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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Aktivposten. Ihn zu verspielen ist reine Verschwendung. Da kannst du dein Kapital gleich aus dem Fenster werfen!« Onkel Joseph war jetzt so erbost, daß er die Grenzen der Höflichkeit überschritt. »Was bildest du dir eigentlich ein, du unverschämtes Bürschchen?« brüllte er. »Kommst hier in meine Bank und willst mich lehren, wie ich zu investieren habe! Raus jetzt! Verschwinde!«
    Hugh starrte seinen Onkel an. Wut und Niedergeschlagenheit hatten ihn ergriffen. Der dumme, schwache Edward war Teilhaber und verleitete die Bank mit Hilfe seines unbesonnenen Vaters zu unsoliden Geschäften, und es gab nichts, was er, Hugh, dagegen tun konnte. Kochend vor unerfülltem Tatendrang, verließ er den Raum und warf die Tür hinter sich zu.
     
    Zehn Minuten später machte er sich auf den Weg zu Solly Greenbourne, um ihn um eine Anstellung zu bitten. Er war sich nicht sicher, ob die Greenbournes ihn nehmen würden. Gewiß, er war dank seiner guten Kontakte in den Vereinigten Staaten und Kanada ein begehrter Mann, den zu beschäftigen jede Bank sich glücklich schätzen konnte. Allerdings galt es in Bankkreisen als nicht sehr fein, sich gegenseitig die Spitzenkräfte abzuwerben. Auch war es gut möglich, daß die Greenbournes fürchteten, er könne daheim bei Tisch Firmengeheimnisse ausplaudern - und der Umstand, daß er kein Jude war, konnte diesen Bedenken zusätzliche Nahrung geben. Aber das Bankhaus Pilaster war für ihn zur Sackgasse geworden. Er mußte einfach raus. Am Morgen hatte es noch geregnet, doch inzwischen schien die Sonne und brachte den Pferdedung zum Dampfen, der wie ein Teppich die Straßen Londons überzog. Die Architektur der City war durch ein merkwürdiges Nebeneinander großer klassizistischer Gebäude und baufälliger alter Häuser geprägt. Das Bankhaus Pilaster gehörte zum erstgenannten Typ, die Greenbourne Bank zu letzterem. Beim rein äußerlichen Vergleich der beiden Firmenzentralen wäre man nie auf die Idee gekommen, daß die Greenbourne Bank das Bankhaus Pilaster an Größe und Bedeutung übertraf. Das Unternehmen war vor drei Generationen gegründet worden. Von einem Zweizimmer-Büro in einem alten Haus an der Thames Street hatte man Kredite an Pelzimporteure ausgegeben. Reichte der Platz nicht mehr aus, so kaufte man einfach ein anderes Haus in der Häuserzeile dazu. Inzwischen erstreckte sich die Bank über vier unmittelbar benachbarte Gebäude sowie drei weitere in der Nähe - und in den baufälligen Gemäuern wurden mehr Geschäfte getätigt als im prunkhaften Glanz des Bankhauses Pilaster.
    Von dem devoten Geflüster, das die Atmosphäre in der Bankhalle der Pilasters beherrschte, war bei den Greenbournes nichts zu spüren. In der Lobby mußte sich Hugh durch eine dichtgedrängte Menge kämpfen. Wie Bittsteller im Vorzimmer eines mittelalterlichen Königs warteten die potentiellen Kunden auf eine Audienz bei Ben Greenbourne. Jeder einzelne war felsenfest davon überzeugt, ein Vermögen machen zu können - vorausgesetzt, es gelang, zu Ben Greenbourne vorgelassen zu werden und ihn von einem bestimmten Projekt zu überzeugen. Der Gang durch die verwinkelten Flure und engen Treppenhäuser wurde durch die überall herumstehenden Metallkästen mit alten Akten, durch Kartons mit Büromaterial und große Korbflaschen voller Tinte erschwert. In den kleinsten Winkeln waren Büros für Schreiber und Sekretäre eingerichtet. Hugh fand Solly in einem großen Zimmer mit unebenen Dielen und einem windschiefen Fenster, das auf den Fluß hinaussah. Der massige Rumpf seines Freundes verbarg sich zur Hälfte hinter den Akten, die sich auf dem Schreibtisch stapelten. »Ich wohne in einem Palast und arbeite in einer Hütte«, sagte Solly kleinlaut. »Ich versuche immer wieder, meinen Vater davon zu überzeugen, daß wir ein zweckmäßiges Bürohaus brauchen, so wie ihr eines habt, aber er meint, mit Haus und Grundbesitz läßt sich kein Gewinn machen.« Hugh nahm auf einem etwas ramponierten Sofa Platz und ließ sich ein großes Glas teuren Sherrys einschenken. Er fühlte sich nicht wohl in seiner Haut, da er immer wieder an Maisie denken mußte. Er hatte sie verführt, bevor sie Sollys Frau geworden war, und er hätte es wieder getan, wenn sie damit einverstanden gewesen wäre. Das ist doch alles Schnee von gestern, sagte er sich. Maisie hat in Kingsbridge Manor ihre Tür vor mir verschlossen, und ich habe Nora geheiratet ... Er wollte seiner Frau nicht untreu werden.
    Trotzdem hatte er ein ungutes

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