Die Pfade des Schicksals
kommen sie näher.«
Verdammt! Covenant drehte sich im Sattel um, sah an Clyme vorbei und versuchte irgendein Anzeichen für das Kommen der Feroce zu erkennen. Aber die Sinne der Gedemütigten hätten die Kreaturen des Lauerers längst entdeckt, bevor Covenant sie hätte sehen können. Er studierte kurz den Hügel neben ihnen, aber auch dort gab es keine Hoffnung. Die Steilwand war einfach zu glatt. Blieb ihnen genügend Zeit, hätten Branl und Clyme sie vielleicht ersteigen können, er konnte das nicht.
Innerlich zusammenzuckend sah er über den Rand der Felsklippe und versuchte, sich einen Abstieg vorzustellen. Ließen sie die Ranyhyn hier zurück, blieb ihnen vielleicht Zeit zur Flucht.
Dann befiel ihn Schwindel, und er schnappte nach Luft wie nach einem Magenhaken. Er sah rasch weg.
»Sagt doch was!«, forderte er seine Begleiter keuchend auf. »Sagt mir, was ich tun soll. Sagt mir, was wir tun können.«
Die beiden waren Haruchai. Seiner Erfahrung nach hatte kein Haruchai ihn jemals im Stich gelassen. Nicht einmal, als Bannor sich geweigert hatte, ihn zu Fouls Hort zu begleiten.
Steif aufgerichtet begann Clyme: »Am besten vertrauen wir auf…«
Vielleicht meinte er die Ranyhyn oder die Feroce oder Covenant selbst, aber Covenant hörte nichts mehr. Durch den Stoff, in den der Krill gewickelt war, fühlte er eine plötzliche Hitzewelle.
Joan! Er fuhr unwillkürlich zusammen. Sein ganzer Körper versuchte, sich von dem Dolch wegzuschlängeln.
Im nächsten Augenblick merkte er jedoch, dass die Hitzewelle weniger stark als erwartet war.
Teufel! War sie nur unsicher, wo ihr Ziel sich befand? War sie zu elend, um ihre Kräfte zu fokussieren, wenn seine Hand nicht an dem Krill lag? Oder war sie wirklich schwächer geworden …?
Die eigenen Fragen lenkten ihn ab. Sekunden vergingen, bevor er seine empfindlichen Hautpartien wie von Ameisen kribbeln spürte. Insekten, die beißen und stechen konnten, krochen über seine Kopfhaut, unter seiner Kleidung, in seinen Stiefeln.
Ohne weitere Vorwarnung erschien eine Zäsur über und hinter dem Felsvorsprung.
Sie war eher unbedeutend, ein kaum fünf Schritte breiter Schnipsel von wilder Magie und Chaos. Und sie hatte Covenant und seine Begleiter verfehlt. Daraufhin schlingerte sie sofort weiter und fräste eine Schneise durch Fels und Zeit ins Labyrinth der Zerspellten Hügel. Trotzdem wirkte sie auf die Substanz der Welt so zerstörerisch wie ein Hurrikan. Jahrhunderte oder Jahrtausende würden verwirbelt und in Stücke gerissen, bis der Fels von der sofort einsetzenden Migräne seines langsamen Lebens gesprengt wurde. Scherben und Splitter flogen nach allen Seiten wie Granatsplitter davon, messerscharf und gefährlich wie Kugeln.
Vielleicht trafen sie Covenant, durchbohrten ihn, zerfetzten ihn. Vielleicht töteten sie die Gedemütigten und die Ranyhyn und das Streitross. Aber er spürte sie nicht. Sobald er in das wüste Kaleidoskop der Zäsur blickte, verlor er innerlich den Halt und glitt…
O Gott! Nicht jetzt! Nicht jetzt!
… in die Trümmerlandschaft seiner Erinnerungen.
Danach stand er, wo der Ridjeck Thome einst die Spitze der Landzunge beherrscht hatte, und beobachtete, wie die Zeit rückwärtslief und siebentausend Jahre Ruin Stück für Stück wieder ungeschehen machte.
Zeitalter wurden in Augenblicken ausradiert. Augenblicke wurden zu Zeitaltern. Anfangs sah er nur ein schwerfälliges Anwachsen, als der Schuttberg unter dem unerbittlichen Druck des Meeres die eigene Erosion rückgängig machte. Sand verklumpte zu Steinen. Steine verloren ihre Glätte, schärften ihre Kanten, um sie herum schmolzen Riffe weg. Aber Erinnerungen waren auch schnell, flink wie Gedanken: Sie konnten schneller werden als seine Fähigkeit, sie zu verstehen. Der Trümmerhaufen schwoll an. Gleichzeitig zog seine Masse sich zusammen, während Felsblöcke so groß wie Häuser, Villen, Tempel sich aufeinandertürmten. Eine gewaltige Masse Salzwasser sank wie eine rückwärts verlaufende Eruption in sich zusammen, sodass Felsblöcke ihre Köpfe und Schultern aus der ablaufenden Flut steckten.
Erst nur einzeln, dann in gewaltigem Ansturm sprangen die Steine hoch, um wieder ihre angestammten Plätze am Ende der Landzunge einzunehmen.
In einer Realität, die nicht länger seine war, beobachtete Covenant, wie sein Pferd scheute. Panische Angst zehrte seine letzten Kraftreserven auf. Er spürte, wie es sich mit ihm im Sattel in den Abgrund stürzen wollte. Aber er konnte nicht
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