Die Pfeiler des Glaubens
Schlangenbeschwörer, die ihre Tiere um den Hals trugen und zugleich versuchten, putzige Äffchen zum Tanzen zu bringen.
Aber nachts, wenn Fatima wieder Ibrahims Armstumpf zwischen ihren Brüsten spürte, hörte sie klar und deutlich die Wehlaute und Klagerufe der gefangenen Christen, die durch die vergitterten Löcher aus dem Gefängnis emporstiegen.
»Ich schwöre: Eines Tages werde ich frei sein«, flüsterte sie. »Eines Tages werden wir wieder zusammen sein, Ibn Hamid.«
49
S chließlich gab Hernando dem hartnäckigen Drängen von Don Sancho nach und begab sich mit ihm zur Casa de los Tiros, dem Palast der Familie Granada Venegas, in dem die Gesprächskreise abgehalten wurden. An einem Juniabend nahmen die beiden in der Dämmerung ihre Pferde und ritten den Albaicín hinunter. Ihr Ziel war das ehemalige Judenviertel Realejo, das die Katholischen Könige nach der Vertreibung der Juden in Besitz genommen hatten und das sich unterhalb der Alhambra am Darro-Ufer erstreckte. Gegenüber der Casa de los Tiros stand ein Franziskanerkloster samt Kirche, daneben befanden sich weitere Paläste und Herrenhäuser – viele davon auf den ehemaligen Grundstücken der Juden.
Auf ihrem Weg ließ sich Hernando auf kein Gespräch mit dem geselligen Hidalgo ein. In den vorausgegangenen Tagen hatte er versucht, sein Versprechen einzulösen und für den Notar des Domkapitels einen Bericht über die Ereignisse in Juviles während des Aufstandes niederzuschreiben. Doch er fand einfach nicht die passenden Worte für die fürchterlichen Übergriffe seiner Glaubensbrüder, zudem flogen seine Gedanken immer wieder zu Isabel und vermischten sich mit seinen Erinnerungen an den Tag, an dem seine Mutter Don Martín erdolcht hatte.
»Ich will nicht zusehen, wenn sie sterben«, hatte er zu Hamid gesagt, als die gefesselten, nackten Christen auf das Feld vor dem Ort getrieben wurden. »Warum müssen sie sterben?«
»Mir gefällt das auch nicht«, hatte der Alfaquí geantwortet. »Aber wir müssen mitgehen. Sie haben uns damals gezwungen, Christen zu werden. Und jetzt wollten sie den einzigen Gott nicht anerkennen. Sie haben sich für den Tod entschieden.«
Wie sollte er Hamids Worte in einen Bericht für das Erzbistum fassen? Und was Isabel anging: Anscheinend hatte sie die Scham überwunden, die sie so schnell aus seinem Schlafzimmer getrieben hatte, denn nun bewegte sie sich mit einer beinahe übertriebenen Ungezwungenheit durch den gesamten Carmen. Hernando wusste dennoch nicht, wie er sich ihr gegenüber verhalten sollte: Mal hielt sie seinem Blick stand, mal sah sie eilig zur Seite. Isabels junge Zofe hingegen wandte ihren Blick kein einziges Mal ab, sie nahm sich sogar heraus, ihn frech anzulächeln.
Am Morgen des Tages, an dem er zum Gesprächskreis eingeladen war, hatte er Isabel auf dem Balkon angetroffen, und obwohl sie nur schweigend dastanden, fühlten sie sich sofort wieder zueinander hingezogen.
»Du musst lernen, deinen Körper zu genießen«, flüsterte er und bemerkte, wie sie bei seinen Worten zusammenzuckte und errötete.
Isabel schwieg und ließ sich zum zweiten Mal in Hernandos Schlafzimmer führen.
Am liebsten hätte er ihr davon erzählt, wie sie sich Gott durch die fleischliche Lust annähern konnte, aber er versuchte nur, ihr Befriedigung zu verschaffen und sie in dem Moment, in dem sie ihren ganzen Körper anspannte und ihr erfülltes Stöhnen unterdrückte, nicht abzulenken. Diesmal ließ Isabel sich von ihm auch die Brüste streicheln – ohne sie allerdings zu entblößen. Sie wandte ihm den Rücken zu und biss sich auf die Unterlippe, als er ihre harten Brustwarzen streichelte. Aber sie war wie vor dem Teufel geflüchtet und hatte ihre Kleider wieder bei ihm liegen lassen, als Hernando seine Hand zwischen ihre Beine gleiten ließ.
»Wir sind da!« Der Hidalgo riss Hernando aus seinen Gedanken.
Vor ihnen erhob sich ein quadratischer Festungsturm mit Zinnen. Die Fassade zierten zwei Balkone sowie einige in Stein gehauene Figuren der antiken Mythologie. Hinter dem Turm schloss sich das eigentliche Herrenhaus mit zahlreichen Sälen an, die sich auf einen Patio hin öffneten, dessen Säulen nasridische Kapitelle trugen. Sie überließen ihre Pferde den Bediensteten und wurden von einem Diener über enge Treppen in einen großen Saal im zweiten Stockwerk des Palastes geführt.
»Dieser Saal wird auch das ›Goldene Zimmer‹ genannt«, flüsterte Don Sancho, während der Diener ihnen die doppelflügelige
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