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Die Pfeiler der Macht

Die Pfeiler der Macht

Titel: Die Pfeiler der Macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ken Follett
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Ruhe ein. Nur die Geräusche des Meeres und das Stampfen der Maschinen waren noch zu hören.
    Wie besessen starrte Augusta noch immer auf den großen Überseekoffer, in den sie Micky eingesperrt hatte. Ein kräftiger Gepäckträger hatte ihn in die Kabine geschleppt. Augusta konnte ihn nicht tragen, aber vielleicht ließ er sich ziehen. An den Schmalseiten war er mit Messinggriffen versehen, Lederriemen spannten sich über Deckel, Seiten und Boden. Augusta packte einen Riemen über dem Deckel und zog. Der Überseekoffer kippte zur Seite und fiel mit vernehmlichem Gepolter um. Micky fing neuerlich zu schreien an, worauf Augusta die verrutschten Bettdecken wieder über den Koffer zog. Sie wartete, ob jemand kommen und sich nach der Ursache des Krachs erkundigen würde, aber es rührte sich nichts. Micky verstummte wieder. Aufs neue ergriff Augusta den Lederriemen und zog daran. Der Koffer war sehr schwer, ließ sich aber mit jedem Zug um ein paar Zentimeter verrücken. Nach jedem Ruck legte sie eine Pause ein. Nach ungefähr zehn Minuten hatte sie die Kabinentür erreicht. Sie zog sich ihre Strümpfe und Stiefel an und schlüpfte in den Pelzmantel. Dann öffnete sie die Tür.
    Kein Mensch war zu sehen. Die Passagiere schliefen. Und wenn ein Crewmitglied auf dem Deck patrouillierte, konnte sie es nicht entdecken. Elektrische Glühbirnen tauchten das Schiff in trübes Licht. Die Sterne waren nicht zu sehen.
    Sie zog den Überseekoffer durch die Kabinentür und hielt erneut inne.
    Danach ging es etwas leichter, da das Deck durch den nassen Schnee glitschig war. Nach weiteren zehn Minuten stand der Koffer vor der Reling.
    Der nächste Schritt war schwieriger. Augusta packte den Riemen, hob den vorderen Teil des Koffers an und versuchte, ihn aufzurichten. Der erste Versuch mißlang; der Koffer entglitt ihr und krachte aufs Deck. In Augustas Ohren klang es furchtbar laut, aber auch diesmal kam niemand nachsehen. Auf dem Schiff gab es ununterbrochen irgendwelche Geräusche, wenn der Bug die Wellen durchpflügte und die Schornsteine dicke Rauchwolken ausstießen.
    Beim zweitenmal ging sie entschlossener zu Werke. Sie kniete mit einem Bein nieder, ergriff den Riemen mit beiden Händen und hob die schwere Last langsam an. Als der Überseekoffer einen Neigungswinkel von ungefähr fünfundvierzig Grad erreicht hatte, bewegte sich Micky im Inneren. Sein Gewicht verlagerte sich nach unten, so daß ein leichter Stoß genügte, um den Koffer in aufrechte Position zu bringen.
    Augusta kippte ihn leicht nach vorne, bis er schräg an der Reling lehnte.
    Was nun kam, war bei weitem die schwerste Aufgabe. Augusta bückte sich, packte den unteren Riemen, holte tief Atem und hob den Koffer an.
    Obwohl sie, da der Koffer an der Reling lehnte, nicht das gesamte Gewicht zu tragen hatte, konnte sie das schwere Stück trotz aller Mühe nur wenige Zentimeter vom Boden hieven. Dann rutschten ihre kalten Finger ab, und der Koffer fiel wieder zurück. Ich schaffe es nicht, dachte Augusta.
    Sie machte eine Pause. Sie war erschöpft, ihre Finger waren vor Kälte fast gefühllos. Ich darf nicht aufgeben, dachte sie. Ich habe mich so bemüht, den Koffer hierher zu schleifen. Ich muß es noch einmal versuchen ...
    Wieder bückte sie sich und ergriff den Riemen. Da ließ sich plötzlich Micky vernehmen. »Augusta, was hast du vor?« fragte er.
    Leise, aber unmißverständlich stellte sie ihm eine Gegenfrage:
    »Weißt du noch, wie Peter Middleton starb?« Sie sprach nicht weiter. Im Koffer blieb es still. »Du wirst auf die gleiche Weise sterben«, fügte sie hinzu. »Nein, bitte, Augusta, meine liebe Augusta!«
    »Das Wasser, das in deine Lungen eindringt, wird kälter sein und nach Salz schmecken. Doch wenn der Tod dann dein Herz umklammert, wird dich die Todesangst genauso packen wie den Jungen damals.«
    Micky fing an zu schreien. »Hilfe! Hilfe! Rettet mich!« Augusta griff nach dem Riemen und zog mit aller Kraft an. Der Überseekoffer hob sich vom Deck. Micky, dem nun endgültig klar war, was gespielt wurde, schrie jetzt, so laut er konnte. Er schrie so laut, daß seine eingeschlossene Stimme sogar das Stampfen der Maschine und das Rauschen der See übertönte. Unweigerlich würde bald jemand aufmerksam werden und nachschauen. Augusta gab sich erneut einen Ruck. Es gelang ihr, den hinteren Teil des Koffers bis auf Brusthöhe anzuheben. Sie war erschöpft und hatte das Gefühl, nicht mehr weiter zu können. Micky unternahm einige hoffnungslose

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