Die Pfeiler des Glaubens
für meinen Teil werde mit zweitausend Feinden fertig, und mein Pferd mit einigen anderen. Und was sind schon neuntausend Mauren für die tapfere Infanterie unseres Lagers? Die anderen neuntausend sind für euch, meine erlauchten Ritter, die ihr schon früher großen Mut und viel Kraft bewiesen habt. Noch fehlt uns der Kriegslärm unserer Trompeten. Allein ihr angsteinflößender Klang lässt zehntausend Morisken in Ohnmacht fallen.
Ginés Pérez de Hita , Bürgerkrieg in Granada,
Truppenansprache des Marquis von Los Vélez
O b Isabel dank seiner Fürsorge auch wirklich in Sicherheit war, hatte sich Hernando oft gefragt, seit er das Mädchen dem Marquis von Los Vélez überlassen hatte. Jetzt, einen Monat später, stand er wieder vor dem schönen Berja. Hielt sich Isabel noch in der Stadt auf? Dann würden sie sie wahrscheinlich wieder gefangen nehmen … Vielleicht würden sie dann auch entdecken, dass er sie damals nicht verkauft hatte.
König Aben Humeya hatte entschieden, Berja anzugreifen. Das war sein Zugeständnis an die Morisken im Albaicín. Die Glaubensbrüder aus Granada forderten die Niederlage des blutrünstigen Marquis de Los Vélez, wenn sie sich der Rebellion anschließen sollten. Der Moment schien günstig: Die vielen Desertionen hatten die Truppen des Marquis stark dezimiert. Alle warteten auf die Verstärkung aus Neapel, die zusammen mit der königlichen Flotte soeben an der andalusischen Küste gelandet war.
Die Muslime hatten nicht den geringsten Zweifel, dass sie das Heer des Marquis vernichtend schlagen würden. Der König wollte im Schutz der Dunkelheit angreifen, und nun brach allmählich die Nacht herein. Alle Männer im riesigen Feldlager bereiteten sich auf den Angriff vor: Sie bewaffneten sich, sie stimmten ihre Schlachtrufe und Kriegsgesänge an, und sie empfahlen sich Gott. Doch im allgemeinen Aufruhr zogen vor allem etwa fünfhundert Soldaten, die abseits der anderen lagerten, die Aufmerksamkeit der Männer auf sich.
Es waren Mudschahidin. Diese Türken und Barbaresken trugen ähnlich wie die spanischen Tercios weiße Hemden über ihrer Kleidung, um sich bei ihren nächtlichen Angriffen von der Dunkelheit abzuheben. Sie waren so von ihrem bevorstehenden Sieg überzeugt, dass sie ihre Köpfe bereits jetzt mit Blumenkränzen geschmückt hatten. Diesen Soldaten Allahs, die geschworen hatten, ihr Leben für Gott zu geben, und denen Haschisch in Hülle und Fülle zur Verfügung stand, hatten vom König den ehrenvollen Auftrag erhalten, den Angriff auf die Stadt anzuführen.
Sobald Aben Humeya den Befehl zum Angriff gegeben hatte, konnte Hernando beobachten, wie sie ohne zu zögern gegen die Stadt stürmten. Diese Männer mussten einfach siegen. Schlachtrufe und Kriegsgeheul, Arkebusenschüsse, das Donnern der Pauken und der Klang der Schalmeien umfingen den jungen Mann. Was hatte Isabel angesichts dieser Märtyrer schon für eine Bedeutung? Wie fast alle Soldaten hinter den Mudschahidin lief auch Hernando ein kalter Schauder über den Rücken. Begeistert stimmte er in die Kriegsgesänge mit ein, als sie die Christen, die den Zugang zur Stadt verteidigten, einfach überrollten. Dann befahl Aben Humeya dem ganzen Heer, sich am Sturm auf die Stadt zu beteiligen.
Die berittenen Monfíes brüllten und spornten ihre Pferde an, um die letzte Strecke zur Stadt schnell zurückzulegen. Hernando zog den Krummsäbel aus der Scheide und schloss sich dem frenetischen Galopp an. Auch er schrie wie im Wahn.
Eine Übermacht muslimischer Soldaten stürmte auf Pferden in die Stadt und drängte durch die engen Gassen von Berja. Doch Hernando fand keinen einzigen Christen, auf den er sich hätte stürzen können. Alle Männer um ihn herum waren seine Glaubensbrüder! Die Christen hatten sich in ihren Häusern verschanzt oder lauerten auf den Flachdächern, von wo aus sie ununterbrochen Schüsse abfeuerten. Sie mussten noch nicht einmal zielen! Überall fielen muslimische Soldaten tot oder verletzt zu Boden. Der Geruch von Pulver und Salpeter lag über den verwinkelten Gassen, und in den Rauchwolken konnte man bald nichts mehr erkennen. Hernando bekam plötzlich Angst, große Angst. Ihm wurde schlagartig klar, dass er auf seinem Pferd die Fußsoldaten überragte und ein leichtes Ziel für die Christen war. Den Morisken wiederum war er nur im Weg, wenn sie mit ihren Arkebusen und Pfeilen von der Straße aus auf die Flachdächer zielten. Er gab seinem Rotschwarzen die Sporen, um dieser Falle zu entgehen,
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