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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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hören, die vom Kirchturm in Juviles, den man inzwischen zum Minarett umfunktioniert hatte, zum Gebet rief. Die Morisken vollzogen daraufhin mit dem in den zwei gewaltigen Zisternen der Burg gesammelten Quellwasser aus den Bergen ihre rituellen Waschungen und verrichteten ihr Gebet, danach kehrten sie zu ihrer Arbeit zurück. Inzwischen hatten sie in der Alcazaba einen beträchtlichen Schatz an Wertgegenständen, Schmuck und Geld angehäuft.
    Hernando ließ die Augen über das Gold und Silber schweifen. Dabei war er so in Gedanken versunken, dass er Ubaids Nähe nicht wahrnahm. Nach dem Nachtgebet erhellten nur wenige Fackeln das Dunkel in der Festung. Ibrahim unterhielt sich am Eingang mit den Wachsoldaten.
    Ubaid versetzte ihm einen Stoß.
    »Beim nächsten Mal hast du nicht mehr so ein Glück!«, flüsterte er.
    Beim nächsten Mal, dachte Hernando für sich. Er sah den Treiber an. Dieser Mann aus Narila war doch nur ein Dieb und Mörder! Er überlegte einige Sekunden. Und wenn er …?
    »Du verdammter Hund!«, beleidigte er Ubaid und ging auf ihn los. Die Ohrfeige, die ihm Ubaid daraufhin verpasste, brachte Hernando aus dem Gleichgewicht. Er taumelte etwas mehr als nötig und ließ sich auf den Schatz fallen. Ibrahim und die Soldaten waren durch den Streit auf sie aufmerksam geworden.
    »Was?«, begann Ibrahim, der mit großen Schritten in die Alcazaba gestürmt kam. »Was hast du da auf der Beute zu suchen?«
    »Ich bin gestürzt. Ich bin nur gestolpert«, stammelte Hernando und klopfte seine Kleidung aus, während er in der rechten Hand ein kleines goldenes Kreuz aus dem Schatz verbarg.
    Ubaid war verwundert. Warum hatte ihn Hernando so plötzlich angegriffen?
    »Tölpel«, schimpfte Ibrahim und prüfte, ob etwas von dem Schatz zu Bruch gegangen war.
    »Ich gehe lieber zurück ins Dorf«, sagte Hernando.
    »Nein, du bleibst hier«, befahl Ibrahim.
    »Wieso soll ich hierbleiben?«, sagte Hernando mit kräftiger Stimme und unterstrich seine Worte mit ein paar übertriebenen Handbewegungen. Dabei steckte er das Schmuckstück in die Tasche des wärmenden Mantels, den er in Alcútar an sich genommen hatte. »Komm! Sieh dir die Tiere selbst an! Ich brauche einige Dinge, um sie zu versorgen.«
    Hernando ging unverzüglich aus der Festung zu der Maultierherde. Ibrahim folgte ihm verwirrt.
    »Bei dem hier ist das Hufeisen locker.« Hernando hob den Vor derhuf von einem der Maultiere und bewegte das lose Eisen hin und her. »Und bei dem hier wird sich die Druckstelle vom Sattelzeug bald entzünden.« Um zu dem Lasttier mit der Scheuerstelle zu gelangen, schlüpfte der Junge zwischen Ubaids Tieren hindurch. »Nein. Nicht dieses hier«, sagte er, als er hinter einem von Ubaids Maultieren stand.
    Er stellte sich auf die Zehenspitzen und tat, als würde er nach dem Tier mit der Wunde suchen. Währenddessen versteckte er das Kreuz zwischen den Gurten von Ubaids Maultier.
    »Ja, es war dieses hier.« Er ging zu dem Tier und hob das Sattelzeug. Seine Hände zitterten und schwitzten, doch die kleine Druckstelle, die ihm schon unterwegs aufgefallen war, konnte auch sein Stiefvater erkennen. »Und dem hier fehlt wohl irgendetwas im Maul, es hat nichts fressen wollen«, log er. »Aber ich habe alle meine Werkzeuge und Salben im Dorf!«
    Ibrahim warf einen kurzen Blick auf die Tiere.
    »Einverstanden«, stimmte er schließlich zu. »Geh mit den Tieren nach Juviles, aber halte dich bereit und komme sofort wieder, wenn ich dich rufen lasse.«
    Hernando lächelte Ubaid zu, der das Gespräch vom Festungstor aus verfolgt hatte. Der Maultiertreiber runzelte die Stirn und kniff die Augen zusammen, ehe er sich zu den Zelten aufmachte, in denen die Frauen das Abendessen reichten. Ibrahim wollte Ubaid zum Essen folgen.
    »Willst du nichts überprüfen?«, fragte sein Stiefsohn und hielt ihn an.
    »Überprüfen? Was soll ich denn überprüfen?«
    »Ich will keinen Ärger wegen der Beute haben«, unterbrach ihn Hernando ernsthaft. »Denn wenn etwas fehlt …«
    »Dann würde ich dich auf der Stelle umbringen.« Ibrahim beugte sich zu dem Jungen hinunter, seine Augen waren zwei bedrohlich funkelnde Schlitze.
    »Gerade deshalb.« Hernando hatte Mühe, das Zittern in seiner Stimme zu unterdrücken. »Es ist schließlich die Kriegsbeute unseres Volkes. Es ist der Beweis für unseren Sieg. Ich will keinen Ärger haben. Bitte, kontrolliere meine Tiere!«
    Ibrahim tat ihm den Gefallen. Er vergewisserte sich, dass die Lastsäcke leer waren, er sah

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