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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Hauspersonal wird verächtlich auf euch herabschauen.«
    »Warten wir's ab«, erwiderte Augusta.
     
    Die Familienmitglieder waren längst fort. Hugh saß im Sessel vor dem offenen Kamin, starrte in die Flammen und zermarterte sich das Gehirn nach einem Ausweg. Gab es nicht vielleicht doch eine Möglichkeit, die Gläubiger zu bezahlen?
    Er war fest entschlossen, einen formalen Konkurs des Bankhauses Pilaster unter allen Umständen abzuwenden. Allein der Gedanke daran war schier unerträglich. Der väterliche Bankrott hatte sein ganzes Leben überschattet, und seine eigene berufliche Laufbahn war stets auch von dem Bemühen geprägt gewesen, vor aller Welt zu beweisen, daß ihm selbst dieser Makel nicht anhaftete. Im tiefsten Innern seines Herzens fürchtete er, er könne, sollte ihm dasselbe Schicksal wie seinem Vater widerfahren, ebenfalls zum Selbstmord getrieben werden.
    Als Bankinstitut war das Bankhaus Pilaster am Ende. Es hatte seine Pforten geschlossen und seine Kunden ausgesperrt, und damit war alles vorbei, Schluß, aus ... Langfristig sollte es jedoch imstande sein, seinen Verbindlichkeiten nachzukommen, vorausgesetzt, die Teilhaber hielten sich peinlich genau an die Vereinbarung und verkauften alle ihre Wertsachen und Besitztümer. Als der Nachmittag allmählich dem Zwielicht der Dämmerung wich, zeichnete sich in seinem Kopf ein Plan ab, und mit ihm glomm ein erster schwacher Hoffnungsschimmer auf. Gegen sechs Uhr abends machte er sich auf den Weg zu Ben Greenbourne.
    Greenbourne war inzwischen siebzig Jahre alt, aber immer noch sehr rüstig, und die Bank stand nach wie vor unter seiner Leitung. Er hatte eine Tochter - Kate -, aber weil Solly sein einziger Sohn gewesen war, würde er bei seinem Rückzug aus dem Berufsleben die Geschicke der Bank in die Hände seiner Neffen legen müssen. Damit hatte es jedoch offenbar keine Eile.
    Hugh suchte ihn in seinem Haus am Piccadilly auf. Die Villa erweckte nicht den Eindruck von gediegenem Wohlstand, sondern von geradezu unermeßlichem Reichtum. Jede Uhr war ein Schmuckstück, jedes noch so nebensächliche Möbelstück eine unbezahlbare Antiquität. Edles Schnitzwerk zierte die Paneele der Wandverkleidung, jeder Teppich war eine Spezialanfertigung. Hugh wurde in die Bibliothek geführt. Gaslampen leuchteten hell, und im Kamin prasselte ein Feuer. In diesem Raum hatte er erfahren, daß ein Junge namens Bertie Greenbourne sein eigener Sohn war.
    Er fragte sich, ob die Bücher hier nur des äußeren Eindrucks wegen standen, und sah sich das eine oder andere näher an. Einige von ihnen mochten tatsächlich wegen ihrer schönen Einbände angeschafft worden sein, andere waren jedoch abgegriffen und zerlesen. Auch fremdsprachliche Literatur war vertreten. Greenbournes Bildung war echt.
    Der alte Herr erschien nach einer Viertelstunde und entschuldigte sich, daß er Hugh hatte warten lassen. »Ein familiäres Problem hielt mich auf«, sagte er mit knapper preußischer Höflichkeit. Die Familie war nie preußisch gewesen, hatte jedoch die Umgangsformen der deutschen Oberschicht übernommen und bewahrt, obwohl sie mittlerweile schon seit hundert Jahren in England lebte. Ben Greenbourne hielt sich kerzengerade wie eh und je, sah aber nach Hughs Dafürhalten müde und besorgt aus. Um was für ein familiäres Problem es sich handelte, sagte Greenbourne nicht, und Hugh fragte ihn auch nicht danach.
    »Sie wissen, daß die Cordoba-Anleihen heute nachmittag zusammengebrochen sind«, sagte Hugh. »Ja.«
    »Und wahrscheinlich haben Sie auch schon gehört, daß meine Bank infolgedessen ihre Pforten geschlossen hat.«
    »Ja. Es tut mir sehr leid.«
    »Es handelt sich um den ersten Zusammenbruch einer englischen Bank seit vierundzwanzig Jahren.«
    »Das waren damals Overend & Gurney - ich kann mich noch gut daran erinnern.«
    »Ich mich auch. Mein Vater machte Bankrott und erhängte sich in seinem Büro in der Leadenhall Street.«
    Greenbourne reagierte betroffen. »Das tut mir außerordentlich leid, Pilaster«, sagte er. »Dieser furchtbare Tatbestand war mir völlig entfallen.«
    »Es gab eine ganze Reihe von Firmen, die mit in den Abgrund gezogen wurden. Verglichen mit dem, was ab morgen vormittag auf uns zurollt, war das aber noch harmlos.« Hugh lehnte sich vor und begann mit seinem großen Plädoyer. »In den vergangenen fünfundzwanzig Jahren haben sich die geschäftlichen Transaktionen in der Londoner City verzehnfacht. Und da das Bankgewerbe immer komplizierter und

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