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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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rechtzeitig zu warnen, falls der Medicus zu früh zurückkommen sollte. Wenn uns der alte Säufer stört, können wir in meine Wohnung huschen und dort so lange still verharren, bis er in seinen Räumen verschwunden ist.«
    »Aber, aber. Du gottesfürchtiger Mann der Kirche. Du sprühst ja förmlich vor verbrecherischem Tatendrang. Du wirst dich doch nicht der Beihilfe eines Einbruchs schuldig machen?«, fragte der Kastellan nicht allzu ernst.
    »Schwatz kein dummes Zeug, sondern sorge lieber dafür, dass sich Eginhard sputet.«
    »Wenn das so ist, komme ich auch mit. Auf mein handwerkliches Geschick könnt ihr beiden Federlecker sowieso nicht verzichten«, lachte der Kastellan.
    »He! … So nicht«, empörte sich der Propst, während sein Freund schon auf dem Sprung war.
    »Ich hole nur noch Werkzeug. Und du, meine Liebe, legst dich sofort wieder auf dein Lager und trinkst den Kräutersud, solange er noch heiß ist.«
    Bis Konstanze auch nur annähernd verstand, worum es ging, steckten Eginhard und der Kastellan bereits im Wams und machten sich mit dem Propst auf den Weg zum ersten Einbruch ihres Lebens.
    »Seid achtsam!«, rief ihnen die schwer atmende Frau noch nach. Sie wusste zwar immer noch nicht, welcher Teufel den Priester geritten hatte, nahm aber alle Kraft zusammen, den Kamin und den Herd zu schüren. Aber sie schaffte es nicht. Nur mühsam gelang es ihr, nachdem sie zusammengebrochen war, sich in die Schlafkammer zu schleppen, sich auf ihr Lager hochzustemmen und sich zuzudecken.
    Da Lodewig dies bis in seine Kammer hinüber hörte, kam er herbeigeeilt.
    »Um Gottes willen: Was tust du da, Mutter? Du sollst dich doch schonen.«
    Konstanze hustete sich die Lunge aus dem Leib, bevor sie antworten konnte: »Wie soll ich mich schonen, wenn mein Mann und mein Sohn zu Einbrechern werden?«
    Lodewig hatte keine Ahnung, was sie meinte, lachte aber, während er antwortete: »Die wissen schon, was sie tun. Außerdem habe ich unseren Pfarrer gehört, da kann es nicht so schlimm werden«, beruhigte er sie.

    *

    Obwohl der Medicus das Haus schon vor längerer Zeit verlassen hatte, roch es im Flur der Propstei immer noch nach Fusel. Die Tür zum Behandlungsraum des Arztes war nicht abgeschlossen.
    »Das habe ich mir gedacht. Er war betrunken«, flüsterte der Propst und drückte Ulrich und Eginhard Kerzen in die Hände. Dabei wies er ausdrücklich darauf hin, dass diese vom italienischen Papst Urban VIII. persönlich geweiht worden waren.
    »Na, mit dem direkten Segen des Stellvertreters Gottes auf Erden kann ja nichts schiefgehen«, witzelte der Kastellan.
    »Lass deine dummen Sprüche und achtet lieber darauf, dass ihr so wenig Licht wie möglich durch die Fenster nach außen dringen lasst, damit man von der ›Krone‹ aus nicht sehen kann, dass hier jemand ist«, ermahnte der Propst die beiden eindringlich, bevor er in einem dunklen Winkel in Sichtweite des Hauseinganges seinen Posten bezog.
    Eginhard hatte seinen Vater inzwischen instruiert und ihm erklärt, wonach sie suchen mussten. Da der Kastellan handwerklich versierter war als der Studiosus mit seinen Schreiberhänden, ließ ihm sein Sohn den Vortritt beim Öffnen des Schrankes.
    Der erfahrene Mann hob seine Nase und begann zu schnüffeln. »Hier riecht es nach …«
    »Sei still! Das ist meine Sache«, unterbrach ihn Eginhard schmunzelnd. Er freute sich zwar, dass sein Vater helfen wollte und sah ihm auch gespannt zu, wie er geschickt die Türscharniere aushebelte, wollte sich aber nicht in seinen Teil der Arbeit dreinreden lassen.
    »So bleibt das Schloss unbeschädigt, und wir können die Tür nach getaner Arbeit wieder zunageln«, begründete der Vater seine Vorgehensweise.
    Als sie vor dem geöffneten Schrank standen und hinein leuchteten, sahen sie gleich, was Eginhard zu finden gehofft hatte. Sofort roch er an ein paar Büscheln, von denen er auch so wusste, um was es sich handelte. »Kamille – Pfefferminze … harmlos!«, konstatierte er knapp und schob sie vorsichtig beiseite. »Damit der Medicus nichts merkt, müssen wir uns einprägen, wie die getrockneten Pflanzen im Schrank lagern.« Jetzt hielt er ein paar Triebe, Rindenfetzen und Blätter in den Händen.
    »Was ist das?«, fragte ihn der Vater.
    »Holunder, nicht besonders gefährlich. Davon kann man nur Brechreiz bekommen.«
    »Nur?«
    Jetzt sah Eginhard alle Bestandteile einer Pflanze, die er erst noch identifizieren musste. »Komm mit der Kerze etwas näher. Hmmm … Der

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