Seite. Trotz aller Vorsicht konnte er nicht verhindern, dass aufgrund der Bewegungen wieder etliche Weichteile des durch und durch labbrigen Körpers, der irgendwie aussah, als wenn er gekocht worden wäre, abfielen.
    Als sie dies sahen, wandten sich einige der Männer vom Geschehen ab.
    Dass der Medicus grinsen musste, konnte wegen dessen Maske niemand sehen.
    »Exitus! Ich stelle hiermit fest, dass dieser Mensch tot ist!«, rief er in zynischem Ton, bevor er damit begann, mit seinem Stock zuerst an und dann in der Leiche herumzustochern.
    »Weiß jemand, um wen es sich hier handelt?«, fragte er in die Runde und bekam außer allseitigem Kopfschütteln vom Kastellan nur zur Antwort, dass es eventuell Ruland Berging sein könne.
    »Das glaube ich auch«, schoss es fast eine Spur zu schnell aus dem Arzt, dem es gerade recht gekommen war, dass diese Vermutung ein anderer ausgesprochen hatte. Und dass dies ausgerechnet der Kastellan gewesen war, gefiel ihm sogar noch besser.
    Die Vorstellung, dass sich der Totengräber wieder in Staufen blicken lassen könnte, behagte dem Medicus gar nicht. So hoffte er, dass es sich bei dem Toten tatsächlich um Ruland Berging handelte. Da ihm Fabio so viel Arbeit abnahm, was der Totengräber niemals getan hätte, und nichts dafür verlangte, müsste er Fabios geldgierigen Vorgänger sofort verschwinden lassen, falls er wieder auftauchen und sich in seine Arbeit einmischen würde. Durch Fabios Hilfe verdiente er jetzt wesentlich mehr, und das würde er sich von niemandem mehr nehmen lassen – auch nicht von seinem alten Kumpan, auch wenn dieser noch so der Urheber der profitablen Pestmorde gewesen war. Deswegen zog er es vor, die ihm unbekannte Leiche als Ruland Berging zu identifizieren, ging dabei aber achtsam und dementsprechend taktisch vor. »Um mehr über den bedauernswerten Menschen zu erfahren, müsste ich ihn genauer untersuchen, was beim Zustand dieser Leiche selbst für mich eine Zumutung ist«, verkündete er glaubhaft.
    »Was würdet Ihr dafür verlangen?«, fragte der Kastellan.
    »Nichts! Das ist keine Frage des Geldes«, empörte sich der Medicus künstlich. »Um der Allgemeinheit willen würde ich die Untersuchung selbstverständlich kostenlos vornehmen«, log er, wies aber dezent darauf hin, dass momentan tagtäglich Kranke zu ihm kämen und es seine Aufgabe wäre, sie vor zusätzlicher Ansteckung zu bewahren. »Und dazu gehört auch, dass ich sie nicht auch noch mit Leichengift infiziere.«
    Das saß! Während die Gaffer entsetzt einen Schritt zurückwichen, schauten sich der Kastellan und der Propst, der mittlerweile ebenfalls am Entenpfuhl angekommen war, an und nickten verständnisvoll.
    »Aber wie können wir dann herausbekommen, um wen es sich bei diesem Leichnam handelt? Ist es definitiv ein Mann oder ist es vielleicht eine Frau?«, fragte der Propst besorgt und schlug das Kreuz. »Jeder spricht hier nur von dem und nicht von der Toten.«
    »Es ist ein Mann … und es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Ruland Berging«, antwortete der Medicus betont gelassen.
    »Der verschwundene Totengräber? – Wie kommt Ihr so schnell darauf?«
    »Hier! Seht selbst: Bei genauerem Hinsehen kann man eindeutig Reste eines dunklen Bartes, wie ihn der Totengräber trug, erkennen.«
    »Dunkle Bärte tragen hier viele«, relativierte der Kastellan die Aussage des

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