Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
Vom Netzwerk:
Frage, ob er sich wirklich sicher sei.
    »Ja! Ich kenne zwar sein Gebiss nicht genau, kann mich aber an diesen schräg abgebrochenen Zahn erinnern.« Als er dies sagte, tippte er mehrmals mit seinem Stab so fest gegen den bewussten Zahn, dass es klackte.
    »Schon gut: Ihr könnt jetzt aufhören. Ich glaube Euch«, unterbrach der Kastellan den unwürdigen Umgang des Arztes mit dem Toten. »Also: Was ist Euer Fazit?«
    Nachdem der Medicus gestenreich zusammengefasst hatte, worauf sich das Ergebnis seiner Identifizierung stützte, verkündete er noch, dass er ein Gewaltverbrechen definitiv ausschließen könne und der bedauernswerte Mann wohl eines natürlichen Todes gestorben war.
    »Wahrscheinlich war er besoffen und ist ertrunken!«, rief er so laut in die Runde, damit es ja alle hören konnten.
    Dass er unter den Fingernägeln des Toten Haut- und sogar Fleischpartikel, die von einem Kampf herrühren könnten, gefunden hatte, verschwieg er. Mit der Beseitigung der Leiche drängte er aber unmerklich zur Eile. »Um eine seuchenhafte Verbreitung durch das Leichengift zu verhindern, schlage ich dringend vor, die Überreste unverzüglich zu verbrennen. Um ein höchstes Maß an Sicherheit zu gewährleisten, sollte dies gleich hier geschehen, Außerdem kann der Torso sowieso kaum noch transportiert werden.«
    »Ihr seid also absolut sicher, dass es sich um Ruland Berging handelt? Und Ihr seid ebenso sicher, dass es kein Gewaltverbrechen war?«, vergewisserte sich der Kastellan nochmals.
    Da beide Fragen mit einem klaren ›Ja‹ beantwortet wurden und in Staufen niemand als vermisst gemeldet war, gab es keinen triftigen Grund, das eigentlich vernünftig klingende Ansinnen des Arztes abzulehnen.
    »Wisst ihr, ob in Staufen jemand vermisst wird?«, fragte der Kastellan dennoch in die Runde und bekam zum allseitigen Kopfschütteln die Aufforderung, den Vorschlag des Arztes unverzüglich anzunehmen.
    Obwohl ihn ein ungutes Gefühl beschlich, konnte sich der Kastellan der Zustimmung zur Verbrennung kaum noch entziehen. Bevor er aber diese wichtige Entscheidung treffen würde, wollte er die Meinung des Propstes hören. Die beiden zogen sich etwas zurück und beratschlagten lange darüber. Dabei wogen sie nicht nur das Für und Wider ab, sondern unterhielten sich auch über die Sache mit dem verschwundenen Sohn des Blaufärbers. Nachdem der Kastellan dem Propst alles darüber erzählt hatte, fragte der ihn, was er davon halten würde, wenn er schnell zu der Familie hinüberginge, um sich nach deren Wohlergehen zu erkundigen.
    »Wie willst du das denn anstellen, ohne den braven Leuten neuerlichen Schmerz zuzufügen? Sie haben das Verschwinden ihres jüngsten Sohnes Didrik bei weitem noch nicht überwunden. Außerdem hat der Medicus in dem Toten eindeutig Ruland Berging erkannt … Eindeutig!«, gab der Propst mit erhobenem Zeigefinger zu bedenken.
    Der Kastellan überlegte ein Weilchen und kam zu dem Schluss, dass sich der Blaufärber sicherlich sofort bei ihm gemeldet hätte, wenn sie neben ihrem jüngsten Sohn nun auch noch Otward vermissen würden.
    »Du hast recht, Johannes! – Der Tote muss Ruland Berging sein«, stellte er mehr oder weniger beruhigt fest und sparte sich den Gang zur Familie Opser. Je länger er darüber nachdachte, umso mehr überkam ihn trotz der Anwesenheit des Todes ein Gefühl innerer Ruhe und Zufriedenheit. Und wenn er daran dachte, was er seiner Frau würde berichten können, streifte ihn sogar ein Anflug von Glück. Jedenfalls hatte sich für seine Söhne die drohende Gefahr halbiert – wenn denn überhaupt noch Gefahr für das Leben der beiden bestand.
    Da jetzt alle Augen zwischen der Leiche und Ulrich Dreyling von Wagrain hin und her huschten und er in seiner Eigenschaft als amtierender Ortsvorsteher unter Entscheidungsdruck stand, neigte er jetzt dazu, sich dem Vorschlag des Arztes anzuschließen.

    »Wenn ich auf einer Rücksprache mit Oberamtmann Speen bestünde, würde viel Zeit verstreichen, was dem Zustand des Toten noch mehr schaden und eine weitere Untersuchung unmöglich machen würde. Außerdem kann ich die Verantwortung für eine drohende Ausbreitung einer Seuche durch Leichengift nicht auf mich nehmen. Was meinst du?«, tuschelte er dem Propst ins Ohr.
    »Na, endlich«, murmelte der Pfarrherr, verdrehte dabei die Augen und bekreuzigte sich als Dank für diese göttliche Eingebung.
    Also raffte sich der Kastellan schweren Herzens dazu auf, dem Vorschlag des Arztes sowie dem sanften

Weitere Kostenlose Bücher