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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Zahlungsverpflichtungen aus den Anleihen nicht nachkommen konnte, war ich hier ein kleiner Angestellter. Mein Vater - Gott hab ihn selig - konnte sich noch an den argentinischen Staatsbankrott im Jahre 1828 erinnern. Und sehen Sie sich doch heute die mexikanischen Anleihen an - hin und wieder werfen sie eine Dividende ab! Wo hat man denn jemals etwas von Anleihen gehört, die hin und wieder eine Dividende abwerfen?«
    Hugh nickte. »Ganz abgesehen davon: Investoren, die auf Eisenbahnen setzen, bekommen in den Vereinigten Staaten fünf oder sechs Prozent. Was sollte sie veranlassen, in Cordoba zu investieren?«
    »Genau.«
    Hugh kratzte sich am Kopf. »Sei's drum. Ich will mal sehen, ob ich herausfinde, was sie sich dabei gedacht haben.« Mulberry schwenkte ein Bündel Papiere. »Mr. Samuel bat mich um eine Zusammenfassung der Verpflichtungen aus Fernost-Akzepten. Sie könnten ihm die Zahlen vorbeibringen.« Hugh grinste. »Sie denken doch an alles.« Er nahm die Papiere an sich und ging hinunter ins Direktionszimmer. Nur Onkel Samuel und Joseph waren anwesend. Joseph diktierte einem Stenographen Briefe, während sich Samuel nachdenklich über eine Chinakarte beugte. Hugh legte den Bericht auf Samuels Schreibtisch und sagte: »Von Mulberry. Er bat mich, dir das zu geben.«
    »Danke.« Samuel sah auf und lächelte. »Hast du sonst noch etwas auf dem Herzen?«
    »Ja. Ich frage mich, warum wir uns für die Santamaria-Bahn engagieren?«
    Hugh hörte, wie Joseph beim Diktieren innehielt und nach kurzer Unterbrechung wieder fortfuhr.
    »Es handelt sich gewiß nicht um unsere lukrativste Investition, das darfst du mir glauben«, sagte Samuel. »Aber mit dem Namen Pilaster im Hintergrund müßte eigentlich alles in Ordnung sein.«
    »Das kann man praktisch von jeder Emission sagen, die uns vorgeschlagen wird«, widersprach Hugh. »Aber wir verdanken unseren guten Ruf der Tatsache, daß wir den Investoren noch nie eine Anleihe angeboten haben, die nur ›in Ordnung‹ ist und sonst nichts.«
    »Dein Onkel Joseph meint, daß Südamerika möglicherweise vor einem neuen Aufschwung steht.«
    Als Joseph seinen Namen hörte, meldete er sich selbst zu Wort:
    »Wir stecken den großen Zeh ins Wasser, um herauszufinden, wie warm es ist.«
    »Dann ist es also ein riskantes Geschäft.«
    »Ohne Risikobereitschaft hätte mein Urgroßvater niemals all sein Geld in ein einziges Sklavenschiff gesteckt - und so etwas wie das Bankhaus Pilaster gäbe es heute nicht.«
    »Aber seit damals haben es die Pilasters immer den kleineren, spekulationsfreudigeren Banken überlassen, ihren großen Zeh in unbekannte Gewässer zu stecken«, gab Hugh zu bedenken. Onkel Joseph, der es gar nicht schätzte, wenn man ihm widersprach, antwortete in gereiztem Ton: »Eine Ausnahme wird uns nicht schaden.«
    »Aber die Bereitschaft zu solchen Ausnahmen kann uns schweren Schaden zufügen.«
    »Darüber zu urteilen steht dir nicht zu.«
    Hugh runzelte die Stirn. Sein Instinkt hatte ihn nicht getrogen: Die Investition war ökonomisch sinnlos, und Joseph konnte sie nicht rechtfertigen. Warum hatten sie sich dann darauf eingelassen? Kaum hatte er sich die Frage gestellt, da fiel ihm auch schon die Antwort ein. »Du hast Edwards wegen zugestimmt, oder? Du wolltest ihm Mut machen. Es ist das erste Geschäft, das er in seiner Eigenschaft als Teilhaber vorgeschlagen hat - und deshalb läßt du ihn gewähren, obwohl die Aussichten alles andere als rosig sind.«
    »Es ist nicht deines Amtes, meine Motive in Frage zu stellen!«
    »Und es ist nicht deines Amtes, das Geld anderer Leute aufs Spiel zu setzen, nur weil du deinem Sohn einen Gefallen tun willst. Kleininvestoren in Brighton oder Harrogate werden das Geld für diese Eisenbahn aufbringen und, wenn's schiefgeht, mit leeren Händen dastehen.«
    »Du bist kein Teilhaber, deshalb ist deine Meinung in diesen Angelegenheiten unerwünscht.« Hugh, der Leute, die mitten in einer Diskussion den Standpunkt wechselten, nicht ausstehen konnte, erwiderte giftig: »Aber ich bin ein Pilaster! Wenn du den guten Ruf der Bank schädigst, betrifft das auch mich.«
    »Hugh, ich denke, das reicht jetzt ...«, warf Samuel ein. Hugh wußte genau, daß jedes weitere Wort fehl am Platze war, aber er konnte sich nicht mehr zurückhalten. »Nein, ich fürchte, es reicht noch nicht!« hörte er sich schreien und versuchte, seine Stimme zu senken. »So, wie du handelst, verschleuderst du das Renommee der Bank. Unser guter Name ist unser wichtigster

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