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Die Pfeiler des Glaubens

Die Pfeiler des Glaubens

Titel: Die Pfeiler des Glaubens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildefonso Falcones
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Entführung von Francisco, Inés und deine Dienerin, die ich bin, berichtet hat, doch ich gehe davon aus, dass sie dir erzählt hat, dass wir gestorben sind. Denn ich bin davon überzeugt, dass du ansonsten längst zu uns gekommen wärest. Die Jungen haben niemals davon erfahren und noch lange auf deine Ankunft gewartet. Ich wusste nicht, was ich ihnen sagen sollte, also dachte ich, diese Hoffnung könnte ihnen auf diesem ohnehin so schwierigen und grausamen Weg helfen. Inzwischen ist es dafür zu spät. Du selbst kannst es ihnen sagen, und sie werden dir gewiss verzeihen, so wie ich davon ausgehe, dass du deiner Mutter vergibst. Ich habe sie darum gebeten, damit du uns nicht dorthin folgst, wo Ibrahim mit seinen Männern nur darauf wartete, dich umzubringen.
    Aischa schluchzte, und Ephraim unterbrach sein Vorlesen. Er vermied es, der Frau ins Gesicht zu sehen, die so vom Kummer überwältigt war.
    »Lies weiter«, bat Aischa ihn mit zitternder Stimme.
    Hernando, wir müssen so viele Nächte nachholen. Glaub mir, Tetuan ist unser Paradies. Hier können wir glücklich sein. Hier können wir unseren wahren Glauben leben und müssen uns vor nichts und niemandem verstecken. Allerdings weiß ich nicht, ob du inzwischen noch einmal geheiratet hast. Ich mache dir keinen Vorwurf, es wäre nur verständlich. Dann komme einfach mit deiner neuen Gattin und, so du welche hast, mit deinen Kindern hierher. Ich bin davon überzeugt, dass deine Gattin eine gute Muslimin ist, also wird sie Verständnis für diese Situation aufbringen. Bring auch Aischa mit, denn Shamir braucht seine Mutter. Wir alle brauchen euch! Möge Gott den Überbringer dieser Nachricht beschützen und dich bei Gesundheit antreffen, möge er dich in meine und die Arme deiner Kinder zurückführen.
    Aischa sagte sehr lange Zeit nichts, ihr Blick verlor sich über dem mittlerweile fast schwarzen Wasser des Guadalquivir.
    »Der Brief ist zu Ende«, sagt Ephraim schließlich.
    »Erwartet sie eine Antwort?« Aischas Frage klang wie eine Drohung.
    »Ja«, stammelte Ephraim angesichts des düsteren Tonfalls. »Ja, so trug man es mir auf.«
    »Ich kann nicht schreiben …«
    »Aber dein Sohn …«
    »Mein Sohn …«, erwiderte Aischa vorwurfsvoll. »Merke dir gut, was ich dir jetzt sage, und übermittle es Fatima genau so: Den Mann, den sie geliebt hat, gibt es nicht mehr. Hernando hat sich vom wahren Glauben losgesagt und sein Volk verraten. Niemand von uns spricht mehr mit ihm. Niemand hat noch Achtung vor ihm. Sein christliches Blut hat gesiegt. Er hat in den Alpujarras den Christen geholfen und mehreren von ihnen das Leben gerettet. Jetzt wohnt er in Córdoba im Palast eines Herzogs und führt das Leben eines faulen Christen. Außerdem arbeitet er für den Bischof von Granada und preist die christlichen Märtyrer der Alpujarras. Er schreibt Loblieder auf genau die Menschen, die uns bestohlen haben, für die wir nur Abschaum waren und … die uns geschändet haben.«
    Aischa schwieg. Ephraim entgingen ihr Zorn und ihre Trauer nicht, und auch nicht die Tränen, die sich hinter ihren Augenlidern sammelten.
    »Hernando ist nicht mehr mein Sohn, und er verdient weder deine noch die Wertschätzung seiner Kinder«, flüsterte sie. »Das sagt dir Aischa, die Frau, die ihn nach der Schändung empfing, die ihn unter ihrem Herzen trug und ihn unter Schmerzen gebar … unter vielen Schmerzen. Fatima, meine geliebte Fatima, der Friede sei mit dir und den Deinen.« Aischa griff nach dem Schreiben, das der junge Mann noch immer in Händen hielt, und zerriss es in viele Stücke. Dann ging sie ans Ufer und ließ die Papierfetzen ins Wasser fallen.
    »Hast du mich verstanden?«, fragte sie den Juden, ohne sich umzudrehen.
    »Ja.« Ephraim schluckte. »Und du, was machst du jetzt? Hier steht …«
    »Ich habe keine Kraft mehr. Es kann nicht Gottes Absicht sein, dass ich mich auf einen so langen Weg mache. Kehre in dein Land zurück, und berichte Fatima, was ich dir gesagt habe. Möge Gott dich behüten.«
    Dann machte sie kehrt und ging mit schleppenden Schritten davon. Es war derselbe Weg, den sie einst mit Hernando zurückgelegt hatte, und er führte sie an dem Fluss entlang, der Hamid verschlungen hatte.
    Einige Tage vor dem 18. Oktober, dem Tag des Evangelisten Lukas, hatten die Büttel überall in Córdoba die Aufrufe zur großen Bittprozession für die Armada angeschlagen. Es gab keine neuen Nachrichten, und es fehlten immer noch siebzig Schiffe! Zugleich waren öffentliche

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