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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Hahnenfuß!«
    »Was ist damit?«
    »Nicht viel. Nimm ihn ein, und du bekommst Verdauungsstörungen.«
    »Aha!«
    Vorsichtig fingerte Eginhard weiter im Schrank herum und holte jetzt Beeren heraus. »Seidelbast! – Übelkeit, Erbrechen, Herz-Kreislaufstörungen«, sagte er, hielt aber schon alle Pflanzenteile des Schellenbaumes, die Hautreizungen und Bewusstseinsstörungen hervorriefen, in den Händen. Er gab seinem Vater von allen Pflanzen, die er nacheinander aus dem Schrank fischte, ein paar, die sofort in einem mitgebrachten Jutesack verschwanden. Je tiefer er sich in den Schrank vorarbeitete, umso giftiger schienen die getrockneten Gewächse, die hier büschelweise lagerten, zu sein. Schon wieder hielt er Blätter und Knollen in den Händen. »Alpenveilchen! – Sie erzeugen Krämpfe, Schwindel und Kreislaufstörungen, sind aber nicht tödlich«, bemerkte er. »Vater, pass auf, dass du die Pflanzen nicht zerdrückst, damit ich mich bei der genauen Identifizierung leichter tue. Außerdem sind sie Beweismittel.« Eginhard nahm jetzt seine Kerze, die er zuvor auf den Boden gestellt hatte, um den Schrank besser ausleuchten zu können. »Das darf nicht wahr sein. – Wahnsinn!«
    »Was ist?«, fragte der Vater erschrocken.
    »Aconitum napellus! – Und davon auch noch alles.«
    »Ich verstehe dich nicht«, schimpfte der Kastellan. »Du weißt, dass ich dein Fachlatein nicht beherrsche.«
    »Entschuldige Vater, ich erkläre dir alles in Ruhe, wenn wir zu Hause sind. Bei dieser Pflanze handelt es sich um den Eisenhut.«
    »Na und? Was ist damit?«
    »In hoher Dosis ist die Einnahme absolut tödlich. Sie führt zu Unterkühlung, Herz- und Atemlähmung sowie zu Krämpfen … und schließlich zum Tod.«
    »Wahnsinn!«, entfuhr es jetzt dem Vater.
    »Sag’ ich doch! Was haben wir denn hier noch? Auch nicht schlecht, um Menschen zu töten.«
    »Was denn?«
    »Ganze Büschel des Gefleckten Schierlings, dessen Einnahme zu Lähmungen führt und – hochdosiert verabreicht – mit Atemstillstand enden kann! Aber was ist das in dem Beutel?« Wie von einem Fieber gepackt, öffnete Eginhard ein Leinensäckchen und fand darin kleine Körnchen, die er bei dem schlechten Licht aber nicht gleich erkennen konnte. »Wenn das auch noch der Samen des Schierlings ist, dann kann dies nur bedeuten, dass der Medicus alles andere im Sinn gehabt hat, als damit Kranke zu heilen.«
    Eginhard inspizierte den Schrank noch ein Weilchen, bis er sagte: »Ich habe gefunden, was ich wollte. Hier sind nur noch ein paar gewöhnliche Gartenkräuter: Schnittlauch, Petersilie und …« Als er die vermeintlichen Gartenkräuter etwas genauer betrachtete, entfuhr ihm ein »Um Gottes willen!«
    »Was ist jetzt schon wieder? Ich habe gedacht, du bist fertig«, zuckte der Vater zusammen.
    »Das habe ich auch gedacht, aber das ist gar keine gewöhnliche Petersilie, das sind alle Bestandteile der Hundspetersilie, deren Einnahme absolut tödlich ist.«
    Der Kastellan wurde jetzt etwas unruhig und drängte zum Gehen.
    »Was suchst du denn noch?«, fragte er seinen Sohn besorgt.
    »Geld! Mindestens einhundertdreißig Gulden.« So akribisch Eginhard den Schrank auch durchsuchte, er fand keinen einzigen Kreuzer, nicht einmal einen Heller. Nachdem er die Suche nach dem Geld aufgegeben hatte, bat er seinen Vater, die beiden Schranktüren wieder anzunageln.
    »Nichts lieber als das. – Aber dabei musst du mir schon helfen.«
    Der Propst glaubte seinen Ohren nicht zu trauen, als plötzlich laute Geräusche zu ihm hinausdrangen, die nur von einem Hammer herrühren konnten. Er eilte in den Behandlungsraum und zischte: »Geht das nicht leiser? Man könnte euch hören.«
    »Nur noch ein paar Schläge, dann sind wir fertig und können den Raum verlassen.«
    Eginhard und sein Vater wollten noch die Schlafkammer des Arztes inspizieren, mussten aber feststellen, dass diese verschlossen war.
    »Pfui Teufel. Durch die Ritzen zieht ja ein übler Gestank«, stellte Eginhard angeekelt fest, bevor er seinen Vater bat, sich das Schloss genau anzusehen.
    »Weshalb?«
    »Weil wir noch einmal kommen müssen, um nachzusehen, ob hinter dieser Tür das gesuchte Geld versteckt ist. Vielleicht finden wir dort auch noch weitere Beweise.«
    Nachdem der Kastellan die Tür und das Schloss begutachtet hatte, wusste er, welches Werkzeug er das nächste Mal mitbringen musste.
    »Gott sei’s gejubelt, getrommelt und gepfiffen! Wir haben es hinter uns gebracht, ohne dass man uns erwischt hat«,

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