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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Tag, an dem sich die Figur der Maryam als Lösung des Problems angeboten hatte, überfielen ihn Zweifel. Wie sollte er vorgehen? Und hatte er überhaupt recht? Wie sollte er den Christen das Thema überhaupt darlegen? Vor allem aber: Wie sollte er sein Vorhaben allein durchführen?
    Seit dem Abend, an dem er dem Kammerherrn zu Pablo Cocas Spelunke gefolgt war, ging Hernando gelegentlich wieder Karten spielen, allein oder in Begleitung von José Caro. Dieser hatte Wort gehalten und inzwischen das Geschäft des Meisterwebers aufgesucht. Zuvor hatte Hernando ihm einige Tricks der Zinker gezeigt: Sie markierten die Karten mit schwarzer Farbe, sie machten kleine Zeichen darauf, oder aber sie spielten mit einem zusätzlichen Blatt in einem kaum merklich anderen Format. Hernando wusste, dass ihm seine Religion das Spiel verbot, aber er musste ohnehin andauernd Gebote missachten …
    Eines Abends nahm sich Hernando vor, die übrigen Buchstaben dem Maß des Alifs anzugleichen, das er bereits geschrieben hatte. Hierfür zeichnete er einen Kreis um diesen ersten Buchstaben des arabischen Alphabets und bemühte sich, die übrigen Buchstaben anzupassen. Nach nicht einmal einer halben Stunde musste er jedoch feststellen, dass er, sosehr er sich auch bemühte, einfach kein Ba mit einer waagerechten Krümmung zustande brachte, das in seinen Proportionen zum Idealkreis des Alifs passte.
    Er zerriss die Blätter, stand auf und beschloss, Karten spielen zu gehen – auch wenn er an diesem Abend mit Verlieren dran war. Er hatte nun schon an zwei Abenden in Folge Verluste gemacht, aber Pablo hatte ihm verkündet, dass er noch einige Nächte mit leeren Händen nach Hause gehen müsse.
    »Du darfst nicht immer gewinnen«, hatte er ihn gewarnt. »Vermutlich durchschaut niemand unsere Finte, aber alle werden denken, dass etwas faul ist, wenn du immer kassierst. Und dann werden sie mich mit dir in Verbindung bringen – auch wenn ich immer von Tisch zu Tisch gehe. Sie wissen genau, dass du mein Freund bist. Also lass dir das Geld einfach aus den Taschen ziehen.«
    Pablo legte die Tage fest, an denen Hernando Gewinne machte – die immer weit über seinen Verlusten lagen. Zudem empfand Hernando bei seinem Aufenthalt in der Spelunke einfach Vergnügen. So viel er auch über die abgekarteten Spiele wusste, er war und blieb ein leichtes Opfer, das sinnlos seinen Wetteinsatz verlor, außer in dem Moment, in dem sich Pablos Ohrläppchen bewegte. Nach dem Kartenspielen ging er in die Bordellgasse und vergnügte sich mit einer jungen, üppigen Rothaarigen, die seine Begierde befriedigte.
    Bevor er an diesem Abend den Palast Richtung Plaza del Potro verließ, fragte er nach dem Kammerherrn. Besonders in den Nächten, in denen er verlieren musste, hatte er ihn gern an seiner Seite, zudem konnte er so wenigstens mit einem ihm bekannten Menschen ein paar Worte wechseln. Der Herzog befand sich bei Hofe, wo er den Angriff auf England mit vorbereitete, und José Caro eilte herbei.
    »Du hast ja miserable Laune«, bestätigte ihm der Kammerherr, nachdem sie eine Weile schweigend nebeneinander hergegangen waren.
    »Tut mir leid«, entschuldigte sich Hernando.
    Ihre Stiefel hallten durch die dunklen, menschenleeren Straßen im Viertel Santo Domingo. Sie gingen mit polternden Schritten voran, der Kammerherr ließ die Metallplättchen an seinem Degen klirren – etwaige Wegelagerer sollten durchaus hören, dass hier zwei kräftige, bewaffnete Männer unterwegs waren. Hernando verstieß sogar gegen die Vorschrift, die Morisken das Führen von Waffen verbot, und trug unter seiner Marlota einen einfachen Faustdolch.
    Ja, um seine Laune war es schlecht bestellt. Die Idee, mittels der Jungfrau Maria die beiden Glaubensgemeinschaften einander anzunähern, ging ihm nicht aus dem Kopf. Aber er wusste nicht, wie er sein Vorhaben verwirklichen sollte. Und mit wem hätte er sich hier in Córdoba schon darüber austauschen können? Am Ende der Straße stand einer der vielen Altäre, und der Schein der Kerzen erhellte die Nacht. Tagsüber zogen die vielen Altarbilder, Gebetsnischen und Heiligendarstellungen in der Stadt die Bitten und Gebete der ehrfürchtigen Christen an, und nachts schienen sie im Dunkeln wie Leuchtfeuer den Weg zu weisen.
    Hernando blieb vor der Darstellung der Jungfrau vom Berge Karmel stehen.
    »Heilige Maria«, flüsterte José Caro.
    »Sie wurde nicht vom Satan berührt«, wisperte Hernando, ohne nachzudenken.
    »Genau«, bestätigte der Kammerherr

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