Die Pfeiler des Glaubens
Der Soldat, der sie zu Aben Humeya führte, klopfte an eine der massiven Holztüren. Als er sie öffnete, drangen aus dem großzügigen Raum ein starker, betörender Moschusduft und der liebliche Klang eines Oud. Der junge König saß bequem in einem Holzsessel mit rotem Seidenpolster, umgeben von seinen vier Frauen. Seine attraktive Gestalt überragte die übrigen Anwesenden, die es sich am Boden auf gold- und silberbestickten Seidenkissen oder auf reich verzierten Lederpolstern bequem gemacht hatten.
Die drei Männer blieben an der Türschwelle stehen: Ibrahim glotzte die Tänzerin an, Gironcillo und Hernando waren von der Raumausstattung und dem Schauspiel geblendet. Schließlich klatschte Aben Humeya in die Hände, um Tanz und Musik zu beenden, und bedeutete ihnen einzutreten. Miguel de Rojas, der Vater seiner ersten Frau, einige Notablen aus Ugíjar und hochrangige Monfí-Anführer wie Partal, Seniz oder Gorri starrten die beiden Männer und den Jungen an.
»Was wollt ihr?«, fragte Aben Humeya geradeheraus.
»Der Junge hier bringt Nachrichten aus Juviles«, erwiderte Gironcillo mit kräftiger Stimme.
»Dann sprich!«, forderte ihn der König auf.
Hernando wagte es kaum, den König anzusehen. Sein neu gewon nenes Selbstvertrauen schien wie weggefegt. Er setzte stotternd an, aber als Aben Humeya ihm ermutigend zulächelte, konnte er seinen Bericht selbstsicher fortsetzen.
»Mörder!«, rief Partal, als Hernando fertig war.
»Jetzt bringen diese Feiglinge schon unsere Frauen und Kinder um!«, empörte sich Seniz.
»Ich habe euch doch gesagt, dass wir zurückmüssen«, platzte Miguel de Rojas heraus. »Wir müssen kämpfen und unsere Familien beschützen.«
»Nein! Dort können wir die Streitkräfte des Marquis nicht mehr aufhalten«, erwiderte Partal.
Mit einer Handbewegung brachte Aben Humeya die Männer zum Schweigen.
»Ich habe euch gesagt, dass wir in Ugíjar bleiben«, wies der König die unzufriedenen Monfíes zurecht. »Aber dich«, sagte er zu Her nando, »beglückwünsche ich zu deiner Tat. Was machst du, wenn du nicht gerade deine Tapferkeit beweist?«
»Ich bin Maultiertreiber. Also, ich führe die Kolonne mit den Lasttieren meines Stiefvaters«, erklärte Hernando und zeigte zu Ibrahim. Aben Humeya schien ihn wiederzuerkennen. »Im Moment befördere ich Eure Kriegsbeute.«
»Außerdem ist er ein hervorragender Tierarzt«, stellte Gironcillo fest. Der König überlegte eine Weile, ehe er weitersprach.
»Passt du auf den Schatz unseres Volkes genauso gut auf wie auf deine Mutter?« Hernando nickte. »Dann wirst du mich von jetzt an begleiten und nur noch auf die Tiere aufpassen, die das Gold tragen.«
Ibrahim wurde langsam unruhig.
»Ich habe Ulugh Ali, den Beylerbey von Algier um Hilfe gebeten«, sprach Aben Humeya weiter, »und dem Sultan Lehnspflicht zugesagt. Außerdem weiß ich, dass in Algier Waffen für unser Königreich gesammelt werden. Sobald die Schiffe in See stechen können, werden wir diese Waffen bekommen … die wir natürlich bezahlen müssen.«
Der König schwieg eine geraume Weile.
»Wir brauchen Arkebusen und Artillerie. Die meisten unserer Männer haben nur einfache Schleudern und Ackergeräte. Sie haben nicht einmal Hellebarden oder Schwerter … Aber du hast hier einen ordentlichen Krummsäbel!« Der König deutete auf die Waffe an Hernandos Gürtel.
Hernando zog den Säbel aus der Scheide und zeigte ihn dem König. Da fielen ihm plötzlich die Hiebe wieder ein, die Schnitte in die Leiber der Christen, die er im Dunkeln spüren, aber nicht sehen konnte. Bislang hatte er keine Gelegenheit gehabt, darüber nachzudenken. Er betrachtete die Klinge und das getrocknete schwarze Blut daran.
»Wie ich sehe, hast du es benutzt«, sagte Aben Humeya. »Ich vertraue darauf, dass du mit dieser Waffe auch in Zukunft noch viele Christen töten wirst.«
»Hamid hat mir den Krummsäbel gegeben. Er ist der Alfaquí von Juviles«, erklärte Hernando. Dass die Waffe dem Propheten gehört hatte, verriet er nicht. Schließlich hatte er Hamid versprochen, auf die wertvolle Waffe aufzupassen. Der König nickte bei Hamids Namen, offensichtlich kannte er ihn. »Hamid ist bei den alten Männern im Dorf geblieben«, sagte Hernando traurig.
Er sprach nicht weiter, und auch Aben Humeya schloss sich dem ehrfürchtigen Schweigen an. Einer der Monfíes wollte den Krummsäbel genauer betrachten, aber der König hatte den begehrlichen Blick richtig gedeutet.
»Du wirst auf den Säbel
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