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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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Gegen wen auch? – So, jetzt bist du wieder dran.«
    Darauf hatte Josen Bueb, der jetzt so richtig loslegte, nur gewartet. Dass der Propst einen angemessenen Ton von ihm gefordert hatte, schien ihm dabei völlig egal zu sein. »Wir haben Zeugen, die Fabio zur Tatzeit mit einer Mistgabel gesehen haben … und wir haben Zeugen, denen das merkwürdige Verhalten dieses Diebes am Markttag ganz besonders aufgefallen ist.«
    »Ich sage es jetzt zum letzten Mal: Mäßige deinen Ton … und solange du Fabio keinen Diebstahl nachweisen kannst, nenne ihn nicht noch einmal einen Dieb! – Ist das jetzt endgültig klar?«
    Im Propst begann es zu brodeln. Er bekam so langsam das Gefühl, dass sich in seinem Leib sämtliche Kreaturen der Hölle versammelten und nur darauf warteten, herausgelassen zu werden, um den angriffslustigen Sprecher der Gruppe an den Ort der ewigen Strafen zu verbannen. Er drückte das Holzkreuz seinem Mesner in die Hände und verschränkte die Arme entschlossen vor der Brust, wobei er nicht versäumte, sein um den Hals hängendes Kreuz sichtbar darüber zu drapieren.
    Einer der Männer legte Josen Bueb zur Beruhigung von hinten eine Hand auf die Schulter und ermahnte ihn zu Besonnenheit.
    Dadurch verlief das Gespräch jetzt in vernünftigen Bahnen und endete in einer sachlichen Diskussion, mit deren Ausgang sich die Männer allerdings nicht zufriedengaben. So zogen sie schließlich ab, um weiter nach Fabio zu suchen.
    Der Saukerl wird hängen, dachte sich der Schuhmacher und begann – nachdem sie Abstand gewonnen hatten – laut zu fluchen.

Kapitel 42

    Konstanzes Zustand hatte sich noch immer nicht gebessert – im Gegenteil: Seit sie sich in der Nacht, als Ulrich und Eginhard zusammen mit dem Propst in den Behandlungsraum des verdächtigen Arztes eingedrungen waren, von ihrem Lager erhoben hatte, um zu erfahren, was los war, ging es ihr wesentlich schlechter. Ihr Mann und die beiden großen Söhne wachten jetzt abwechselnd an ihrem Lager und deckten sie immer wieder zu, wenn sie zwischen ihren Hitzewallungen wild um sich haute und dabei die Wolldecke beiseite schlug. Damit seine Mutter die Gifte besser ausschwitzen konnte, hatte Eginhard zusätzlich ein dickes Schafsfell daraufgelegt.
    »Die Blaufärber sind alle tot! … Jetzt werden sie unsere Kinder … Diederich! … Lodewig!«
    »Schhh«, beruhigte sie ihr mittlerer Sohn, der an ihrem Lager saß und ihr heißen Kräutersud einzuflößen versuchte. Das wohltuende Getränk hatte Eginhard zubereitet, bevor er mit seinem Vater das Schloss verlassen hatte. Die beiden wollten zu Resi Dobler und danach zum Propst. Wie ihm Eginhard aufgetragen hatte, tupfte Lodewig seiner Mutter ständig die Halspartie ab und frischte die feuchtkalten Lappen auf, indem er sie in kaltes Wasser tunkte und auswrang, bevor er sie ihr abwechselnd in den Nacken schob und auf die Stirn legte. Außerdem achtete er sorgsam darauf, dass sie sich nicht aufdeckte. Während er dies tat, sprach er unaufhörlich mit ihr – gerade so, als könnte er dadurch verhindern, dass sie für immer einschlief.
    »Auch wenn sie davon zunächst noch schwächer wird, muss sie möglichst stark schwitzen, damit die schädigenden Gifte aus ihrem Körper weichen«, hatte ihm Eginhard eingebläut. »… und sie braucht jetzt viel Zuwendung.«

    Mutter wird sterben, wenn sie eine Entzündung der inneren Atemorgane bekommt. Ach, Sarah, was soll ich nur tun?, dachte Lodewig, der sicher war, dass seine Geliebte ihn auch liebevoll pflegen würde, wäre er krank – umgekehrt würde es sich ebenso verhalten. So vergingen die Stunden. Dabei wurden seine Gedanken immer wieder durch das Fantasieren der Mutter unterbrochen. »Sie sind ermordet worden! Der Totengräber, der …«
    »Schhh.« Lodewig drückte den Oberkörper seiner Mutter wieder sanft auf ihr Lager zurück und deckte sie abermals zu. Er streichelte zart über ihre Wangen und fühlte mit der flachen Hand die Temperatur auf ihrer Stirn.
    »Du glühst ja. Dein Kopf wird immer heißer. Um Himmels willen, du wirst doch nicht sterben. – Lieber Gott, mach, dass sie wieder gesund wird. Bitte!«, flehte er, während er mit einem kurzen Blick nach oben seinem Wunsch Nachdruck verlieh.

    *

    Dass in diesem Moment ein Eselskarren auf den Bechtelerhof zuholperte, konnte Konstanze von ihrem Krankenlager aus nicht mitbekommen. Sähe sie, wer auf dem Kutschbock saß, wäre dies ihrer Genesung vielleicht dienlich gewesen. Wüsste sie aber, wer nicht auf dem

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