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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Felsvorsprünge versperrten einem an jeder Wegkehre bis auf wenige Schritte die Sicht, und niemand konnte in der Enge wenden, niemand würde ihn überraschen können. Die Maultiere gingen am Ende des Zuges vor Hernando. Es würde ganz einfach sein: Er würde sich hinter die Kehre stellen, dem Jungen die Gurgel durchschneiden, ihn auf ein schwer beladenes Lasttier legen und es dann zusammen mit der Leiche in einer Höhle an dieser Strecke verstecken, ohne auch nur haltzumachen. Alle würden dann denken, Hernando sei mit einem Teil der Beute geflohen. Und Ibrahim bekäme die Schuld, weil er einem Christenbastard vertraut hatte. Er müsste dann nur noch in der Nacht zu der Stelle zurückgehen und seinen Anteil an der Beute bis zum Kriegsende gut verstecken.
    Ubaid trieb die Lasttiere an, und sie gingen wie gewohnt ihren Weg. Er griff zum Messer, als die ersten Maultiere von Hernando um die Ecke kamen. Er zählte sie, es waren zwölf. Die Tiere streiften ihn, und Ubaid trieb sie wortlos mit der freien Hand an, damit sie weiterzogen. Beim zwölften Tier stieg Ubaids Aufregung: Gleich danach musste Hernando kommen.
    Aber die Alte machte halt. Hernando sprach ihr gut zu, doch das Tier blieb störrisch: Es witterte einen Menschen hinter der Biegung.
    »Was ist denn los?«, fragte Hernando. Er hatte die Spitzkehre fast erreicht, als die Alte zurückwich. Der Junge blieb auf der Stelle stehen. Und da zeigte sich auch schon Ubaid auf dem engen Pfad und bedrohte ihn mit dem Messer. Hernando stand hinter der Alten und wollte instinktiv fliehen, überlegte es sich dann jedoch anders. Er griff in eine Quertasche und zog einen fünfarmigen Silberleuchter hervor.
    Damit bedrohte er Ubaid. Rechts neben ihm tat sich ein gähnender Abgrund auf. Ubaid sah in die Tiefe: Ein Schlag mit dem Leuchter, und er …
    »Na, trau dich doch!«, forderte Hernando ihn mit bebender Stimme heraus.
    Ubaid hielt kurz inne und befestigte den Faustdolch wieder an seinem Gürtel.
    »Ich dachte schon, die Christen sind hinter dir her«, war seine spöttische Ausrede, bevor er Hernando wieder den Rücken zuwandte.
    Hernando packte den massiven Leuchter wieder in den Quersack. Erst jetzt wurde ihm dessen tatsächliches Gewicht bewusst. Er zitterte nun fast noch mehr als in der bedrohlichen Situation zuvor und hatte Mühe, seine Hände unter Kontrolle zu halten. Schließlich stützte er sich auf die Kruppe der Alten und gab ihr einen dankbaren Klaps auf die Flanke. Dann ging er weiter, achtete aber darauf, dass sein Maultier jede Spitzkehre vor ihm nahm.
    Sie kamen am späten Nachmittag des Stephanstages in Juviles an. Die Kinder in den Gassen begrüßten sie begeistert. Dann nahmen sie den steilen Anstieg hoch zur Burg. Hernando ließ Ubaid nicht aus den Augen und sorgte dafür, dass er immer vor ihm ging. Je näher sie kamen, desto deutlicher drangen Musik und Essensdüfte aus dem Burghof zu ihnen. Innerhalb der Festungsmauer hielten sich vor allem die Frauen und alten Männer aus Cádiar auf, aber auch Frauen aus anderen Dörfern der Alpujarras, deren Väter oder Ehemänner sich den Aufständischen angeschlossen hatten, fanden hier Zuflucht. Im Inneren der ausgedehnten Anlage herrschte reger Betrieb: Es gab Dutzende Zelte und kleine Hütten, in denen die Leute ihr Hab und Gut untergebracht hatten, an jeder freien Stelle prasselte ein Feuer, und die Frauen in ihren farbenfrohen Trachten kümmerten sich an Kochstellen um das Essen, in der Luft lag der Duft von Olivenöl, Koriander, Minze, Thymian, Nelke und Anis. In diesem bunten Treiben fiel endlich die Anspannung von Hernando ab. Auf ihrem Weg durch diese kleine Zeltstadt wurden sie mit Hochrufen empfangen. Eine Frau reichte Hernando noch warme Honigmandeln, eine andere etwas Gebäck mit Marmelade und Zuckerguss. Überall erklangen Tamburine, Schalmeien und Pauken, Flöten und Hirtengeigen. Schließlich erreichte die Maultierkolonne die Überreste der alten Maurenfestung, der Alcazaba, wo die Beute aus Cádiar lagerte. Die gefangenen Christinnen wurden von den Moriskinnen bedrängt, die ihnen ihre wenigen Habseligkeiten abnahmen und ihnen sofort Arbeiten zuwiesen.
    Mithilfe der Männer, die in Ibrahims Auftrag die Beute aus Cádiar bewacht hatten, begannen Hernando und Ubaid die unterwegs erbeuteten Schätze von den Maultieren zu laden. Die beiden Männer waren angespannt und ließen sich gegenseitig nicht aus den Augen. Plötzlich verebbten der Freudentaumel und das Geschrei, und alle konnten Hamids Stimme

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