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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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und entsprechend überladenen Raum; sie hatte jedes Möbelstück mit geblümtem Stoff bespannen lassen und alle freien Flächen mit Zierat und Nippes zugestellt. Hugh hatte die Katze erst nach dem Ende der Feier aus dem Sack gelassen, als endlich auch der letzte Gast gegangen war, doch die Familienmitglieder trugen alle noch ihre Hochzeitsgarderobe. Augusta saß neben Edward; die beiden schauten ungläubig und verächtlich drein. Onkel Samuel saß neben Hugh, während die anderen Teilhaber - William, Major Hartshorn und Sir Harry - hinter einem Sofa Aufstellung genommen hatten, auf dem sich ihre Ehefrauen Beatrice, Madeleine und Clementine niedergelassen hatten. Nora saß mit vom guten Essen und vom Champagner geröteten Gesicht auf ihrem Stammplatz, einem großen Sessel vor dem Kamin. Braut und Bräutigam hielten Händchen und wirkten sehr verstört.
    Die beiden Jungverheirateten taten Hugh besonders leid. »Dottys Mitgift ist perdu, Nick. Ich fürchte, all unsere Vereinbarungen und Pläne sind Makulatur.«
    »Du bist Seniorpartner!« kreischte Tante Madeleine. »Also ist es deine Schuld!«
    Der Ausfall war ebenso dumm wie boshaft. Obwohl Hugh mit hysterischen Reaktionen gerechnet hatte, fühlte er sich verletzt. Er hatte alles getan, um die Katastrophe abzuwenden - und nun dieser unfaire, an den Haaren herbeigezogene Vorwurf. Doch William, ihr jüngerer Bruder, wies Tante Madeleine mit überraschender Schärfe in ihre Schranken: »Red keinen Quatsch, Madeleine! Edward hat uns alle hinters Licht geführt und die Bank mit Riesenmengen von Cordoba-Anleihen belastet, die heute nichts mehr wert sind.« Hugh war ihm dankbar für seine Aufrichtigkeit. Aber William war noch nicht fertig. »Die Schuld liegt bei jenen von uns, die Edward zum Seniorpartner gemacht haben.« Er sah Augusta an.
    Nora war aufgeregt und bestürzt. »Es ist doch unmöglich, daß wir keinen Penny mehr haben!«
    »Aber es stimmt«, antwortete Hugh geduldig. »Unser gesamtes Geld steckt in der Bank, und die Bank ist am Ende.« Die Begriffsstutzigkeit seiner Frau war bis zu einem gewissen Grade entschuldbar - Nora stammte schließlich nicht aus einer Bankiersfamilie.
    Augusta erhob sich und ging zum Kamin. Ob sie versuchen wird, ihren Sohn reinzuwaschen? fragte sich Hugh. Aber so dumm war die Gräfinwitwe nicht. »Egal, wer an der Misere schuld ist«, sagte sie,
    »jetzt gilt es zu retten, was zu retten ist. Es müssen sich doch noch erhebliche Hartgeldreserven in der Bank befinden, dazu Gold und Banknoten. Bevor die Gläubiger anrücken, müssen wir alles herausholen und an einem sicheren Ort verstecken. Danach ...«
    Hugh unterbrach sie. »Das kommt überhaupt nicht in Frage«, sagte er. »Das Geld gehört uns nicht.«
    »Selbstverständlich gehört es uns!« schrie Augusta. »Beruhige dich und nimm wieder Platz, Augusta, sonst lasse ich dich von einem Dienstmann an die Luft befördern.« Die Drohung verblüffte sie so sehr, daß sie den Mund hielt. Platz nahm sie trotzdem nicht.
    »Ja, es gibt noch Bargeld in der Bank, und da wir noch nicht offiziell für bankrott erklärt worden sind, steht es uns frei, den einen oder anderen Gläubiger unserer Wahl auszuzahlen. Ihr werdet alle euer gesamtes Hauspersonal entlassen müssen. Gebt den Leuten eine Bestätigung über die Summe, die ihr ihnen schuldet, und schickt sie zum Nebeneingang der Bank. Ich zahle sie dann aus. Alle Lieferanten und Handwerker, bei denen ihr offene Rechnungen habt, sollen euch ihre Forderungen schriftlich geben. Ich werde auch das erledigen - allerdings nur Rechnungen bis zum heutigen Datum einschließlich. Für neue Schulden komme ich nicht mehr auf.«
    »Wer bist du eigentlich, daß du dich anmaßt, mir zu befehlen, daß ich mein Hauspersonal entlassen soll?« fragte Augusta empört. Hugh war bereit, Verständnis für ihren Kummer zu zeigen, obwohl sie und ihr Sohn das Unheil ja heraufbeschworen hatten. Aber diese gezielte Uneinsichtigkeit war unerträglich. »Wenn du sie nicht entläßt, gehen sie von allein!« fuhr er sie an. »Du kannst sie nämlich nicht mehr bezahlen. Mach dir bitte ein für allemal klar, Tante Augusta, daß du kein Geld m ehr hast.«
    » Lächerlich«, murmelte sie. »Ich kann unser Personal doch gar nicht entlassen«, bemerkte Nora. »In einem Haus wie diesem kann man ohne Personal gar nicht leben!«
    »Diese Sorge kann ich dir nehmen«, sagte Hugh. »Du wirst nicht länger in einem Haus wie diesem leben. Ich werde es verkaufen müssen. Wir werden alle

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