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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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verraten …«
    »Ich habe dich nach deiner Frau gefragt«, entgegnete Jalil ruhig.
    »Sag mal, hast du eine Frau? Kannst du sie ausreichend versorgen? Kann irgendjemand in dieser Stadt seine Frau angemessen über die Runden bringen?«
    »Willst du damit sagen, dass du dazu nicht in der Lage bist?«, fragte Karim.
    »Ich will damit sagen«, begann Ibrahim und suchte nach den geeigneten Worten, »dass niemand in Córdoba dazu fähig ist. Niemand!«
    »Ist das alles, was du vorzubringen hast?«, fragte Jalil.
    »Ja, ihr alle kennt unsere Lage. Was soll dieses Theater?«
    Jalil und Karim berieten sich in Ruhe in einer Zimmerecke. Aischa suchte Fatimas Hand.
    »Ibrahim aus Juviles«, begann Jalil schließlich die Urteilsverkündung, »wir alle kennen das Elend, das unser Volk leidet. Wir leiden darunter genauso wie du, und wir wissen, dass es allen schwerfällt, nicht nur für ihre Frauen zu sorgen, sondern noch dazu die Kinder zu kleiden und zu ernähren. Es stimmt, auch ich kann meiner Frau nicht den gleichen Wohlstand bieten wie in Granada. Dennoch gibt es in ganz Córdoba keinen einzigen Glaubensbruder, der wie du zwei Frauen hat. Du sagst selbst, dass niemand in dieser Stadt für seine Ehefrau sorgen kann. Aber wie soll sich jemand dann gleich um zwei Frauen kümmern können? Wir geben dir eine Frist von zwei Monaten, um dem Ältestenrat zu beweisen, dass du deine beiden Frauen ausreichend versorgen kannst. Wenn dir das nach Ablauf der Frist nicht gelingt und Fatima darauf besteht, wird sie von dir geschieden.«
    Ibrahim erstarrte, als er das Urteil vernahm: Nur seine zusammen gekniffenen Augen verrieten etwas von dem gewaltigen Zorn, der ihn innerlich zerriss. Da Hamid wusste, dass Ibrahim imstande war, Fatima eher umzubringen, als sie zurückzugeben, hatte er die beiden alten Männer vorab darum gebeten, ihr Urteil um einen Zusatz zu erweitern.
    »In Anbetracht der besonderen Umstände – die Geburt deines Sohnes und dein geringer Lohn – erwarten wir nicht, dass du während der Wartezeit deine zweite Frau weiterhin versorgst. Davon sprechen wir dich frei. Fatima wird bis zum Ablauf der Frist in unserer Obhut leben.«
    »Verdammter Hund!«, zischte Ibrahim in Richtung des Alfaquí.
    »Fatima, komm mit uns«, forderte Jalil die junge Frau auf.
    In dem Moment löste Aischa ihre Finger aus Fatimas nervöser Umklammerung. Die Handflächen der beiden Frauen waren kalt und verschwitzt. Fatima strich Aischa zum Abschied zärtlich über die Wange, als suche sie ein letztes Mal die Berührung ihrer Gefährtin, dann ging sie zu den alten Männern.

32
    H ernando begab sich am frühen Morgen zum königlichen Marstall, dem Neubau auf dem Gelände des Alcázar de los Reyes Cristianos – dem ehemaligen Palast der christlichen Könige und jetzigen Sitz der Inquisition in Córdoba. Wie die übrigen Morisken umging Hernando wenn möglich das Stadtviertel San Bartolomé. Nicht nur, dass das Inquisitionsgericht und der Bischofspalast mit all den Geistlichen und Gehilfen der Inquisition das Straßenbild prägten, anders als in anderen Pfarrbezirken war hier zudem kein einziger freier Moriske registriert. Außerdem wurden hier auf königliches Geheiß nur besonders mutige, stolze und kräftige Männer angesiedelt, die zudem gute Armbrustschützen sein mussten – als eine Art städtische Miliz, die sich in ständiger Bereitschaft zur Verteidigung der Stadtmauer befand.
    In der Nacht hatte Hernando Unterschlupf bei einem Wollkämmerer gefunden, dem er nach der Flucht in die Stadt der Kalifen eine Ehefrau vermittelt hatte – der Mann war mit Hernandos Hilfe dem Gefängnis entgangen. Die Eheleute bedankten sich mit einem festlichen Abendessen. Gegen Ende gesellte sich auch Karim zu ihnen. Fatima hatte er bei seiner Ehefrau gelassen, denn sie und Hernando durften sich während der zweimonatigen Frist, die man Ibrahim gewährt hatte, nicht sehen.
    Aber was waren schon zwei Monate? Hernando lächelte noch am nächsten Morgen auf seinem Weg zum Marstall. Sein Glück wäre vollkommen … wenn er sich nicht solche Sorgen um Aischa machen müsste. Hernando hatte Karim am Vorabend noch nach Aischa gefragt, und Karim hatte versucht, ihn zu beruhigen. Seine Mutter sehe der Situation gefasst entgegen, zudem stehe die Gemeinschaft auf ihrer Seite.
    »Sieh zu, dass du so weitermachst«, hatte ihn der alte Mann bestärkt. »Hamid hat mir von deiner neuen Arbeit bei Don Diego und den Pferden erzählt. Wir brauchen Leute wie dich. Fang mit deiner

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