Die Pfeiler der Macht
zurück.«
Ben nickte. Er war ein Mann, der Korrektheit schätzte. »Es steht mir nicht zu, die Entscheidung Ihrer Familie zu kritisieren. Doch wenn Ihre persönliche Nordamerika-Erfahrung zum Verkauf steht - und das ist ja offenbar der Fall -, dann bin ich eindeutig ein Interessent.«
Hughs Herz schlug höher. Das klang wie ein Stellenangebot. »Ich danke Ihnen«, sagte er.
»Da ich Sie jedoch nicht unter Vorspiegelung falscher Tatsachen einstellen will, möchte ich eines von vornherein deutlich machen: Sie dürfen nicht damit rechnen, daß Ihnen bei uns irgendwann eine Teilhaberschaft angetragen wird.«
So weit voraus hatte Hugh noch gar nicht gedacht. Dennoch war es eine Enttäuschung. »Ich verstehe«, sagte er. »Ich sage Ihnen das hier und jetzt, damit Sie niemals auf den Gedanken kommen, es hätte etwas mit Ihrer Arbeit zu tun. Viele unserer Mitarbeiter sind Christen, und wir schätzen sie als Kollegen und Freunde. Die Teilhaberschaft war bisher jedoch ausschließlich Juden vorbehalten, und daran wird sich auch nichts ändern.«
»Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit«, erwiderte Hugh und dachte bei sich: Mein Gott, was für ein eiskalter alter Kerl du doch bist.
»Sind Sie immer noch an einer Anstellung bei uns interessiert?«
»Ja.«
Ben Greenbourne schüttelte ihm erneut die Hand. »Dann freue ich mich auf unsere Zusammenarbeit«, sagte er und verließ das Büro.
Solly strahlte über das ganze Gesicht. »Willkommen im Hause, Kollege!«
Hugh setzte sich wieder. »Danke, Solly«, sagte er. Die Freude und die Erleichterung, die er empfand, wurden durch die Tatsache, daß er niemals Teilhaber werden konnte, ein wenig getrübt. Doch er überwand sich und bewahrte Haltung. Er würde gut verdienen und einen gehobenen Lebensstil pflegen können. Nur die Vorstellung, eines Tages Millionär zu sein, die mußte er sich aus dem Kopf schlagen - so viel Geld konnte man nur als Teilhaber einer Bank verdienen.
»Wann kannst du anfangen?« fragte Solly eifrig. Das hatte Hugh noch nicht bedacht. »Ich glaube, ich habe neunzig Tage Kündigungsfrist.«
»Sieh zu, daß du sie ein bißchen verkürzen kannst.«
»Na, klar doch. Solly, das ist großartig. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich freue.«
»Mir geht's genauso.«
Hugh wußte nicht, was er darauf noch erwidern sollte. Er erhob sich daher und machte Anstalten zu gehen. Solly hielt ihn zurück.
»Auf ein Wort noch, Hugh ...«
»Aber ja.« Hugh setzte sich wieder.
»Es geht um Nora. Ich hoffe, du nimmst es mir nicht übel.« Hugh zögerte. Sie waren alte Freunde. Dennoch war es ihm sehr unangenehm, mit Solly über seine Frau zu sprechen. Seine eigenen Gefühle waren zu zwiespältig. Der Skandal, den sie verursacht hatte, war ihm peinlich - und doch hielt er Noras Reaktion für gerechtfertigt. Er wußte, daß ihr Cockney, ihre Umgangsformen und ihre Herkunft aus der Arbeiterklasse sie angreifbar machten; auf der anderen Seite war er stolz auf ihre Schönheit und ihren natürlichen Charme.
Nein, er konnte jetzt nicht den Beleidigten spielen - ausgerechnet einem Mann gegenüber, der ihm soeben seine berufliche Karriere gerettet hatte. »Schieß los!« sagte er.
»Wie du weißt, bin auch ich mit einer Frau verheiratet, die ... die an die feine Gesellschaft nicht gewöhnt war.« Hugh nickte. Das war ihm nur allzu gut bekannt. Was er nicht wußte, war, wie Maisie und Solly das Problem gelöst hatten, denn als sie heirateten, war er außer Landes gewesen. Auf jeden Fall hatten sie eine gute Lösung gefunden, denn inzwischen war Maisie eine der führenden Gastgeberinnen der Londoner Gesellschaft, und wer immer sich noch an ihre einfache Herkunft erinnern mochte, verlor darüber kein Wort mehr. Das war zwar ungewöhnlich, aber nicht einmalig: Hugh hatte von zwei oder drei anderen gefeierten Schönheiten aus der Arbeiterklasse gehört, denen es schon vor Maisie gelungen war, von der High Society akzeptiert zu werden.
»Maisie weiß, was Nora durchmacht«, fuhr Solly fort. »Sie könnte ihr sicher sehr helfen - ihr erklären, wie man sich verhält, was man sagt, welche Fehler man tunlichst vermeidet, wo man Kleider und Hüte einkauft, wie man mit dem Butler und der Wirtschafterin umgeht, und so weiter. Maisie hat dich immer gemocht, Hugh. Ich bin sicher, daß sie euch gerne helfen würde. Und ich sehe nicht den geringsten Grund dafür, warum es Nora nicht genauso schaffen sollte wie Maisie - eines Tages gehört sie zu den Stützen der Gesellschaft!«
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