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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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können.
    Wenn ihn diese Arbeit ermüdete und er sich erholen wollte, widmete er sich der Schrift. Die Abhandlung über die Schreibstile, die er zusammen mit dem Evangelium in der kleinen Truhe gefunden hatte, stammte von keinem Geringeren als Ibn Muqla, dem großen Kalligraphen der Kalifen von Bagdad. Hernando suchte nun bei jedem Strich mit dem Schreibrohr nach Vollendung und gelangte dadurch zu einer tiefen Spiritualität, die nur mit der Versenkung im Gebet vergleichbar war.
    »Diese Abbilder des heiligen Wortes sind reine Gotteslästerung«, warf er sich eines Tages in der Ruhe der Bibliothek selbst vor. Er litt unter den Mängeln und dem fehlenden Zauber seiner Schriftzeichen. Bei seinen Koranabschriften hatte er das Gefühl, er würde die Buchstaben nur dahinkritzeln, anstatt sie kunstvoll zu zeichnen.
    Er musste Schreibrohre besorgen und lernen, sie nach Ibn Muqlas Angaben zu bearbeiten: Man musste das Rohr kürzen, sorgfältig die Schreibkante bearbeiten und schließlich die Spitze leicht nach rechts anschrägen. Mit den Federkielen, die die Christen verwendeten, konnte man Gott nicht gebührend dienen. Er würde hoffentlich genügend Röhricht finden.
    Seine Arbeit wurde immer umfangreicher, und er musste immer öfter in das Minarett gehen, um die Blätter zu verstecken. Aus Furcht, entdeckt zu werden, betrat er den Turm meist erst im Schutz der Dunkelheit. Hernando wusste, dass die kleinste Unachtsamkeit fatale Folgen haben würde. Kurz nachdem er auf das Versteck im Turm gestoßen war, hatte er die Fatimahand aus der Falte im Wandteppich geholt und sie in der kleinen Truhe verborgen.
    Seine kalligraphischen Versuche hingegen warf er sofort wieder ins Feuer, damit er möglichst wenig Spuren hinterließ. Nur den Bericht für das Domkapitel in Granada ließ er offen sichtbar liegen. Anscheinend wurde er auch bald gelesen, denn der Kaplan des Hauses schloss sich eines Morgens seinem bisher einsamen Frühstück an und horchte Hernando über seine Meinung zu den Märtyrern in den Alpujarras aus.
    »Wie kannst du es wagen, das unglückliche Missverständnis, das auf dem Dorfplatz in Juviles zum Tod von ein paar Moriskinnen führte, mit den geplanten und niederträchtigen Morden an den Christen zu vergleichen?«, fragte ihn der Geistliche eines Tages aufgebracht.
    »Wie ich sehe, stöbert Ihr in meinen persönlichen Aufzeichnungen.« Hernando frühstückte seelenruhig weiter. Er sah den Kaplan nicht einmal an.
    »Gott zu dienen erforderte alle möglichen Anstrengungen. Der Marquis von Mondéjar hat diese Mörder bestraft«, bekräftigte der Geistliche. »Sie sind längst verurteilt.«
    »El Zaguer tat sich dort eher hervor als der Marquis«, entgegnete Hernando. »Er verhinderte, dass in Juviles noch mehr Christen umgebracht wurden.«
    »Aber es hat Tote gegeben«, stellte der Geistliche fest.
    »Sollen wir nun vielleicht die Opfer gegeneinander aufrechnen?«, fragte Hernando frech.
    »Das steht dir nicht zu.«
    »Euch aber auch nicht«, erwiderte Hernando. »Das liegt einzig und allein im Ermessen des Erzbischofs.«
    Eines Abends wollte er gerade seine Arbeit an dem Bericht abschließen, als das Hausmädchen ihren Kopf in die Bibliothek steckte.
    »Der Kammerherr hat den Palast gerade verlassen«, verkündete die junge Frau.
    Hernando legte die Blätter zusammen, stand vom Schreibtisch auf und suchte nach dem versprochenen Geld.
    »Bring bitte diese Papiere in mein Schlafzimmer«, bat er sie, übergab ihr den Bericht und die Münze. »Danke«, fügte er noch hinzu und warf ihr ein schüchternes Lächeln zu. Hernando fiel ihr hübsches Gesicht erst jetzt auf. »Weißt du, was er für gewöhnlich macht oder wohin er geht?«
    »Man sagt, dass er gern Karten spielt.«
    »Ich danke dir.«
    Hernando eilte zur Tür. Im Patio hörte er, dass einer der Hidalgos den übrigen Anwesenden im bevorzugten Saal der Herzogin mit lauter Stimme vorlas. Hernando lief schnell weiter und gelangte im Schutz der Bogengänge hinaus in die frische Herbstnacht. Er nahm sich nicht einmal die Zeit, seinen Umhang zu holen, da er die Spur des Kammerherrn in der dunklen Nacht keineswegs verlieren wollte. Ob es die Spelunken noch gab, für die er vor mehr als zehn Jahren die unbedarften Spieler angelockt hatte, die man ausnehmen konnte? Auf jeden Fall musste sich der Kammerherr zum Kartenspielen in die Viertel um die Plaza de la Corredera oder die Plaza del Potro begeben. Also musste er entweder die Puerta del Salvador oder die Puerta de

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