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Die Pestspur

Die Pestspur

Titel: Die Pestspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Wucherer
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braven Kinder Gottes …«
    Bevor er weitersprach, konnte er sich einen scharfen Blick auf die Bombergs, die gerade von Lodewig in eine der Kirchenbänke geleitet wurden, nicht verkneifen. Wenn es sich hier nicht um einen Bittgottesdienst für eine gemeinsame Freundin handeln würde, hätte er sich vehement gegen eine Beteiligung der Juden an einem katholischen Gottesdienst ausgesprochen. Als er aber sah, dass sich Jakob wie selbstverständlich zu den Männern gesellte und Judith sich mit den Kindern in die linke Bank einreihte, war er einigermaßen zufrieden. Der katholische Geistliche wusste natürlich, dass auch im Judentum Männer und Frauen getrennt an Gottesdiensten teilnahmen. Wenigstens haben wir dies gemeinsam, dachte er sich und fuhr mit Blick auf die Familie der Todkranken fort: »Wir haben uns hier versammelt, um für die Genesung unserer verehrten Konstanze Dreyling von Wagrain, Frau des gräflichen Schlossverwalters, deiner braven Frau, mein lieber Freund«, dabei sah er Ulrich an, bevor er fortfuhr: »und Eurer lieben Mutter und Herrin, zu beten. Wir haben uns aber nicht versammelt, um ihren Tod zu betrauern. Konstanze soll lediglich die Krankenkommunion bekommen, da sie schon lange nicht mehr an der sonntäglichen Eucharistiefeier teilnehmen konnte. Außerdem ist die Letzte Ölung nichts anderes als ein Sakrament, bei dem kranke Menschen mit geweihtem Öl gesalbt werden, um Gottes Hilfe bei der Genesung zu erbitten und sie dem Schöpfer näherzubringen.«
    Diese Worte vermochten die Versammelten kaum zu trösten und die Juden nur wenig aufzuklären, weswegen der Propst immer noch beruhigend auf die Anwesenden einzuwirken versuchte, um endlich mit der Messe beginnen zu können.

    Genau in dem Augenblick, in dem Pater Martius am Gestänge der an der Wand befestigten Glocke zog, wurde krachend die Kapellentür aufgerissen, und Rosalinde stürzte herein.
    Die heftig schnaufende Magd war in ihrer Eile so stark an die Fußleiste des schweren Eichentürrahmens gestoßen, dass sie darüber gestolpert und mit Schwung bis fast zur Mitte des Raumes gerutscht war. Dort lag sie jetzt auf den kalten Sandsteinplatten und machte einen etwas ratlosen Eindruck. Die anderen waren über diesen unerwarteten Auftritt derart erschrocken, dass sie die Magd nur fragend anblickten, anstatt ihr hochzuhelfen.
    »Rosalinde! – Was ist los? Solltest du nicht am Krankenlager meiner Frau wachen, während wir für sie beten?« Den Kastellan durchfuhr es wie der Blitz. Er glaubte, den Grund ihres Kommens deuten zu können und hielt einen Moment lang inne, bevor er ängstlich seine Frage formulierte: »Um Gottes willen. Was … was ist mit ihr?«
    »Kein gutes Zeichen«, wisperte der Propst seinem ebenfalls erstaunten Adlatus ins Ohr.
    Auch die anderen befürchteten das Schlimmste und starrten wie gebannt zu Rosalinde, die sich endlich selbst aufrappelte.

    Sie traute sich einen Moment nicht, jemanden anzusehen, spürte jedoch, dass alle Blicke auf ihr ruhten. Sie wollte etwas sagen, brachte aber nichts heraus.
    Da sich Eginhard denken konnte, was in der braven Magd vorging, trat er aus der Bank und ging zu ihr, um sie zu beruhigen, obwohl er selbst jemanden brauchen würde, der ihm das innere Aufgewühltsein nahm. Sanft umklammerte er mit seinen Händen ihre Oberarme und fragte betont ruhig: »Rosalinde, sag uns bitte, warum du gekommen bist.«
    »S… S… Ssss…«
    »Bleib ganz ruhig, Rosalinde, du bekommst das hin.« Eginhard lächelte gequält.
    Die treue Magd faltete die Hände so fest, dass diese rot anzulaufen drohten. Dabei schaute sie über Eginhards Schultern hinweg ihren Herrn an. »Ssss… Sie… Sie hat n… nn… nach Euch ggg… gerufen, Herr«, brachte sie kaum vernehmbar hervor.
    »Wie bitte?«, fragte der Kastellan so laut, dass es alle hören konnten.
    Was Rosalinde mühsam herausgepresst hatte, war von niemandem verstanden worden. Da nahm Eginhard die verschüchterte Magd, die stets stotterte, wenn sie aufgeregt war, auf die Seite, um seine Fragen anders zu stellen.
    Da sein Vater wusste, dass er Rosalinde nur noch mehr durcheinanderbringen würde, wenn er ebenfalls zu ihr ging, blieb er in der Kirchenbank stehen.
    »Rosalinde, ich stelle dir Fragen, und du nickst oder schüttelst mit dem Kopf. Hast du das verstanden?«
    Die Magd nickte.
    »Gut. Dann stelle ich dir jetzt die erste Frage. Bleib ganz ruhig … wir kriegen das schon hin.«
    Rosalinde lächelte dankbar und nickte wieder.
    »Also …«
    Eginhard

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