Die Pfeiler des Glaubens
der Feinde stürzten! Das bedeutete ihren sicheren Tod! Sie waren genauso mutig wie ihre Männer.« Der Soldat sah Fatima an. »Wenn dein Mann nicht hier ist … Der Marquis von Los Vélez ist anders als der Marquis von Mondéjar, er macht keine Gefangenen, und er begnadigt auch niemanden. Die Frauen und Kinder, die die Schlacht überlebt haben, wurden versklavt. Viele Söldnertrupps sind nach der Schlacht desertiert und haben sie mitgenommen, als sie Richtung Murcia zogen.«
Hernando hörte sich mit Fatima weiter in der ganzen Stadt um. Viele Morisken bestätigten ihnen das soeben Gehörte.
»Ein Mann aus Terque?«, mischte sich plötzlich ein Soldat ein. »Meinst du Salvador aus Terque?« Das Mädchen nickte. »Den Seiler?« Fatima nickte abermals, sie rang die Hände und presste sie an die Brust. »Es tut mir leid. Salvador ist tot. Der Seiler starb an Futeys Seite.«
Hernando konnte sie gerade noch auffangen. Sie schien nichts zu wiegen, sie war federleicht. Hernando spürte, wie ihre Tränen seine Wange benetzten.
»Warum heulst du, Mädchen?«, fragte Ibrahim beim Abendessen. Sie saßen um eines der vielen Lagerfeuer mitten im Ort.
»Ihr Mann … Er soll verletzt sein, sagt man. Er ist in den Bergen«, log Hernando.
Aischa, die bereits zuvor vom Tod von Humams Vater gehört hatte, widersprach ihrem Sohn nicht. Fatima auch nicht. Ibrahim hielt die Tatsache, dass ihr Mann angeblich noch lebte, aber nicht davon ab, Fatima weiterhin mit lüsternem Blick zu begaffen.
In der Nacht konnte Hernando nicht schlafen. Er lag neben Fatima, deren unterdrückte Seufzer lauter waren als die Musik und die Gesänge der Soldaten im Lager.
»Es tut mir so leid«, flüsterte er ihr immer wieder zu.
Fatima schluchzte eine unverständliche Antwort.
»Du hast ihn sehr geliebt.« Hernandos Tonfall konnte eine Frage oder eine bloße Feststellung bedeuten.
Fatima antwortete erst nach einer gewissen Zeit.
»Wir sind zusammen aufgewachsen. Ich kannte Salvador von klein auf. Er lernte bei meinem Vater. Er war nur ein paar Jahre älter als ich. Unsere Heirat schien allen …« Das Mädchen suchte lange nach den passenden Worten. »Unsere Heirat war naheliegend. Er war immer bei uns.«
Aus ihrem Schluchzen wurde ein verzweifeltes Wimmern.
»Jetzt sind Humam und ich ganz allein«, brachte sie noch heraus. »Was sollen wir nur tun? Wir haben doch niemanden.«
»Du hast mich«, flüsterte Hernando. Ohne nachzudenken, streckte er seine Hand nach dem Mädchen aus, aber er berührte sie nicht.
Fatima schwieg. Hernando hörte ihren stockenden Atem, der sich mit den Geräuschen aus dem Feldlager vermischte. Aber zwischen der Musik und dem Gesang konnte er noch hören, wie Fatima ein Wort flüsterte:
»Danke.«
Der Marquis von Mondéjar gönnte dem feindlichen Heer, das in Ugíjar lagerte, eine mehrtägige Erholungspause. In dieser Zeit empfing er die führenden Familien aus jenen Dörfern, die sich ergeben wollten, er schickte kleine Trupps aus, die in den Höhlen nach versteckten Morisken suchen sollten, und machte schließlich einen Umweg über Cádiar, ehe er nach Ugíjar aufbrach.
Den muslimischen Kundschaftern in Granada reichten diese Tage, um ihre Neuigkeiten nach Ugíjar zu bringen. Hernando ging neugierig zu einer Menschenmenge, die sich um einen der Kundschafter drängte.
»Sie haben alle Glaubensbrüder eingesperrt und im Gefängnis des Obergerichts ermordet«, konnte Hernando hören. Um ihn herum standen so viele Männer, dass er den Sprecher nicht sehen konnte. Der Mann schwieg, während die Umstehenden seinen Bericht mit Flüchen und Racheschwüren kommentierten. Dann sprach er weiter: »Keiner der Kerkermeister hat auch nur einen Finger gerührt, als dieses Soldatenpac k das Gefängnis stürmte und unsere Brüder wie Hunde ermordete. Sie saßen im Kerker und konnten sich nicht wehren. Es waren mehr als hundert Muslime! Die reichsten Männer von Granada! Und dann haben diese Bastarde ihr gesamtes Hab und Gut beschlagnahmt.«
»Die Christen haben es nur auf unseren Besitz abgesehen!«, rief ein Mann wütend.
»Beide, der Marquis von Mondéjar und der Marquis von Los Vélez, haben mit ihren Heeren ernsthafte Probleme. Sobald die Soldaten einen Sklaven oder etwas von der Kriegsbeute ergattern, desertieren sie. Der Marquis von Mondéjar hat, seit er über die Tablate-Brücke in die Alpujarras eingedrungen ist, einen Großteil seiner Männer auf diese Weise verloren. Aber es kommen immer wieder neue Soldaten, die Leute
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