Die Pfeiler der Macht
Schwester saß. »Mit dem Bankgesetz, das ich zur Zeit im Parlament einbringe, verhält es sich ganz ähnlich«, sagte er. »Es würde die Banken verpflichten, eine Versicherung zugunsten der Kleinsparer abzuschließen.«
»Das ist mir bekannt«, bemerkte der Bankdirektor. »Manche Kritiker meinen, das Gesetz würde Bankrotteure begünstigen, weil der Konkurs dadurch seine Schrecken verliert. Aber das ist Unsinn. Kein Bankier wünscht sich den Bankrott, unter keinen Umständen.«
»Nein, wahrhaftig nicht.«
»Wenn ein Bankier ein Geschäft abschließt, denkt er nicht daran, daß er mit seinem übereilten Handeln einer Witwe in Bournemouth vielleicht den letzten Penny nimmt, sondern er sorgt sich allenfalls um sein eigenes Vermögen. Genausowenig werden sich skrupellose Männer durch den Gedanken an das Leid unehelicher Kinder davon abbringen lassen, Dienstmädchen zu verführen.«
»Ich verstehe, was Sie damit sagen wollen«, sagte der Bankdirektor mit gequälter Miene. »Eine ... äh ... originelle Parallele.« Dem haben wir fürs erste genug zugesetzt, dachte Maisie bei sich und ließ dem Bankier Zeit, sich auf sein Geflügel zu konzentrieren.
»Ist dir eigentlich je aufgefallen, daß immer die falschen Leute geadelt werden?« fragte Dan seine Schwester. »Sieh dir doch bloß Hugh und seinen Vetter Edward an. Hugh ist ehrlich, begabt und fleißig, Edward ein dümmlicher, fauler Taugenichts. Aber Edward darf sich Graf Whitehaven nennen, während Hugh nur Mr. Pilaster ist.«
Maisie vermied es, sich nach Hugh umzuschauen. Zwar freute es sie, daß man sie eingeladen hatte, doch fiel es ihr sehr schwer, ihn im Kreise seiner Familie zu sehen. Ehefrau, Söhne, Mutter und Schwester bildeten einen geschlossenen Kreis um ihn, der sie selbst außen vor ließ. Daß seine Ehe mit Nora nicht glücklich war, stand für sie außer Frage. Man sah es an der Art, wie die beiden miteinander umgingen: keine Berührung, kein Lächeln, keine Spur von Zuneigung. Aber für Maisie war das kein Trost. Sie sah nur die Familie, die nie die ihre sein würde. Ich hätte gar nicht kommen sollen, dachte sie.
Ein Dienstmann trat neben Hugh und sagte leise zu ihm: »Ein Telefongespräch aus der Bank für Sie, Sir.«
»Ich kann jetzt nicht«, erwiderte Hugh.
Ein paar Minuten später erschien sein Butler. »Mr. Mulberry aus der Bank ist am Telefon, Sir. Er möchte mit Ihnen sprechen.«
»Ich kann jetzt nicht«, wiederholte Hugh ärgerlich.
»Sehr wohl, Sir.« Der Butler entfernte sich.
»Nein, warten Sie!«
Mulberry wußte, daß Hugh um diese Zeit beim Hochzeitsessen saß. Er war ein intelligenter, verantwortungsbewußter Mann. Diese Hartnäckigkeit paßte nicht zu ihm. Er mußte einen gravierenden Anlaß haben. Einen sehr gravierenden Anlaß.
Ein kalter Schauer durchfuhr Hugh. Er hatte Angst. »Ich rede mit ihm«, sagte er, erhob sich und wandte sich an seine Gäste: »Bitte entschuldigt mich ... Mutter, Euer Gnaden ..., eine dringende dienstliche Angelegenheit.«
Eilig verließ er das Zelt und lief über den Rasen ins Haus. Das Telefon befand sich in der Bibliothek. Er nahm den Hörer auf und sagte: »Hugh Pilaster am Apparat.«
Er hörte die Stimme seines Sekretärs. »Hier Mulberry, Sir. Es tut mir leid, daß ich ...«
»Was ist los?«
»Ein Telegramm aus New York. In Cordoba ist Krieg ausgebrochen.«
»O nein!« Diese Nachricht war eine Katastrophe, nicht nur für die Bank, sondern auch für Hugh und seine Familie. Es war das Schlimmste, was passieren konnte. »Ein Bürgerkrieg, um genau zu sein«, fuhr Mulberry fort. »Ein Putsch. Der Miranda-Clan hat die Hauptstadt Palma angegriffen.«
Das Herz klopfte Hugh bis zum Hals. »Gibt es irgendwelche Hinweise darauf, wie stark sie sind?« Bei einer raschen Niederschlagung der Rebellion bestanden noch gewisse Hoffnungen.
»Präsident Garcia ist geflohen.«
»Der Teufel ist ...!« Die Sache war bitterernst. Hugh verwünschte Micky und Edward. »Sonst noch was?«
»Ja, es liegt noch ein Kabel von unserem Büro in Cordoba vor. Es wird gerade dechiffriert.«
»Rufen Sie mich an, sobald Sie wissen, was drinsteht.«
»Sehr wohl, Sir.«
Hugh drehte an der Kurbel, bis die Amtsleitung stand, und ließ sich mit dem für die Bank arbeitenden Börsenmakler verbinden. Es dauerte eine Weile, bis man ihn an den Apparat gerufen hatte.
»Danby? Hier Hugh Pilaster. Was ist mit den Cordoba-Anleihen?«
»Wir bieten sie zum halben Nennwert an, finden aber keine Abnehmer.«
Zum halben
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